Berlin. Der Bundestag stimmte mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit für die Grundgesetzänderung. Zwei Parteien blieben allerdings skeptisch.

Deutschland hat keine mehrheitsfähige Regierung mehr. Dennoch stimmte der Bundestag fraktionsübergreifend einer Grundgesetzänderung zu, mit der das Bundesverfassungsgericht in Zukunft besser geschützt werden soll. SPD, Union, Grüne, FDP und die Gruppe Die Linke machten damit den Weg für zentrale Vorgaben im Grundgesetz frei, mit der die Struktur und Arbeitsweise des Gerichts gefestigt werden sollen.

600 Abgeordnete stimmten nach den Worten von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) dafür, 69 Abgeordnete votierten dagegen. Damit wurde die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht. Lediglich die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) lehnten ab. Als „Altparteienkartell“ kritisierte der AfD-AfD-Abgeordnete Stephan Brandner das Gesetzvorhaben. 

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Bundesinnenministerin Nancy Faeser hingegen betonte, dass die Reform notwendig sei, um kein Einfallstor für die Feinde der Demokratie offenzulassen. Die SPD-Politikerin erinnerte an die gescheiterte Weimarer Demokratie. Sie sagte, dies sei damals ein Scheitern gewesen, „das nicht zuletzt ein Scheitern der Demokratinnen und Demokraten war, weil sie es versäumt haben, die notwendigen Schritte in die Wege zu leiten, um ihre Demokratie zu schützen und zu verteidigen, weil sie ihre Institutionen nicht robust gegen Angriffe aufgestellt haben“.

Bundestag
Die AfD-Fraktion lehnte die Stärkung des Verfassungsgerichts ab. © DPA Images | Kay Nietfeld

Unter anderem die zwölfjährige Amtszeit der Richter, der Ausschluss einer Wiederwahl sowie die Altersgrenze der Richter von 68 Jahren sollen im Grundgesetz verankert werden. Bisher ist das im Bundesverfassungsgerichtsgesetz geregelt, das mit einfacher Mehrheit geändert werden könnte, anders als das Grundgesetz. Hier ist immer eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich.

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Bundesrat muss noch zustimmen

Ins Grundgesetz soll auch die Festlegung auf 16 Richter und zwei Senate. Damit die Arbeitsfähigkeit des Gerichts in keinem Fall gefährdet ist, soll im Grundgesetz künftig außerdem stehen, dass ein Richter seine Amtsgeschäfte bis zur Wahl eines Nachfolgers weiterführt. Das Gleiche gilt für die Geschäftsordnungsautonomie des Bundesverfassungsgerichts. Um für den Fall einer Sperrminorität bei der Richterwahl gewappnet zu sein, soll ein Ersatzwahlmechanismus eingeführt werden. Falls keine Zwei-Drittel-Mehrheit zustande kommt, soll das Wahlrecht vom Bundestag auf den Bundesrat übergehen und umgekehrt. Das soll eine dauerhafte Blockade verhindern.

Die Details zu dieser neu geschaffenen Möglichkeit haben die Initiatoren der Reform ins Bundesverfassungsgerichtsgesetz eingefügt, über das am Donnerstag getrennt abgestimmt wurde. Auch hier stimmte eine große Mehrheit für den Entwurf.

Der Bundesrat muss dem Gesetzesvorhaben, das die Unabhängigkeit und Funktionsfähigkeit des Gerichts auch in politisch stürmischen Zeiten sicherstellen soll, noch zustimmen. Er wird sich mit der Reform bereits an diesem Freitag beschäftigen. Das ist möglich, weil die Länder einer Fristverkürzung zugestimmt haben. Es wird auch im Bundesrat mit einer breiten Mehrheit gerechnet.