Berlin. Die geplante Erhöhung des Kindergeldes auf 255 Euro steht nach dem Ampel-Aus auf der Kippe. Was die wichtigsten Streitpunkte sind.

Das Jahr 2025 sollte für Familien in Deutschland eine finanzielle Entlastung bringen. Geplant war eine Erhöhung des Kindergeldes von 250 auf 255 Euro pro Monat und Kind. Nach dem Auseinanderbrechen der Ampel-Koalition ist die Zukunft dieser Maßnahme jedoch ungewiss.

Erhöhung des Kindergelds: Was war geplant?

Die Bundesregierung hatte im Rahmen eines umfassenden „Kinderpakets“ im sogenannten Steuerfortentwicklungsgesetz nicht nur die Erhöhung des Kindergelds beschlossen, sondern auch eine Anhebung des Kinderfreibetrags. Ziel war es, Kinderarmut zu bekämpfen und Familien besser zu unterstützen. Für 2026 war sogar eine weitere Erhöhung des Kindergeldes auf 259 Euro vorgesehen.

Diese Anpassungen waren auch Teil der Vorbereitungen für die geplante Kindergrundsicherung. Sie wurde vor rund drei Jahren als Vorhaben der damaligen Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP im Koalitionsvertrag verankert. Mit ihr sollten Kindergeld, Kinderzuschlag und Kinderfreibetrag zusammengeführt und der Zugang zu staatlichen Leistungen für Familien deutlich vereinfacht werden. Die Sozialreform sollte rund 5,6 Millionen Kindern und Jugendlichen zugute kommen.

Den Grünen schwebte ursprünglich eine grundlegende Reform des Systems vor, bei der die Leistungen künftig aus einer Hand ausgezahlt werden. Damit sollten die Familien von Bürokratie entlastet werden. Vor allem die FDP hatte jedoch immer wieder Zweifel am Sinn der Reform geäußert und vor zu viel Bürokratie gewarnt. Letztlich konnte sich die Koalition nicht auf wichtige Umsetzungsdetails einigen.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) bedauert das Scheitern der lange angestrebten Kindergrundsicherung. „Leider hat das Gesetz nun sehr lange im Deutschen Bundestag gelegen. Die Blockade kam insbesondere vonseiten der FDP-Fraktion. Das ist sehr bedauerlich“, sagte Paus der Deutschen Presse-Agentur. Und besonders nach dem Ampel-Aus gerät das Vorhaben ins Stocken: Mit dem Scheitern der Koalition ist der Bundeshaushalt 2025 ungewiss und das geplante Kindergeldprojekt steht auf der Kippe.

Vorläufige Haushaltsführung: Was bedeutet das für Familien?

Laut dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) könnte das Jahr 2025 mit einer „vorläufigen Haushaltsführung“ starten. Diese stellt sicher, dass bestehende Leistungen wie Kindergeld, Elterngeld und Kinderzuschlag weiterhin ausgezahlt werden. Neue Maßnahmen – wie die geplante Erhöhung – sind jedoch von einer Haushaltsverabschiedung abhängig.

„Das Kindergeld wird auch während einer vorläufigen Haushaltsführung erfüllt“, erklärt das Ministerium. Dennoch bleibt unklar, ob die geplanten 255 Euro ab Januar Realität werden.

Kindergelderhöhung: Parteien zeigen sich gespalten

Politische Akteure haben zuletzt gemischte Signale gesendet. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich optimistisch und nannte die Kindergelderhöhung als möglichen gemeinsamen Beschluss, auch mit Zustimmung der FDP. Er hat die Opposition aufgefordert, Entscheidungen in vier Bereichen noch in diesem Jahr mitzutragen. Die Entscheidungen über Kindergeld, Steuern, Deutschlandticket und Energiepreise duldeten aus seiner Sicht „keinerlei Aufschub“, sagte Scholz, nachdem er die Vertrauensfrage gestellt hatte, die zu Neuwahlen führen soll.

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Bundeskanzler Olaf Scholz unterzeichnet in seinem Büro im Bundeskanzleramt den Antrag auf Vertrauen an die Bundestagspräsidentin. © ddp images/Pool BPA | Presse- und Informationsamt der

„Für eine ganz normale Familie mit zwei Kindern machen all die geplanten Entlastungen übrigens schnell 80 oder 100 Euro im Monat aus“, sagte Scholz. „Für viele in Deutschland ist das eine Menge Geld.“ Er appelliere deshalb an die Abgeordneten des Bundestags, gemeinsam im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zu handeln. „Ein Schulterschluss der demokratischen Mitte in diesen Fragen wäre starkes Zeichen.“

FDP-Chef Christian Lindner bekräftigte auf X, dass seine Partei grundsätzlich für die Erhöhung des Kindergelds sei. Gleichzeitig kritisierte er jedoch bürokratische Kompromisse im ursprünglichen Gesetzentwurf der Ampel-Koalition. „Will Rot-Grün noch unsere Zustimmung, dann jetzt nur noch für Entlastung pur ohne Partei-Ideologie“, stellte Lindner klar.

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Auch  FDP-Vizefraktionschef Christoph Meyer bestätigte, dass die FDP prinzipiell für eine Erhöhung des Kindergeldes sei. Allerdings müsse das Gesetz überarbeitet werden. „Das alte Steuerfortentwicklungsgesetz ist ein Ampel-Gesetz mit Ampel-Kompromissen – die Ampel ist Geschichte und damit sind alle Ampel-Kompromisse hinfällig“, sagte Meyer. „Einige der alten Kompromisse passen entweder nicht zur Wirtschaftswende oder sind im Gegenteil sogar schädlich.“

Als Beispiele nannte Meyer die Anzeigepflicht für die nationale Steuergestaltung oder die Ausweitung der politischen Betätigung für gemeinnützige Vereine, Organisationen und NGOs. Dem werde die FDP nicht zustimmen. „Die Zeit von Rot-grün und deren Fantasien ist vorbei“, sagte der Fraktionsvize. „Die FDP will die Entlastung von Arbeitnehmern, Familien und Selbstständigen, dazu stehen wir voll und ganz.“

Blockiert die FDP die Kindergelderhöhung?

Die FDP pocht darauf, dass eine Einigung ohne bürokratische Hürden erfolgen müsse. Dies könnte die Verhandlungen erschweren, insbesondere da die Partei nun in der Opposition agiert. Sollte die Erhöhung jedoch ausbleiben, wäre dies für SPD und Grüne von Nachteil. Zumal sich Scholz öffentlich für den Abbau der kalten Progression eingesetzt hat und nun unter Handlungsdruck steht. Das weiß auch Christian Lindner und könnte das zu Verhandlungszwecken nutzen.

Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hatte dem Wunsch der Bundesregierung nach einer gemeinsamen Verabschiedung wichtiger Gesetze vor der Neuwahl schon Anfang Dezember eine Absage erteilt. „Größere Entscheidungen wird der Deutsche Bundestag zumindest mit unserer Zustimmung nicht mehr treffen“, sagte Merz. Die Unionsfraktion sei „nicht das Ersatzrad an diesem verunglückten Wagen“ der Ampel-Koalition.

In der Zwischenzeit hoffen die Familien auf Planungssicherheit und eine schnelle Entscheidung. Die angekündigten fünf Euro mehr im Monat mögen gering erscheinen, sind aber Teil eines größeren Reformvorhabens, das das Leben vieler Menschen in Deutschland erleichtern soll. Familien- und Wohlfahrtsverbände hatten mehr erwartet.

Kindergeld 2025: Die Zukunft bleibt ungewiss

Ob die Erhöhung des Kindergelds tatsächlich ab Januar 2025 in Kraft tritt, hängt nun von den weiteren Verhandlungen im Bundestag ab. Die Parteien haben noch bis zum 20. Dezember Zeit, um das Gesetz durch Bundestag und Bundesrat zu bekommen. Das ist unrealistisch, denn die Länder haben längst Widerstand angekündigt. Der Hintergrund: Sie und die Kommunen müssten mehr als die Hälfte der Entlastungen bezahlen. Und für Gespräche im Vermittlungsausschuss bliebe so kurz vor Weihnachten kaum noch Zeit.

Bundesfamilienministerin Paus appellierte derweilen an alle Parteien, die Erhöhungen zu unterstützen. „Die Familien warten auf die Kindergelderhöhung, viele haben die Erhöhung bereits eingerechnet“, betonte sie. Ohne Kindergelderhöhung entstünde ein großer Schaden für die soziale Gerechtigkeit.

Im Übrigen käme das Gesetz viel zu spät, denn die Familienkassen brauchen Zeit, um ihre IT-Systeme rechtzeitig umzustellen und das höhere Kindergeld pünktlich auszahlen zu können. Das Geld kommt mindestens verspätet, vielleicht auch nie. Familien müssen sich also vorerst gedulden – ein Sinnbild für die Unsicherheit in der deutschen Politik nach dem Ende der Ampel-Koalition.