Berlin. Das Arsenal lagert teilweise noch immer in Syrien. Die Rebellen beteuern einen verantwortungsvollen Umgang damit. Doch Experten warnen.
Nach dem Sturz des syrischen Diktators Baschar al-Assad keimt in vielen Menschen Hoffnung auf, in ihr Land zurückkehren zu können. Doch es bleiben gewichtige, offene Fragen. Neben der Frage, wie Syrien künftig regiert werden könnte und wie es religiösen und ethnischen Minderheiten ergehen wird, wird sich die Frage stellen: Was passiert mit den Chemiewaffen, die das Assad-Regime im Bürgerkrieg eingesetzt hat und die noch immer gebunkert werden?
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In Israel sorgt man sich offenbar schon, dass die C-Waffen – etwa Giftgas – in die Hände von Rebellen fallen könnten. Am Sonntag berichtete die Zeitung „Jerusalem Post“, die israelische Luftwaffe habe eine Chemiewaffenfabrik in Syrien angegriffen. Auch der israelische TV-Sender N12 hatte dies zuvor berichtet. Gideon Saar, Israels Außenminister, erklärte am Montag: „Unser einziges Interesse gilt der Sicherheit Israels und seiner Bürger.“ Deshalb habe man strategische Waffensysteme angegriffen.
Chemiewaffen in Syrien: Organisation zeigt sich alarmiert
Die Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW) zeigt sich angesichts der jüngsten Entwicklungen ebenfalls besorgt. Man beobachte die Situation sehr genau, teilte die Organisation am Montag mit. Insbesondere gehe es um die Sicherheit der C-Waffen-Forschung, Entwicklung, Produktion, Lagerung und Testorte. Außerdem schaue man auf Bewegungen, Änderungen oder Vorfälle, bei denen Material aus diesen Produktions- oder Lagerstätten im Spiel ist.
Unterdessen haben die Rebellen der islamistischen Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) beteuert, der Einsatz chemischer Waffen sei ausgeschlossen. Man wolle der Weltgemeinschaft versichern, dass man verantwortungsvoll mit dem Arsenal umgehen werde. Zudem kündigte die Gruppe an, bei der Überwachung des Arsenals internationale Kooperation anzustreben.
Frankreichs Justiz hatte vor einem Jahr im Zusammenhang mit Giftgasangriffen einen Haftbefehl gegen Assad erlassen. Konkret ging es um schwere Giftgasangriffe in der Region Ost-Ghuta nahe Damaskus im August 2013. Bei einem Angriff mit dem Nervengas Sarin waren laut Menschenrechtsorganisationen mehr als 1000 Menschen getötet worden, darunter viele Kinder. Die Bilder der kleinen Körper in Leichensäcken sorgten weltweit für Entsetzen.
Assad ließ Bevölkerung mit Giftgas angreifen – Atemnot, Bewusstlosigkeit
Die Regierung von Assad stimmte kurz darauf nach internationalem Druck zu, ihre Chemiewaffen zu vernichten. Dennoch kam es auch später mehrfach zu zahlreichen Angriffen mit Giftgas, für die UN-Vermittler die Regierung verantwortlich machen. In Sarakeb, 40 Autominuten südöstlich von Aleppo, wurde nach Angaben der OPCW im Februar 2018 Chlorgas aus Zylindern freigesetzt.
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Zeugen hatten den Ermittlern damals beschrieben, wie sie am 4. Februar 2018 einen Hubschrauber und das Geräusch von zwei herunterfallenden Fässern oder Zylindern gehört hätten. Explosionsgeräusche habe es nicht gegeben. Andere Zeugen berichteten von einem Chlorgeruch, manche litten unter Atemnot und verloren das Bewusstsein. Laboranalysen bestätigten später: In den Zylindern befand sich giftiges Chlorgas.
Auch in der Stadt Duma, zwei Stunden südlich von Homs, soll es zu einem Angriff mit Giftgas gekommen sein. Doch als die Ermittler diesen Vorfall untersuchen wollten, wurden sie nach eigenen Angaben von Syrien und Russland daran gehindert.
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