Berlin. Einige Promis haben sich bereits politisch positioniert, manche davon überraschend. Sogar ein Formel-1-Weltmeister ist dabei.
Politik ist nicht bekannt als ein glanzvolles Geschäft – warum also im Wahlkampf nicht ein bisschen Glitzer borgen von denen, die im Rampenlicht zu Hause sind? Ganz so gängig wie etwa in den USA sind parteipolitische Bekenntnisse vor Wahlen in Deutschland zwar nicht, doch auch hier gibt es immer wieder Stars und Sternchen, die öffentlich machen, wo sie politisch stehen. Hinter den Kulissen arbeiten die Parteizentralen derzeit noch daran, bis zur Bundestagswahl in zwei Monaten bekannte Gesichter aus der Kultur- und Unterhaltungswelt für sich zu gewinnen. Doch schon jetzt haben sich einige Promis positioniert, manche davon überraschend.
CDU/CSU
Der Glamourfaktor der Union ist, nun ja, überschaubar. Sollte Friedrich Merz Rockstarqualitäten haben, weiß er das gut zu verbergen. Markus Söder ist ein exzellenter Selbstvermarkter, ansonsten aber auch nicht gerade der Prototyp für den roten Teppich. Und wenn teilzeitwilde CDU-Leute wie Daniel Günther auf einer Volksfestbühne das leicht schmuddelige Partylied „Layla“ singen, gibt’s gleich einen Skandal. Und umgekehrt? Wo sind die Promis mit Strahlkraft, die zur Wahl von Friedrich Merz aufrufen?
Dem Vernehmen nach gibt es erste Kontakte, aber noch nichts Spruchreifes. Eine deutsche Taylor Swift, die sich als CDU-Fan outet? Davon träumen sie im Adenauerhaus – die Realität aber heißt Dieter Bohlen: Der Modern-Talking-Sänger, Musik-Produzent und Juror bei „Deutschland sucht den Superstar“ hat sich selbst ins Spiel gebracht: „Ich würde den nächsten Kanzler beraten, wenn man mich fragen würde.“ Elon Musk helfe Trump ja auch als Berater.
Merz hat inzwischen mit Dieter Bohlen telefoniert – ein Jobangebot habe er dem Musiker aber nicht unterbreitet. „Wir haben nicht über das Kabinett gesprochen, sondern wir haben ein bisschen über Musik gesprochen und ich habe mich bei ihm bedankt, dass er so freundliche Worte zu mir gefunden hat“, so Merz.
Eine andere Prominente hat sich im vergangenen Jahr wieder von der CDU verabschiedet. Sophia Thomalla trat mit einem Paukenschlag aus der Partei aus – weil sie fand, dass vor allem die Frauen in der CDU mit dem umstrittenen Rammstein-Sänger Till Lindemann, ihrem Ex-Freund, zu kritisch umgegangen seien.
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Die Grünen
Bei den Grünen tragen und tauschen sie derzeit selbstgemachte Armbändchen, ganz so, wie es die Fans von Megastar Taylor Swift zum Trend gemacht haben. Schließlich hofft auch Robert Habeck, am Beginn seiner #KanzlerEra zu stehen, inspiriert von Swift, die ihr künstlerisches Schaffen in Phasen (Eras, dt. Äras) unterteilt.
Auf die Unterstützung Swifts muss er dabei zwar verzichten, aber immerhin Teile der deutschen Popkultur stehen hinter ihm und den Grünen. Henning May, Sänger der Kölner Indieband AnnenMayKantereit, ist nicht nur Parteimitglied, sondern hat den Grünen auch vor wenigen Tagen 95.000 Euro gespendet.
Unterstützung für die Umweltpartei kommt auch von einem, dessen Leben schnelle Autos waren: Der viermalige Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel hofft auf einen Erfolg der Grünen bei der Bundestagswahl. Von deren Kanzlerkandidat Robert Habeck sei er sogar „in gewisser Weise ein Fan“, sagte der Ex-Rennfahrer kürzlich in einem Interview. Vettel hatte schon 2021 angekündigt, die Grünen zu wählen.
Und auch Bestseller-Autor Frank Schätzing („Helden“) ist Habeck-Fan – er sieht beim grünen Vizekanzler sogar „Heldenpotenzial“, wie er kürzlich in einem Interview sagte.
SPD
Prominente Unterstützung holt die SPD sich seit Langem – der spätere Literaturnobelpreisträger Günter Grass trommelte schon in den 1960er Jahren für die Sozialdemokraten und Willy Brandt. Auch heute noch hat die Partei Fans im Literaturbetrieb. Die Autorinnen Juli Zeh („Zwischen Welten“) und Anne Rabe („Die Möglichkeit von Glück“) haben beide das SPD-Parteibuch. Und Schlagerstar Roland Kaiser, seit Anfang der 2000er Mitglied, soll als Kind sogar schon bei Willy Brandt auf dem Schoß gesessen, auch wenn er sich daran nicht erinnern könne, wie er einmal in einem Podcast erzählte.
Zur Europawahl sprachen sich außerdem unter anderem Sebastian Ströbel („Die Bergretter“) und Comedian Ingo Appelt für die Partei aus, Fotograf Wolfgang Tillmans spendete damals sogar 50.000 Euro an die SPD.
Wer für Olaf Scholz und die Genossen im Bundestagswahlkampf aktiv werden wird, ist noch nicht entschieden, im Willy-Brandt-Haus hoffen sie aber, dass einige, die im Frühjahr für die SPD geworben hatten, das bald wieder tun könnten.
Die Linke
Auch bei der Linkspartei wird derzeit noch sortiert, wen man zur offiziellen Riege der Unterstützerinnen und Unterstützer zählen kann. Bei den Landtagswahlen vor wenigen Monaten hatte die Partei Fürsprecher aus der Musikszene. Damals waren das Liedermacher Konstantin Wecker und „Die Prinzen“-Frontmann Sebastian Krumbiegel.
Bündnis Sahra Wagenknecht
Die jüngste Partei mit Chancen bei der Bundestagswahl hatte noch nicht viel Zeit, prominente Unterstützer zu sammeln – kann aber immerhin einen Kandidaten vorweisen, der unter Fußballfans durchaus bekannt ist: Oliver Ruhnert, Chefscout des Bundesligisten Union Berlin, tritt für das BSW in Berlin an.
FDP
Investor und Ex-„Höhle der Löwen“-Teilnehmer Frank Thelen feiert die FDP – auch wegen des Muts, die Ampel-Koalition zu beenden, wie Thelen sagt. Von dem Unternehmer abgesehen müssen die Liberalen derzeit eher auf hausgemachte Starpower setzen. Bei DJ MBsounds kann sich die Partei jedenfalls sicher sein, dass er voll hinter dem Kurs der Parteispitze steht, verbirgt sich hinter dem Künstlernamen doch FDP-Generalsekretär und Ex-Justizminister Marco Buschmann. Immerhin ein prominenter DJ-Kollege von MBsounds ist ebenfalls Fan der Liberalen: DJ und Musiker Paul van Dyk wurde 2021 sogar Parteimitglied.
Für die AfD sind bislang keine prominenten Unterstützer bekannt.