Parid. Der französische Präsident verharrt im Elysée und merkt nicht, dass er selbst zum Problem geworden ist, kommentiert Stefan Brändle.

Als wäre nichts: Mit blütenweißem Hemd und strahlendem Lachen besuchte Emmanuel Macron am Donnerstag eine Oase in Saudiarabien, wo er sich gerade zum Staatsbesuch aufhält. Im 4000 Kilometer entfernten Paris trat derweil die Nationalversammlung zusammen, um der Regierung des Präsidenten das Vertrauen zu entziehen und Premier Michel Barnier seinerseits in die Wüste zu schicken – in seinem Fall nur bildhaft gesprochen. 

Doch wie König Ludwig XVI. vor der Revolution von 1789 sieht der amtierende Präsident nicht, was auf Frankreich zukommt. Nach den verpatzten Neuwahlen von Juni und dem Regierungssturz dieser Nacht läuft alles auf einen baldigen Machtantritt politischer Extremisten in Paris hinaus: Marine Le Pen auf der Rechten oder Jean-Luc Mélenchon auf der Linken. 

Sitzung der französischen Nationalversammlung
Gefahr von rechts: Marine Le Pen vom Rassemblement National © DPA Images | Michel Euler

Der französische Präsident erkennt nicht, wie unpopulär und politisch isoliert er ist, und wie sehr es Le Pen und Mélenchon eilt. Der nächste Regierungssturz ist programmiert, und irgendwann wird es auch für Macron zu viel sein. Er müsste einen verantwortungsvollen Nachfolger oder eine Nachfolgerin aufbauen, er müsste die moderateren Parteien in eine Allianz führen. Nichts von dem geschieht. Und je länger Macron im Elysée verharrt, desto stärker wird die radikale Opposition zur Rechten oder Linken - beide wirtschaftsfeindlich und putinfreundlich. Und beide verheerend für das ohnehin geschwächte Europa. 

Macron sieht die Gefahr nicht. Er merkt nicht, dass er, der große Problemlöser von 2017, heute selbst das Problem ist.