Hamburg. Verein Pro Asyl und eine betroffene Familie hatten vor dem Sozialgericht in der Hansestadt geklagt. Warum die Juristen so entschieden haben.
Das Sozialgericht Hamburg hat in einer Eilentscheidung die pauschale Festsetzung des Bargeldbetrages der Bezahlkarte auf 50 Euro für geflüchtete Menschen gekippt. Die persönlichen und örtlichen Umstände der Betroffenen müssten berücksichtigt werden, hieß es.
Der Verein Pro Asyl und die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) haben gemeinsam mit einer schutzsuchenden Familie vor dem Sozialgericht Hamburg geklagt, wie Pro Asyl am Mittwoch mitteilte. In einer ersten Reaktion forderte die Linksfraktion die Aufhebung der Bargeldbeschränkung.
Flüchtlinge Hamburg: Gericht kippt Bargeld-Beschränkung für Bezahlkarte
Für Pro Asyl ist mit der Entscheidung des Sozialgerichts „ein Schritt mehr getan, um das menschenwürdige Leben schutzsuchender Menschen in Deutschland zu sichern“. Eine pauschale Bargeldobergrenze von maximal 50 Euro für Schutzsuchende sei nicht haltbar, „ohne das menschenwürdige Existenzminimum zu gefährden“, betont Lena Frerichs, Verfahrenskoordinatorin und Juristin bei der GFF.
Der klagenden Familie, die in einer Erstaufnahmeeinrichtung in Hamburg wohnt, steht seit Einführung der Bezahlkarte pauschal 110 Euro Bargeld zur Verfügung. Mit diesem Betrag könnten die schwangere Antragstellerin, ihr Kleinkind und ihr Mann nicht die nötigen lebensnotwendigen Einkäufe tätigen, die Bargeld erfordern, so Pro Asyl. Das Gericht befand, dass der Familie aufgrund der Mehrbedarfe zunächst knapp 270 Euro Bargeld zustehen würden. Das Hamburger Amt für Migration kann gegen die Entscheidung des Sozialgerichts Beschwerde einlegen.
Pro Asyl: Bezahlkarte erschwert in Hamburg den Alltag der Betroffenen
Laut Gericht entspreche die pauschale Bargeldbeschränkung auf 50 Euro für Erwachsene und 10 Euro für Minderjährige nicht den gesetzlichen Bestimmungen, hieß es in der Mitteilung der Linksfraktion. Für das Existenzminimum seien auch örtliche Besonderheiten und unterschiedliche Lebenslagen wie Alleinerziehung und Schwangerschaft relevant. Es sei erforderlich, für jeden Einzelfall zu prüfen, in welcher Höhe ein Barbetrag zur Verfügung gestellt werden müsse.
Die Hamburger Linksfraktion sieht in der Entscheidung „ein erfreuliches erstes juristisches Zeichen gegen die Beschränkungen“ der Bezahlkarte. Besonders beim Grundrecht auf das Existenzminimum sei der Einzelfall entscheidend. „Es darf durch sachfremde Pauschalierungen nicht zu einer Unterversorgung kommen“, sagte Carola Ensslen, fluchtpolitische Sprecherin der Linksfraktion, und forderte die Aufhebung der Bargeldbeschränkung.
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Laut Pro Asyl erschwere die Bezahlkarte in Hamburg den Alltag der Betroffenen. Günstige Onlineeinkäufe oder private Gebrauchtwareneinkäufe seien mit der Bezahlkarte ebenso wenig möglich wie der Abschluss eines Handyvertrages oder die Anmeldung im Sportverein, hieß es.
Bis auf Bayern und Mecklenburg-Vorpommern haben sich die Bundesländer auf die einheitliche Einführung einer Bezahlkarte verständigt. Mit Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz im Juni dieses Jahres einigten sich die Bundesländer auf eine Bargeldobergrenze von maximal 50 Euro. Hamburg startete im Februar 2024 als erstes Bundesland mit der Bezahlkarte in Form der Hamburger SocialCard.