Hamburg. Viele Behördendienste werden nicht online angeboten. Das ist ärgerlich für die Bürger, hat aber noch eine andere unschöne Konsequenz.
Das Ziel wurde klar verfehlt. Schon Ende vergangenen Jahres sollten in Deutschland so gut wie alle Dienste der Verwaltungen den Bürgern auch online angeboten werden. So sieht es das 2017 beschlossene Online-Zugangsgesetz (OZG) vor. Rund 600 staatliche Dienstleistungen der Ämter und Behörden sollten bis zum letzten Jahreswechsel digitalisiert sein. Das ist offenkundig bisher in keinem Bundesland gelungen.
Immerhin: In Hamburg können die Bürgerinnen und Bürger mittlerweile 166 städtische Leistungen auch von zu Hause aus am Computer beantragen. Damit steht die Hansestadt zwar im Vergleich mit vielen anderen Ländern gut da – liegt aber hinter Bayern, das laut dem in Internet einsehbaren „Dashboard Digitale Verwaltung“ bereits 181 Dienstleistungen flächendeckend digital anbietet, und Hessen mit 175 OZG-konformen Diensten.
Viele Dienstleistungen in Hamburg noch nicht online möglich
Nun musste der Senat allerdings einräumen, dass die Hamburger in Dutzenden Angelegenheiten noch immer in die Ämter und Behörden laufen müssen, weil Online-Plattformen nicht rechtzeitig fertiggestellt wurden. Das gilt etwa für Meldebescheinigungen, Führungszeugnisse, Beglaubigungen, Ledigkeitsbescheinigungen, Einfuhr- und Importbescheinigungen, die Entrichtung der Fischereiabgabe oder die Bewerbung zur Teilnahme an Dom oder Hafengeburtstag. In insgesamt 49 Fällen wäre die Einrichtung eines Online-Dienstes zwar rechtlich möglich, kann aber noch nicht angeboten werden, weil die entsprechende Technik noch nicht installiert wurde. So geht es aus der Antwort des Senats auf zwei Kleine Anfragen des CDU-Abgeordneten Sandro Kappe hervor, der sich neben Umweltpolitik für seine Fraktion nun auch um das Thema Digitalisierung kümmert.
Einerseits sind die Verzögerungen für die Bürger ärgerlich, die nach wie vor für viele Anliegen in die Ämter laufen müssen (was im Zweifel auch klimaschädlichen Verkehr erzeugt). Das Stocken der Digitalisierung hat aber auch noch eine andere unschöne Konsequenz: Noch immer werden in der Hamburger Verwaltung fast 350 Millionen Seiten Papier pro Jahr bedruckt. So druckten Ämter und Behörden im Jahr 2021 selbst mehr als 300 Millionen Seiten aus – an zuletzt insgesamt 17.380 Druckern. Ein für die Stadt tätiger Dienstleister jagte zusätzlich mehr als 45 Millionen Blatt durch seine Druckmaschinen – und kassierte dafür zuletzt mehr als 2,8 Millionen Euro.
CDU Hamburg fordert Umstellung aller Leistungen
„Der Senat muss endlich alle Leistungen, welche elektronisch abgebildet werden können, zeitnah umsetzen“, fordert nun der CDU-Abgeordnete Sandro Kappe. Statt zu warten, bis andere Bundesländer ihre Plattformen endlich zur Verfügung stellten, solle Hamburg „seine eigenen Hausaufgaben machen“. Hintergrund: Bund und Länder hatten sich die Entwicklungsarbeit aufgeteilt. Jedes Bundesland sollte die Plattformen für eine bestimmte Anzahl von Diensten entwickeln und dann mit allen anderen teilen. Viele Bundesländer liegen mit ihrer Programmierarbeit aber weit hinter den Zeitplänen.
CDU-Mann Kappe wirft dem Senat gleichwohl vor, auch für die eigenen Vorhaben noch keine Zwischenziele, sogenannte Meilensteine, festgelegt zu haben. „Es muss jetzt endlich etwas passieren“, so Kappe. „Dann spart man Geld für den Druck, ist bürgerfreundlich und schont durch den Wegfall des Drucks noch die Umwelt.“ Auch die nach wie vor sehr hohe Anzahl von Druckern in der Hamburger Verwaltung zeige deutlich, „dass der Senat hier lang weggeschaut hat“, sagt Kappe. „In der Wirtschaft und in den Bundesbehörden findet man nur noch Multifunktionsdrucker. Auch so werden Ressourcen gespart.“
Kritisch sieht Kappe auch die Pläne des Senats, alle 79 städtischen Unternehmen ein eigenes Portal entwickeln zu lassen, mit dem sie ihre Leistungen online anbieten wollen. „Dieser Ansatz ist weder zielführend, noch kostensparend“, findet der CDU-Mann. Auch sei dies nicht sehr benutzerfreundlich. Denn so müssten sich die Bürger für jedes städtische Unternehmen, mit dem sie zu tun haben, ein eigenes Konto mit eigenem Passwort anlegen.
Immerhin stimmt Richtung: neun Prozent weniger Papier verbraucht
Im Senat selbst will man die Digitalisierung trotz aller Probleme energisch vorantreiben. Die Stadt verfolge schon länger das Ziel, Gesetze und Vorschriften so zu ändern, dass auch bisher aus rechtlichen Gründen nur schriftlich mögliche Verwaltungsverfahren online angeboten werden könnten, heißt es. Dafür soll auch ein sogenanntes „e-Siegel“ genutzt werden. Allerdings sei dies nur „in enger Abstimmung mit dem Bund und den Ländern möglich“, da es hier keine Alleingänge geben solle.
Grundsätzlich seien „Papierausdrucke bei Services und Dienstleistungen aus ökologischer und ökonomischer Sicht nach Möglichkeit zu vermeiden“, schreibt der Senat in seiner Antwort auf die CDU-Anfrage. „Zugleich muss das Handeln der Stadt jederzeit hohen rechtlichen und technologischen Standards genügen. Deshalb kann gegenwärtig in Teilbereichen nicht auf papierbasierte Dokumente verzichtet werden.“
Immerhin: Der Trend geht in die richtige Richtung – auch durch die zunehmende Digitalisierung. So wurden nach Senatsangaben im Jahr 2021 bereits neun Prozent weniger Papier in der Hamburger Verwaltung verbraucht als 2020. Auch beim externen Dienstleister ging der Verbrauch sichtbar zurück.