Hamburg. In der Bürgerschaft kündigt SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf eine Regelung an. Von der Opposition kommt scharfe Kritik.

Rot-Grün erhöht den Druck auf die Wirtschaft und will eine Corona-Testpflicht für Unternehmen einführen. Das kündigte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf am Donnerstag in der Bürgerschaft an. „Bislang gilt nur eine Soll-Regelung für Betriebe, Testungen vorzuhalten. In zwei Wochen muss das verpflichtend sein. In zwei Wochen muss jedes Unternehmen seinen Mitarbeitern Tests zur Verfügung stellen“, sagte Kienscherf, der betonte, dass die Corona-Lage trotz sinkender Inzidenzwerte weiterhin „äußerst ernst“ sei.

Es gebe besonders in Betrieben mit prekären Beschäftigungsverhältnissen viele Infektionen. „Deutschland droht ein Kollaps in der Intensivmedizin. Das zu verhindern ist jetzt unsere Aufgabe. Deswegen müssen wir auch die Testungen ausweiten. Ich appelliere an alle Hamburger, die Angebote wahrzunehmen“, sagte Kienscherf.

Corona-Testpflicht für Unternehmen? Kritik von der CDU

Bei der CDU-Opposition stieß Kienscherfs Vorstoß auf Ablehnung. „Von einer Testpflicht für Betriebe halte ich nichts, aber wir brauchen die richtigen Anreize“, sagte der CDU-Wirtschaftspolitiker Götz Wiese. Die Wirtschaft sei kooperativ, viele Betriebe hätten bereits Tests in großer Zahl geordert. „Letztlich muss aber der Staat die Kosten für die betrieblichen Tests tragen“, sagte Wiese.

Die vom rot-grünen Senat seit dem vergangenen Freitag verhängte Ausgangssperre in der Zeit von 21 bis 5 Uhr stieß aufseiten der Opposition auf deutliche Ablehnung. „Die Ausgangssperre in Hamburg ist ein Dokument der Hilflosigkeit. Weil Impfen und Testen nicht ausreichend vorangehen, glaubt Rot-Grün tatsächlich, mit dieser unverhältnismäßigen Maßnahme das Virus zurückzudrängen“, sagte die fraktionslose Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein (FDP).

Dabei würden sich „fahrlässig handelnde Teilnehmer nächtlicher Pokerrunden oder abendlicher Kellerpartys kaum davon beeindrucken lassen“. Alle anderen aber, selbst Geimpfte und Getestete, würden eingesperrt.

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„Die Ausgangssperre ist unverhältnismäßig. Wir lehnen sie strikt ab“, sagte Linken-Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus, die dem Senat eine „fehlende Strategie“ bei der Bekämpfung des Virus vorwarf. Die Wirksamkeit der Ausgangssperre zur Eindämmung des Virus sei nicht erwiesen. „Wir erleben seit Monaten Jojo-Lockdowns und wenig Fortschritt“, sagte Boeddinghaus. Dass die Schulen zum Teil im Wechselunterricht geöffnet seien, sei „ein breit angelegter Feldversuch mit offenem Ausgang“.

Der AfD-Fraktionsvorsitzende Dirk Nockemann kritisierte „das repressive, autoritäre Durchregieren des rot-grünen Senats“. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) greife „zu immer weiteren, stärkeren und brutaleren Einschränkungen und sperrt die Bevölkerung ein“.

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Vorsichtige Zustimmung kommt von der CDU

Nur von der CDU kam vorsichtige Zustimmung zu den Mobilitätsbeschränkungen. „Die Ausgangssperre ist ein Einschnitt in die Grundrechte. Wenn sie Erfolg hat, dann ist sie für einen gewissen Zeitraum ein notwendiger Bestandteil des Kampfes gegen Corona“, sagte CDU-Fraktionschef Dennis Thering.

Grünen-Fraktionschef Dominik Lorenzen betonte, die Entscheidung für die Ausgangssperre sei der Koalition schwergefallen. „Das ist eine schwerwiegende Grundrechtseinschränkung, aber nicht mit der Brechstange: Man darf allein eine Runde spazieren gehen, man darf joggen“, sagte Lorenzen.

SPD und CDU werfen sich Missbrauch des Corona-Themas vor

Die Debatte zur 37. und 38. Corona-Eindämmungsverordnung war von der bevorstehenden Bundestagswahl durchzogen. „Die Pandemiebekämpfung wird als Bühne für die Kanzlerkandidatur der Union missbraucht, die Pandemie gerät zum unwürdigen Profilierungsgehabe“, sagte Kienscherf.

„Wie manche Länderchefs agieren, macht mich fassungslos. Ein Machtkampf um die Kanzlerkandidatur – das ist erbärmlich“, sagte Lorenzen. Die SPD gehe auf Bundesebene „schmutzig“ gegen den Koalitionspartner Union vor. „Das verunsichert die Menschen. Das muss endlich unterbleiben“, sagte Thering, der auf die Vorwürfe von Rot-Grün nicht einging – ebenso wenig wie umgekehrt SPD und Grüne.

Fahrlässig handelnde Teilnehmer nächtlicher Pokerrunden lassen sich davon kaum beeindrucken.