Hamburg. Juristen fahren im Untersuchungsausschuss schweres Geschütz auf. Die Hamburger Privatbank müsse als „Sündenbock“ herhalten.

Im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) Cum-Ex der Hamburger Bürgerschaft haben die Anwälte der Warburg-Bank am Freitag schweres Geschütz gegen Politik, Medien, Justiz und einen ehemaligen Berater der Bank aufgefahren. Ihre Mandanten, die Warburg-Inhaber Christian Olearius und Max Warburg, würden vorverurteilt und sollten offensichtlich als „Sündenböcke“ herhalten, der Ex-Mitarbeiter, der sich der Staatsanwaltschaft Köln als Zeuge zur Verfügung gestellt habe, beteilige sich nun an der „öffentlichen Hinrichtung“ der Bank.

Ein großes Problem aus Sicht der Betroffenen sei, dass ihnen keine Akteneinsicht gewährt werde, beklagte Olearius’ Rechtsanwalt Peter Gauweiler. Diese Akteneinsicht sei im Rechtsstaat eigentlich eine Selbstverständlichkeit. „Aber in diesem Raum gilt diese Selbstverständlichkeit nicht“, beklagte der frühere CSU-Politiker im Festsaal des Rathauses. Ihm sei zwar bewusst, dass das Hamburger PUA-Gesetz, anders als das anderer Bundesländer, diese Akteneinsicht nicht vorsehe.

Anwälte wollen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen

Daher habe das Verwaltungsgericht einen ersten Antrag auch zurückgewiesen. Aber es stehe der Bürgerschaft ja frei, die Regeln zu ändern: „Wir bitten Sie, diese Verweigerungshaltung zu überdenken“, so Gauweiler. Andernfalls werde man bis vor der Bundesverfassungsgericht gehen oder gar den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen.

Der Ausschuss untersucht, warum das Finanzamt für Großunternehmen 2016 davon abgesehen hatte, 47 Millionen Euro an Kapitalertragsteuer von der Warburg-Bank einzufordern und welche Rolle der damalige Bürgermeister Olaf Scholz und der damalige Finanzsenator und heutige Bürgermeister Peter Tschentscher (beide SPD) dabei spielten.

"Jedes Recht, den Bürgermeister anzusprechen"

Mehrfach verteidigten die insgesamt sechs Anwälte, dass die Warburg-Inhaber das Gespräch mit Scholz gesucht hatten: „Herr Olearius hat jedes Recht, den Bürgermeister anzusprechen“, sagte Gauweiler. Schließlich dürfe sich auch jeder Bürger per Petition an die Politik wenden. Anwalt Thomas Fischer wies im Namen seines Mandanten Max Warburg zurück, dass dieser jemals versucht habe, Einfluss auf das Finanzamt zu nehmen.

 „Uns ging es nicht um Begünstigung, sondern um Darlegung unserer Rechtslage“, zitiert er aus einer Erklärung von Warburg. Wenn man Einfluss nehmen wolle, dann mache man das bestimmt nicht über einen offiziellen Termin beim Bürgermeister und einen Schriftsatz an den Finanzsenator, so Fischer. Es sei abwegig, so einen „offenkundig dummen Weg zu wählen“. Vizekanzler Scholz sagt am 30. April im Ausschuss aus.

Auch andere Banken in Cum-Ex-Affäre verstrickt

Mehrfach forderten die Anwälte, auch die Rolle anderer Banken zu untersuchen, die in viel größerem Umfang Cum-Ex-Geschäfte vorgenommen hätten, etwa der HSH Nordbank. Insbesondere die Rolle der Deutschen Bank müsse untersucht werden. Denn nach Darstellung der Warburg-Bank habe die bei den Cum-Ex-Geschäften als inländische Depotbank fungiert und hätte die betreffende Steuer abführen müssen.

Die Warburg-Bank habe die Kapitalertragsteuer zusammen mit dem Kaufpreis für die Aktien an die Deutsche Bank gezahlt. Bitterlich beschwerten sich die Anwälte, dass diese Frage auch im Cum-Ex-Prozess vor dem Landgericht Bonn keine Rolle spiele. Der PUA müsse dem nachgehen. Dass ausgerechnet Warburg nun bundesweit zum „Sündenbock“ für den größten Steuerraub in der Geschichte des Landes  gemacht werde, liege wohl daran, dass sie als inhabergeführte Privatbank „der leichteste Gegner“ sei, so Gauweiler. Er beantragte, gleich eine ganze Reihe weiterer Zeugen zu laden.

Aufforderung aus Köln, Steuern zurückzufordern?

Gauweiler wies auch Darstellungen zurück, wonach die im Cum-Ex-Verfahren führende Staatsanwaltschaft Köln das Hamburger Finanzamt aufgefordert habe, die Steuer zurückzufordern. Gauweiler zitierte aus diversen Vermerken der zuständigen Mitarbeiterin im Finanzamt über Gespräche mit einem Staatsanwalt. Immer wieder habe sie sinngemäß notiert: „Er ist mit der Entscheidung des Finanzamts absolut einverstanden.“