Hamburg. Gesundheitsämter können die überschaubaren Neuinfektionen kaum nachverfolgen. Neues zu Mutationen, Tests – und heftige Kritik.

Auch am Wochenende setzte sich bei den Corona-Daten in Hamburg eine Entwicklung fort, die sich seit einer guten Woche beobachten lässt: Die Zahlen sinken trotz Lockdowns nicht mehr. Nachdem die 7-Tage-Inzidenz am 6. Februar erstmals seit Ende Oktober wieder unter die Marke von 70 gefallen war, bewegt sie sich fast nur noch seitwärts: Mal steigt sie um einen Punkt, dann sinkt sie minimal, um am nächsten Tag wieder leicht zuzunehmen.

Auch am Wochenende nahm die Inzidenz minimal zu und lag am Sonntag bei 67,7. Die Sozialbehörde meldete 118 neue Fälle, zwei mehr als am Sonntag der Vorwoche. Am Sonnabend waren es 178, acht mehr als am Sonnabend zuvor. Hinzu kommt, dass es am Wochenende laut Sozialbehörde Umstellungen an der Erfassungssoftware geben sollte, sodass die Zahlen möglicherweise zu niedrig ausgefallen sind und es zu Nachmeldungen kommen könnte. Der Senat meldete am Wochenende 18 weitere Coronatote.

Corona: Rätsel um die Hamburger Zahlen

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Die Ursachen dafür, dass die Zahlen nicht mehr sinken, sind nicht klar. Denkbar wäre ein Einfluss neuer Virusmutationen, die als deutlich ansteckender gelten. Laut Senat waren zuletzt allerdings bei 1700 Sequenzierungen in nur sieben Fällen britische Virusmutationen und einmal die südafrikanische Variante in Hamburg nachgewiesen worden. Bei fünf bis zehn Prozent aller positiven Coronatests soll nach der gültigen Regelung durch eine Sequenzierung festgestellt werden, um welche Virusvariante es sich handelt.

Linken-Politiker Deniz Celik
Linken-Politiker Deniz Celik © Public AddressEXKLUSIV FÜR HAMBURGER ABENDBLATT UND BGZ - bis 2025 Pauschal bezahlt Bürgerschaftwahl 2020 | Mirko Hannemann

Bemerkenswert ist, dass die Gesundheitsämter trotz zuletzt gesunkener Fallzahlen seltener feststellen können, wo sich ein Infizierter angesteckt hat. So konnten in der Kalenderwoche 5 (1.-7. Februar) nur 5,1 Prozent aller Fälle einem Ausbruchsgeschehen zugeordnet werden. Das ist der mit Abstand niedrigste Wert der vergangenen Monate, wie aus einer Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage des Linken-Gesundheitspolitikers Deniz Celik hervorgeht. Seit Ende November hatte man stets zwischen 16 und 33 Prozent der Infektionen einem Ausbruch zuordnen können.

Zahl der Tests nimmt ab

Zuletzt hat die Zahl der wöchentlichen Corona-Testungen in Hamburg etwas abgenommen. Gab es in der Woche vor Weihnachten laut Senatsantwort noch 115.732 Tests, so waren es in der ersten Februarwoche nur noch 82.697. Deutlich rückläufig war in dieser Zeit der Anteil der positiven Testergebnisse. Zeigten in der Woche des Jahreswechsels noch 10,1 Prozent aller Tests eine Infektion an, so waren es in der ersten Februarwoche nur noch 4,8 Prozent.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Linken-Politiker Celik macht dabei Sorgen, dass auch ein Jahr nach Pandemiebeginn nur selten festgestellt werden kann, wo sich die Menschen infizieren. „Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb trotz sinkender Inzidenzwerte überhaupt nur jede vierte bis fünfte Infektion einem Ausbruch zugeordnet werden kann“, so Celik. „Insbesondere mit der Debatte um Lockerungen und Stufenplänen muss die Nachverfolgung von Infektionsketten sowie die Clustererkennung durch die Gesundheitsämter eine noch größere Priorität haben. Ohne eine effektive Eindämmungsstrategie und ein konsequentes Ausbruchsmanagement droht ansonsten ein ewiger Jojo-Effekt.“

Anders als in der Vergangenheit müsse der Senat die Gesundheitsämter „mit guter Software und entsprechendem Fachpersonal für die kommenden Aufgaben sehr gut aufstellen“, so Celik.

CDU fördert "Öffnungsperspektiven" für die Schulen

Nachdem SPD und Grünen (wie berichtet) planen, Präsenzunterricht an Schulen künftig auch mit Hilfe von Corona-Schnelltests zu ermöglichen, hat die CDU erneut massive Kritik an der Schulpolitik des Senats geübt - und eigene Forderungen vorgelegt.

Auch Birgit Stöver, bildungspolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, lehnt den GEW-Vorstoß ab.
Birgit Stöver (CDU) © Mark Sandten | Unbekannt

„Zu spät – zu wenig und nicht konsequent – mit diesen Worten lässt sich in Kurzform beschreiben, was in den vergangenen Monaten schiefgelaufen ist“, sagte CDU-Schulpolitikerin Birgit Stöver am Sonntag. „Während andere Bundesländer wie beispielsweise Schleswig-Holstein und Niedersachsen bereits detaillierte Perspektivpläne vorgelegt haben, hüllt sich der Hamburger Senat in Schweigen.“ Die CDU-Fraktion fordere den Senat auf, „einen Plan für den Wechsel-/Hybridunterricht“ vorzulegen, so Stöver. Darin müssten Öffnungsperspektiven und Regeln für Wechselunterricht vorgesehen sein und Vorgaben des Robert-Koch-Instituts für sicheren Schulunterricht berücksichtigt werden. Schulen und Eltern müssten noch vor Beginn der Märzferien darüber informiert werden, wie es danach weitergehen solle.

Senat sieht keinen Mehrbedarf für Familien durch Corona

Sabine Boeddinghaus (Die Linke, Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft)
Sabine Boeddinghaus (Die Linke, Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft) © Thorsten Ahlf | Thorsten Ahlf

Linken-Fraktionschefin Sabine  Boeddinghaus hat dem Senat derweil vorgeworfen, zu wenig für Kinder und Jugendlich zu tun, die besonders unter den Folgen der Pandemie leiden. Gerade hatte eine UKE-Studie gezeigt, dass mittlerweile fast jedes dritte Kind psychische Auffälligkeiten zeigt. Auch Asklepios hatte darauf hingewiesen, dass es ein „erhöhtes Aufkommen an psychiatrischen Notfällen“ in der Kinder und Jugendpsychiatrie gebe (das Abendblatt berichtete).

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In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage von Boeddinghaus teilte der Senat nun lediglich mit, dass „die Bezirksämter und die zuständige Fachbehörde keine gesicherten Informationen zu Mehrbedarfen haben, die durch die Bekämpfung der Covid-19-Pandemie für die Versorgung von Kindern, Jugendlichen und Familien entstehen“. Für die Linke ist das nicht hinnehmbar. „Wie schon beim völligen Versagen der Schulbehörde werden hier wieder massive Probleme, die von allen Fachleuten und Beteiligten klar benannt werden, genauso ignoriert, wie kluge Konzepte und Ideen zur Bewältigung der Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche“, sagte Boeddinghaus. „Mit dieser Haltung gibt die Behörde viele Chancen für Kinder und Jugendliche für die nächsten Jahre einfach auf.“

Der Senat hat unterdessen am Wochenende nach einem Gespräch mehrerer Senatoren mit dem „Bündnis für die Innenstadt“ bekräftigt, die durch die Pandemie schwer gebeutelte Hamburger City intensiv zu unterstützen. Die Pandemie verschärfe die Krise für die Innenstädte, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). „Der Senat steht fest an der Seite der Unternehmen, Kammern und Verbände – mit den endlich bereit stehenden Bundeshilfen, umfangreichen Landeshilfen über 1,5 Milliarden Euro, mit einer Aufstockung der Mittel für attraktive Plätze in der City von 18 Millionen Euro und einem Neustartfonds für Aktivitäten in City und Quartieren."