Hamburg. Wegen der sinkenden Corona-Inzidenz kehren Schüler bald wieder in den Präsenzunterricht zurück. Doch einige Jahrgänge haben Vorrang.
Für viele Hamburger Familien bedeutet es einen großen Schritt zurück zur Normalität: Hamburg will angesichts der niedrigen Corona-Inzidenz das sogenannte Wechselmodell in den Schulen ab der übernächsten Woche sukzessive abschaffen und die Kinder und Jugendlichen wieder in voller Präsenz unterrichten.
Das kündigte Schulsenator Ties Rabe (SPD) am Mittwoch auf Anfrage an. „Ab 31. Mai werden viele Jahrgangsstufen in voller Präsenz wieder jeden Tag zur Schule gehen dürfen. Genauere Details werden derzeit noch abgestimmt“, sagte Rabe.
Nach Abendblatt-Informationen ist wahrscheinlich, dass zuerst in den Grundschulen sowie den Klassenstufen 5 und 6 in Stadtteilschulen und Gymnasien wieder in voller Klassenstärke vor Ort unterrichtet wird. Sie waren neben den Abschlussklassen auch bei den vorigen Öffnungsschritten zuerst ins Auge gefasst worden.
Schulen in Hamburg öffnen wieder – für Eltern überfällig
Für jüngere Schülerinnen und Schüler sei die Begleitung und Anleitung durch die Lehrenden und Betreuungskräfte besonders wichtig, hatte der Senat argumentiert. Ein Sprecher der Schulbehörde wollte ein entsprechendes Vorgehen bei der anstehenden Rückkehr in den vollen Präsenzunterricht aber noch nicht bestätigen.
Andere Bundesländer hatten die Rückkehr trotz teilweise deutlich höherer Corona-Inzidenz bereits beschlossen. Zudem gab es deutliche Kritik von Eltern, die an den schulfreien Tagen im Home Office arbeiten und dabei ihre Kinder betreuen müssen. Am Donnerstag wollte etwa die „Initiative Familien“ einen offenen Brief im Rathaus an Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) übergeben.
Sie bezeichnet es als „Skandal“, dass Kinder und Jugendlichen „entgegen aller politischen Beteuerungen“ in Hamburg nicht zuerst von der verbesserten Lage bei den Corona-Infektionen profitiere. Der Wechselunterricht sei hierbei nur eine „Krücke“ und reiche bei weitem nicht aus.
Schulöffnung in Hamburg zuvor als zu gefährlich kritisiert
Schulsenator Rabe, der in vorigen Phasen der Pandemie selbst vergleichsweise lange an der damaligen Öffnung der Schulen festgehalten hatte, trat dieser Kritik jedoch gegenüber dem Abendblatt deutlich entgegen. „Monatelang wurde die Schulöffnung in Hamburg als zu weitgehend und zu gefährlich kritisiert, jetzt kann es plötzlich nicht schnell genug gehen“, so Rabe. Wir bleiben unserer Linie treu und bewegen uns im Mittelfeld aller Bundesländer“.
- Impfaktion für Hamburgs Schüler in den Sommerferien geplant
- Was brauchen Kinder und Jugendlichen in Zeiten der Pandemie?
Im Lockdown hätten in Hamburg rund doppelt so viele Kinder die Notbetreuung besuchen können wie in den Nachbarbundesländern. „Bei einer Inzidenz über 100 haben wir Wechselunterricht ermöglicht, andere Länder haben ihre Schulen komplett geschlossen.“ Und nachdem sich die Lage nun gebessert habe, folgten auch weitere Öffnungsschritte.
Hamburgs Schulen bislang im Wechselunterricht
Erst am Montag waren alle Hamburger Schülerinnen und Schüler überhaupt wieder in den Präsenzunterricht im Wechselmodell zurückgekehrt. Bei den bereits umgesetzten und nun angekündigten Öffnungsschritten spielt nach Auskunft der Schulbehörde auch die fortschreitende Impfung der Lehrkräfte eine wichtige Rolle.
Zudem habe sich das Testregime für alle Schulbeteiligten bewährt und nach Ansicht der Schulbehörde auch zur Eindämmung der Pandemie insgesamt beigetragen. Rund zehn Prozent der Hamburger Bevölkerung würden dadurch mehrmals wöchentlich getestet. Schulsenator Rabe hatte bei der flächendeckenden Rückkehr in den Wechselunterricht bereits von einer „großen Erleichterung“ für Eltern und Lehrer gesprochen.
Gewerkschaft fordert Konzentration auf "soziales Lernen" nach Neustart
Die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Anja Bensinger-Stolze, bezeichnete den Schritt gegenüber dem Abendblatt als nachvollziehbar. "Wenn die Inzidenz stabil unter 50 liegt, ist es richtig, den Kindern und Jugendlichen wieder den täglichen Unterricht vor Ort zu ermöglichen."
Sie forderte jedoch eine klare Fokussierung auf das "soziale Lernen" in den noch verbleibenden Wochen vor den Sommerferien. "Die Zeit sollte nicht genutzt werden, um etwa noch Tests und Prüfungen vor Ort durchzuziehen, sondern vor allem das Klassengefüge wieder zu stärken." Damit könne ein wichtiger "Grundstein" für den regulären Unterricht im kommenden Schuljahr gelegt werden.