Borgo Egnazia/Berlin. Wenn die G7-Spitzen zusammenkommen, könnten sie sich in einem alten italienischen Dorf wähnen. Doch Borgo Egnazia ist nur eine Kulisse.
Borgo Egnazia – der Name des Ortes, an dem sich die führenden Staats- und Regierungschefs von Donnerstag bis Samstag zum G7-Gipfel treffen, klingt wie ein kleines italienisches Dorf. Und so sieht es dort auch aus: schmale Gassen mit Häusern aus hellem Tuffstein, eine kleine Kirche und ein mit Olivenbäumen gesäumter Dorfplatz. Doch alles an diesem Ort ist Fake. Borgo Egnazia ist kein jahrhundertealtes Dorf, sondern ein Luxushotel.
Gelegen ist Borgo Egnazia in Apulien, ganz im Süden, dem Absatz des italienischen Stiefels. Eine Gegend, die bekannt ist für ihre Küste mit azurblauem Meer, Steilküsten und Stränden. Für historische Spuren wie das vom Stauferkönig Friedrich II. im 13. Jahrhundert erbaute achteckige Castel del Monte. Für kleine Dörfer, in denen die Zeit stehen geblieben zu scheint. Und für die Öhrchennudeln Orecchiette.
Doch wirtschaftlich gilt Apulien in Italien als eher abgehängt – die Arbeitslosenquote liegt bei rund 20 Prozent. Gerade junge Menschen unter 30 zieht es aus Apulien in den wirtschaftsstarken Norden, während die Region wie ganz Süditalien zu den ärmsten Gebieten der EU gehört.
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Italien: Neue Hoffnung für eine arme Region
Eine Hoffnung ist da der Tourismus: Seit etwa 20 Jahren wird Apulien immer mehr von Menschen entdeckt, die hier die Entspannung in malerischer Landschaft suchen. Diesen Trend haben der inzwischen verstorbene Unternehmer Sergio Melpignano und seine Frau Marisa zum Geschäft gemacht und alte Landhäuser in der Region renoviert, um sie an reiche Touristen zu vermieten.
Und schließlich setzten sie eine Vision in die Realität um: ein eigenes italienisches Dorf für die Superreichen. Und so entstand vor etwa 15 Jahren Borgo Egnazia auf einem alten von Diktator Benito Mussolini errichteten Flugplatz, nur ein paar Hundert Meter von der Adriaküste entfernt. Benannt ist das Fakedorf nach einer nahegelegenen römischen Ruinenstadt. Architekt Pino Brescia ließ sich bei der Gestaltung des Luxusressorts Eindrücke aus der gesamten Region inspirieren. Auf den Fotos zu sehen: Die weißen Häuser erinnern etwa an die Stadt Ostuni. Und überall stehen wie zufällig rostige Fahrräder und alte Landwirtschaftsgeräte herum.
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Wer in Borgo Egnazia schon zu Gast war
Doch die zu den Landwirtschaftsgeräten zugehörigen Bauern haben in den Häusern Borgo Egnazias mit Sicherheit nie gewohnt, stattdessen kommen hier Superreiche unter: Zwischen 1200 und 2600 Euro kostet im Sommer eine Nacht in Borgo Egnazia im Doppelzimmer. Für ein ganzes Haus werden pro Nacht – je nach Datum – bis zu 10.000 Euro fällig. Statt Normalverdienern nächtigen hier eher Promis, wie Fußballstar David Beckham und seine Partnerin Victoria Beckham, die die Gegend vor ein paar Jahren mit dem Fahrrad erkundeten, wie auf Instagram zu sehen ist.
Sänger Justin Timberlake und Schauspielerin Jessica Biel feierten 2012 in Borgo Egnazia ihre Hochzeit, während Madonna in dem Resort jedes Jahr ihre Geburtstage zelebrieren soll. Betreut werden sie dabei von Einheimischen, die für die Luxustouristen kochen und sie mit Geschichten aus der Region unterhalten – sicherlich nur von den angenehmen Seiten und nicht von Armut und Mafia, die auch in Apulien brutal agiert.
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Für G7 wird das Fakedorf zur Festung
Zu den regelmäßigen Gästen in Borgo Egnazia soll auch Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gehören. Sie soll persönlich das Fakedorf als Kulisse für den G7-Gipfel ausgewählt haben. Das ohnehin verschlossene Dorf – auch sonst gibt es nur mit Reservierung Zutritt – wird dafür zur Festung: Vor der Küste kreuzen Kriegsschiffe, die Straßen in der Region sind für Kuriere und Taxis gesperrt und Luftabwehr steht bereit, um jegliche Attacken auf die Gipfelteilnehmer abzuwehren. Auch ein Badeverbot sollte es in Apulien geben – doch dies wurde letztlich von einem Gericht aufgehoben.
Die rigiden Maßnahmen – Italien führt während des G7-Treffens sogar wieder Passkontrollen an seinen Grenzen ein – erhoffen sich die Menschen in Apulien durch den Gipfel mehr Bekanntheit für ihre Region und einen weiteren Aufschwung des Tourismus. Zumindest wird man künftig bequemer hinkommen: Die Landstraße in Apulien wurden extra für den Gipfel neu asphaltiert.