Brüssel. Erweiterung, Sicherheit, Geld: Die nächste Wahlperiode wird für die Europäische Union sehr anstrengend. Was zu tun ist, wo Krach droht.

Nach der Europawahl am 9. Juni beginnt für das Europäische Parlament eine neue Amtszeit, im Herbst stellt sich auch die EU-Kommission neu auf. Auf beide warten große Herausforderungen. Ein Überblick über die wichtigsten Baustellen der EU-Politik für die nächsten fünf Jahre.

Baustelle eins – die große EU-Erweiterung

Der geplante EU-Beitritt der Ukraine, Moldaus und der Westbalkanstaaten wird die Union enorm fordern. In der neuen Wahlperiode bis 2029 wird zwar allenfalls der Beitritt Montenegros vollzogen, aber die EU muss sich jetzt im Eiltempo auf die große Erweiterung vorbereiten, schmerzhafte Reformen stehen an: neue Entscheidungsprozesse mit weniger Blockademöglichkeiten, eine Revision von Aufgaben und Ausgaben, eine neue Größe von Parlament und Kommission. Viel Streit ist programmiert, nicht nur über das Tempo der Erweiterung. Der Druck ist groß: Gleich nach der Wahl werden die Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine beginnen, Kiew will sie zügig abschließen.

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So funktioniert die EU

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    Baustelle zwei – Haushalt unter Druck

    Schnell nach der Wahl müssen die Vorbereitungen für die neue Finanzplanung der Jahre 2028 bis 2034 starten. Da steckt großer politischer Sprengstoff drin: Die EU muss der Ukraine helfen, in Sicherheit investieren, aber auch schon einplanen, dass die Aufnahme neuer EU-Staaten über lange Zeit hohe Milliardenausgaben erfordert. Wo soll das Geld eingespart werden? Braucht die Union eigene EU-Steuern? Frankreichs Präsident Emmanuel Macron fordert bereits eine Verdopplung des EU-Haushaltes und neue Gemeinschaftsschulden für Investitionen – Deutschland wäre als größer Nettozahler besonders gefordert.

    Zerstörung in der ukrainischen Stadt Charkiw nach einem russischen Bombenangriff. Die weitere Unterstützung der Ukraine im Krieg und beim Wiederaufbau wird für die EU in der nächsten Wahlperiode eine gewaltige Aufgabe.
    Zerstörung in der ukrainischen Stadt Charkiw nach einem russischen Bombenangriff. Die weitere Unterstützung der Ukraine im Krieg und beim Wiederaufbau wird für die EU in der nächsten Wahlperiode eine gewaltige Aufgabe. © DPA Images | Nicolas Cleuet

    Baustelle drei – neue Sicherheitspolitik

    Die EU muss auf die russische Bedrohung mit einer Kursänderung in ihrer Sicherheitspolitik reagieren. Die weitere Hilfe für die Ukraine bleibt eine Dauerherausforderung: Munition, Waffen und Geld wird die Europäische Union in noch größerem Maß mobilisieren müssen. Streit ist unvermeidlich, denn in vielen Mitgliedstaaten lässt die Hilfsbereitschaft schon deutlich nach. Wahrscheinlich wird es einen eigenen Kommissar für Verteidigung geben, der sich um die Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie kümmern soll. Ziel: mehr gemeinsame Rüstungsanstrengungen, auch mit EU-Geldern. Die vereinbarte schnelle Eingreiftruppe der EU mit 5000 Soldaten muss nun zügig aufgestellt werden.

    Baustelle vier – mehr Wettbewerbsfähigkeit

    Die Wettbewerbsfähigkeit Europas droht im globalen Wettbewerb zurückzufallen. Die EU-Kommission wird viel nachholen müssen: gezielte Förderung von strategischen Investitionen und Innovationen, Stärkung des Binnenmarktes, ein einheitlicher Kapitalmarkt. Und Bürokratieabbau, nachdem Brüssel die regulatorischen Belastungen für die Wirtschaft zuletzt noch weiter erhöht hatte. Brisant wird die Frage, wie die EU gegen unfaire Wettbewerbsverzerrungen vorgeht, vor allem vonseiten Chinas, aber auch der USA. Mit China droht ein massiver Handelskonflikt, wenn die geplanten Strafzölle für chinesische Elektroautos in diesem Jahr tatsächlich eingeführt werden.

    Chinesische Elektroautos warten im Hafen von Suzhou in Ostchina auf den Schiffstransport nach Europa. Die geplanten Strafzölle der EU auf E-Auto-Importe aus China könnten einen neuen Handelskonflikt auslösen.
    Chinesische Elektroautos warten im Hafen von Suzhou in Ostchina auf den Schiffstransport nach Europa. Die geplanten Strafzölle der EU auf E-Auto-Importe aus China könnten einen neuen Handelskonflikt auslösen. © AFP | -

    Baustelle fünf – Nachsteuern beim Klimaschutz

    Der Green Deal mit ehrgeizigen Klimaschutzvorgaben kommt in die Umsetzungsphase. Parlament und Kommission werden an einigen Stellen nachsteuern müssen, etwa bei der Überprüfung des umstrittenen Verbrennerverbots, ohne die Klimaziele aufzuweichen. Ein Spagat, der vor allem im Parlament für große Spannungen sorgen wird. Für den klimagerechten Umbau der Wirtschaft wird die EU wohl auch mehr Geld bereitstellen müssen.