Tokio. Die chinesische Armee demonstriert Stärke gegenüber Taiwan und sendet eine Botschaft an Präsident Lai. Dieser gibt sich unbeeindruckt.
Ein Gruß auf gute Nachbarschaft sieht anders aus: China hat ein großes Militärmanöver rings um den Inselstaat Taiwan gestartet. Seit diesem Donnerstag positionieren sich Armee, Marine, Luftwaffe und Raketentruppe im Norden, Süden und Osten des Inselstaats, ebenso um die noch kleineren Inseln Kinmen, Matsu, Wuqiu und Dongyin. Es sei eine „harte Strafe“, erklärt Li Xi, Sprecher des Militärs aus Peking. Wofür, daran lässt er keinen Zweifel.
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Es gehe um „separatistische Aktionen“ aus Taiwan. Damit meint er die Amtseinführung von William Lai an diesem Montag. Im Januar haben ihn die Taiwanesen zum neuen Präsidenten gewählt. In seiner ersten Rede erklärte Lai: Die Republik China und die Volksrepublik China „sind sich einander nicht untergeordnet.“ In Taipeh folgte tosender Applaus. In Peking dominierte die Wut.
China und Taiwan: Peking strebt noch immer die „Wiedervereinigung“ an
Schließlich betrachtet die Kommunistische Partei Chinas, die seit Ende des chinesischen Bürgerkriegs 1949 über das chinesische Festland regiert, die Insel Taiwan als Teil ihres Territoriums, also als Teil der Volksrepublik China. Die im Krieg unterlegenen Nationalisten hatten sich dorthin zurückgezogen und die Republik China etabliert – wie sich Taiwan immer noch offiziell nennt. Bis heute strebt das von Peking aus regierte Festland die „Wiedervereinigung“ an – notfalls unter Zwang.
Dass die „harte Bestrafung“, wie Pekings Militärsprecher Li es nennt, genau jetzt kommt, ist aus Pekinger Perspektive logisch. Schließlich klingt das Statement von Taiwans neuem Präsidenten, die zwei Staaten seien einander nicht untergeordnet, fast schon wie eine Unabhängigkeitserklärung. Oder eben, aus Pekinger Perspektive, ein Versuch der Sezession.
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Taiwans neuer Präsident äußert sich deutlich zum Verhältnis mit China
Zwar hat Lai – den man in Peking auch nicht Präsident nennt, sondern nur „Anführer“ – immer wieder beteuert, keinen Konflikt mit China zu suchen. Allerdings betont er auch, er müsse gar keine Unabhängigkeitserklärung abgeben, da Taiwan de facto ohnehin ein selbstständiger Staat sei: Die Insel kontrolliert ihre Außengrenzen, hat eine eigene Währung und seit den 1990er Jahren wählen die Menschen in demokratischen Wahlen eine Regierung. Nur international – auf Druck Pekings – wird Taiwan von kaum einem Staat formal anerkannt.
Für Peking ist Lai ein Spalter, weil er – wie schon seine Vorgängerin Tsai Ing-wen – all dies laut ausspricht und Taiwan möglichst resilienter gegenüber Druck aus Peking machen will. Er strebt nach einer stärkeren ökonomischen Verzahnung mit demokratischen Staaten, damit China künftig nicht mehr der wichtigste Handelspartner ist. Zudem will Lai die Wirtschaft weiter nach vorne bringen. Zwar hat die Halbleiterindustrie bereits systemische Bedeutung in Taiwan, doch das reicht dem neuen Präsidenten nicht. Auch das passt China nicht.
Wie ernst die Lage ist, zeigt die Rhetorik: „Die Unabhängigkeitskräfte werden mit zerschmetterten Schädeln und im Blut enden“, zitiert die Nachrichtenagentur AFP Pekings Außenamtssprecher Wang Wenbin. Demnach hat Wang hat eine „vollständige Vereinigung mit Taiwan“ angekündigt.
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Taiwan vernetzt sich mit anderen Staaten – das macht die Lage gefährlicher
Die Manöver sollen am Freitag weitergehen, dann dürften sie sogar noch größer werden. Weitere Wirtschaftssanktionen gegenüber Taiwan gelten als wahrscheinlich.
Schon jetzt zeigen die Manöver, dass China großen Schaden in Taiwan anrichten könnte, ohne auch nur einen Schuss abzufeuern: Durch eine Seeblockade könnte Taiwan binnen kurzer Zeit von Importen für Energie abgeschnitten werden. Auch die Hilfe durch Staaten wie die USA oder Japan, die im Fall eines Angriffs Unterstützung für Taiwan angedeutet haben, würden zumindest behindert. Je mehr sich Taiwan mit anderen Staaten vernetzt, desto gefährlicher wird es. Darauf wird sich der neue Präsident Lai einstellen müssen.
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