Berlin. Die Journalistin Helen Fares hat mit einem Video auf Instagram für Aufregung gesorgt. Der SWR hat mittlerweile Konsequenzen gezogen.

Ein Instagram-Video der Journalistin und Moderatorin Helen Fares sorgt für Aufruhr. In dem einminütigen Clip spricht sie auf Englisch in die Kamera und erzählt von ihrer Leidenschaft für die Schokoladenmilch der Firma Alpro. Sie sei ihr „Comfort-Drink“ berichtet sie. Doch das Video ist keine Werbung für das Produkt des belgischen Lebensmittelherstellers, sondern das genaue Gegenteil.

Durch eine App habe Fares erfahren, dass der Mutterkonzern von Alpro, Danone in die israelische Start-up-Szene investieren würde. Für die selbstständige Journalistin sei das Grund genug, ihren „Comfort-Drink“ nicht mehr zu kaufen und sich nach einer Alternative umzusehen. In der nächsten Storyslide wird die App gezeigt und augenscheinlich auf sie verlinkt. Abrufbar sind die Storys inzwischen nicht mehr, Bildschirmaufnahmen davon kursieren aber auf X (ehemals Twitter).

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Der X-Account, der die Aufnahmen verbreitet, spricht von einem „Kauf nicht bei Juden in der 2024er-Version“ und wirft Fares Antisemitismus vor. Besonders brisant für den Account, der sich „ÖRR Antisemitismus Watch“ nennt: Fares moderiert für den öffentlich-rechtlichen SWR das Format „Mixtalk“ auf Twitch. Und auch für andere öffentlich-rechtliche Sender stand Fares schon vor der Kamera, etwa für ARD Kultur und das ZDF.

Aufruf zu Israel-Boykott: Berechtigte Kritik oder Antisemitismus?

Der SWR reagierte am Montagabend auf den Post. Man habe Fares von ihren Moderationsaufgaben entbunden, schrieb der Sender in einer Pressemitteilung, weil diese „wiederholt auf ihrem privaten Social-Media-Account extreme politische Positionen geäußert hat“. „Dem SWR ist es wichtig, dass der in Rede stehende Post nicht im Kontext einer Beschäftigung für den SWR entstanden ist“, betont der Sender. Der SWR habe klare Regeln für Äußerungen auf Socia Media. Auch wenn Journalistinnen und Journalisten selbstverständlich eine politische Meinung haben dürften, dürfe „die Unabhängigkeit des SWR und jeder einzelnen Mitarbeiterin und jedes einzelnen Mitarbeiters durch Social-Media-Aktivitäten nicht beeinträchtigt oder in Zweifel gezogen werden“. Diesen Grundsatz sehe der SWR bei Fares verletzt.

Doch warum boykottiert Fares überhaupt ein Produkt, dass zu einem Konzern gehört, welcher in Israel investiert? Zumal dies bei der Geschichte von Danone – Gründer Isaac Carasso war Jude – nicht weiter überraschen sollte. Grund ist wohl die Eskalation im Gazastreifen – ausgehend von dem Überfall der Hamas am 7. Oktober des vergangenen Jahres. Inzwischen ist auch das brutale Vorgehen der israelischen Armee in die Kritik geraten, zuletzt durch den Tod von Mitarbeitenden einer Hilfsorganisation durch einen israelischen Luftschlag.

Angriff auf Hilfskonvoi: Israelische Armee stellt Bericht vor
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    Fares spricht von Genozid an Palästinensern

    Fares, die sich selbst als „Syrian in Almanya“ bezeichnet und neben Journalistin und Moderatorin auch als Menschenrechtsaktivistin und Psychologin auftritt, prangert das Vorgehen Israels schon länger an. Schon am Tag des Hamas-Überfalls berief sie sich in einer Instagram-Story auf, von ihr nicht näher genannte, „Expert*innen“, die sagen würden, „dass die Gewalt nie ein Ende finden wird, solange die israelische Militärbesatzung anhält“.

    In einer weiteren Story, ebenfalls am 7. Oktober veröffentlicht, wendete sie sich an Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und forderte Solidarität mit dem palästinensischen Volk. Im Text zu einem Posting vom 20. Februar dieses Jahres fragt sie: „Wann wird die Mehrheit der Deutschen sich entscheiden gegen den Genozid und mit Palästinensern und Arabern stehen?“ Eine Wortwahl, die manch einer für antisemitisch hält. „Wer Israel einen Genozid vorwirft, handelt klar antisemitisch“, sagte Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung, erst kürzlich der Deutschen Presseagentur.

    BDS-Haltung: SWR wurde bereits in Kenntnis gesetzt

    Menschen, die in Deutschland für Menschenrechte aufstehen, würden bedroht, verfolgt und kriminalisiert, klagt Fares in einem anderen Video vom 26. März dieses Jahres, auch hier bezieht sie sich auf den Gaza-Konflikt. Bei Protesten anlässlich der Geschehnisse im Nahen Osten war es in den vergangenen Monaten immer wieder auch zu antisemitischen Vorfällen gekommen.

    Ein Teil der propalästinensischen Community ist derweil dazu übergangen, Produkte, die in irgendeiner Form mit Israel assoziiert sind, zu boykottieren. Um nicht den Überblick zu verlieren, werden diese Firmen gesammelt. Eine Internetseite, auf der auch Alpro mit der von Fares genannten Begründung auftaucht, listet Marken aus sämtlichen Produktgruppen auf. Darunter: Mercedes-Benz, weil sie einen Tech-Hub in Tel Aviv eröffneten, Burger King, das israelische Soldaten mit kostenlosen Lebensmitteln versorgt haben soll, oder die Axa-Versicherung, die laut der Seite in israelische Banken investiert.

    Fares‘ Entscheidung gegen Produkte, die auf welche Art auch immer mit Israel in Verbindung stehen, ist daher keine Einzelmeinung, hat aber wohl vor allem wegen ihrer Prominenz (fast 100.000 Instagram-Follower) und ihren Auftritten in den öffentlich-rechtlichen Medien zu tun. Volker Beck (Grüne), Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, forderte gegenüber der „Bild“ Aufklärung. „Mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag halte ich so eine antisemitische Boykotthaltung für nicht vereinbar“, so Beck weiter.

    fmg