Berlin. Zwei AfD-Männer sollen Geld aus russischen Quellen erhalten haben. Die Außenministerin ist besorgt, die Parteispitze will Aufklärung.

Petr Bystron ist nicht irgendwer in der AfD. Auf seiner Internetseite schreibt das Gründungsmitglied über sich selbst: „Petr Bystron ist der ranghöchste Außenpolitiker der AfD.“ Der 51-Jährige ist Obmann der AfD im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags und außenpolitischer Sprecher seiner Partei. Für die Europawahl hat die AfD Bystron hinter Maximilian Krah auf dem zweiten Listenplatz nominiert. Doch nun gerät der Außenpolitiker unter Druck.

Es geht um den Vorwurf, dass Bystron Geld aus russischen Quellen angenommen habe. Der AfD wird immer wieder eine Nähe zu Russland und seinem Machthaber Wladimir Putin unterstellt. Neue Nahrung bekamen die Vorwürfe in der vergangenen Woche, als die tschechische Regierung erklärte, ein von Moskau finanziertes Propaganda-Netzwerk aufgedeckt zu haben.

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Im Fokus steht dabei die in Prag ansässige Nachrichtenseite „Voice of Europe“. Die Regierung in Tschechien verhängte Sanktionen gegen die Betreiber der Internetseite mit der Begründung, diese sei Teil einer russischen Einflussoperation in Europa. Von den Sanktionen betroffen ist unter anderem der Oligarch Wiktor Medwedtschuk, der als Vertrauter von Russlands Machthaber Putin gilt. Auch deutsche Behörden waren an den Ermittlungen gegen das Netzwerk beteiligt.

Baerbock: Putin führt auch Krieg mit Fake News

Das Bundesinnenministerium bestätigte in der vergangenen Woche, dass eine länderübergreifende Zusammenarbeit der europäischen Sicherheitsbehörden „eine russische Einflussoperation gegen das Europäische Parlament aufgedeckt“ habe. „Putin führt seinen Krieg nicht nur mit seinem Militär. Sondern auch mit Fake News, Manipulation und gezielter Einflussnahme – die jüngste Aufdeckung der tschechischen Regierung ist nur ein Beispiel dafür, wie Russland unsere Demokratien zersetzen will“, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) unserer Redaktion.

AfD-Fraktionschef Tino Chrupalla bei einem Treffen mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow in Moskau.
AfD-Fraktionschef Tino Chrupalla bei einem Treffen mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow in Moskau. © picture alliance/dpa/TASS | Russian Ministry Of Foreign Affa

„Voice of Europe“ hatte unter anderem Interviews mit Krah und Bystron veröffentlicht. Die tschechische Zeitung „Denik N“ berichtete unter Berufung auf Geheimdienstkreise, über das Propaganda-Netzwerk seien Gelder aus russischen Quellen an Politiker aus Deutschland, Frankreich, Polen, Belgien, den Niederlanden und Ungarn gezahlt worden. Auch an Krah und Bystron?

Krah wies den Vorwurf zurück: Er habe „Voice of Europe“ zwei Interviews gegeben, eines davon in Prag, sagte der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl im Juni dem „Spiegel“. „Geld habe ich dafür selbstverständlich keines bekommen, weder für mich noch für die Partei.“ Bystron sprach in einer am Karfreitag veröffentlichten Erklärung von einer „Diffamierungskampagne“. Die gegen ihn erhobenen „verleumderischen Vorwürfe der Vorteilsannahme“ weise er „mit Nachdruck“ zurück.

Bystron wurde in der Tschechoslowakei geboren

Es sei kein Zufall, dass diese „Kampagne“ in Tschechien gestartet worden sei, fügte Bystron hinzu. Die Regierung des Landes „gehört zu den stärksten Befürwortern der Fortsetzung des Ukraine-Krieges, die tschechische Waffenindustrie zu den größten Profiteuren des Konflikts weltweit“. Bystron ist 1972 in der früheren Tschechoslowakei geboren, als 16-Jähriger floh er mit seinen Eltern nach Deutschland und erhielt politisches Asyl.

Maximilian Krah, AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl.
Maximilian Krah, AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl. © picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert

In einem weiteren Bericht verschärfte die tschechische Zeitung „Denik N“ nun die Vorwürfe gegen den AfD-Politiker. Demnach soll der tschechische Geheimdienst über „Beweise“ gegen Bystron in Form einer Audioaufnahme verfügen. Die Zeitung berief sich auf fünf nicht namentlich genannte Teilnehmer einer Kabinettssitzung, in der Geheimdienstchef Michal Koudelka über das Netzwerk rund um „Voice of Europe“ informiert habe. Das Bundesamt für Verfassungsschutz äußerte sich auf Anfrage unserer Redaktion nicht zu dem Inhalt des Berichts und verwies auf laufende Ermittlungen.

Im Gespräch mit unserer Redaktion spricht Bystron von „Verleumdungskampagne“

Bystron wies den Inhalt des Berichts in einem Telefonat mit unserer Redaktion zurück: „Die Berichte über angebliche Tonmitschnitte, die dem tschechischen Geheimdienst vorliegen sollen und die belegen sollen, dass ich Geld von einem russischen Netzwerk in Prag erhalten haben soll, weise ich aufs Schärfste zurück“, sagte Bystron. Es handele sich um eine „Verleumdungskampagne“ gegen sechs europäische Parteien, die alle gegen die Fortsetzung des Krieges in der Ukraine kämpften. „Ich habe kein Geld angenommen, um prorussische Positionen zu vertreten.“

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    Bystron fügte hinzu: „Ich fordere den tschechischen Geheimdienst BIS auf, den angeblichen Audio-Mitschnitt vorzulegen, welcher das belegen soll.“ Die Vorsitzenden der AfD-Fraktion im Bundestag, Alice Weidel und Tino Chrupalla, haben aber offenbar weiteren Gesprächsbedarf. „Die Fraktionsvorsitzenden haben Petr Bystron aufgefordert, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen“, sagte ein Sprecher der Fraktion unserer Redaktion.

    „Der Fraktionsvorstand wird sich gegebenenfalls auf seiner Sitzung in der kommenden Woche mit der Angelegenheit befassen.“ SPD-Bundestagsfraktionsvize Dirk Wiese sieht den AfD-Politiker und die Partei nun in der Pflicht. „Dieser Fall erfordert eine umfassende und, wenn nötig, eine strafrechtliche Aufklärung“, sagte Wiese unserer Redaktion. Bystron müsse jetzt umgehend reinen Tisch machen.

    „Dass es unter den AfD-Spitzenvertretern solche gibt, deren Russland-Liebe weiter geht, als es als deutscher Abgeordneter politisch vertretbar ist, ist bekannt“, sagte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) dieser Redaktion. „Wenn die Berichte über illegale Machenschaften des Abgeordneten Bystron stimmen sollten, dann wird er die Konsequenzen eines funktionierenden Rechtsstaates spüren. Es wäre sicherlich hilfreich und ratsam, wenn er selber beziehungsweise seine Partei diesen Sachverhalt selbst aufklären würden.“