Berlin. Kanzler Scholz kennt die Stimmung. In der Neujahrsansprache spricht er Unzufriedenheit, Probleme und Versäumnisse an. Und macht Mut.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat zum Jahreswechsel zu gegenseitigem Respekt und mehr Zuversicht aufgerufen. Jeder und jede werde gebraucht, „die Spitzen-Forscherin genauso wie der Altenpfleger, die Polizistin genauso wie der Paketbote, die Rentnerin genauso wie der junge Auszubildende“, betonte Scholz in seiner Neujahrsansprache. „Wenn wir uns gegenseitig mit diesem Respekt begegnen, dann brauchen wir keine Angst zu haben vor der Zukunft“, erläuterte er vor dem Hintergrund zahlreicher Krisen und Konflikte.
Scholz verwies auf den Ukraine-Krieg, den Engpass bei den Gaslieferungen und auf den Terrorangriff der Hamas auf Israel. Die Welt sei „unruhiger und rauer geworden“. Und: „Sie verändert sich in geradezu atemberaubender Geschwindigkeit.“
Scholz gibt sich optimistisch
„Auch wir müssen uns deshalb verändern“ und „vielen von uns bereitet das Sorgen“, sagte Scholz. Damit verbundene Unzufriedenheit nehme er sich zu Herzen. Zugleich wisse er, „wir in Deutschland kommen da durch.“
Der Kanzler wies darauf hin, dass trotz der Krisen pessimistische Prognosen nicht eingetreten seien. „Weil wir uns gegen den Wirtschaftseinbruch gestemmt haben“, sei es anders gekommen. „Die Inflation ist gesunken. Löhne und Renten steigen. Die Gasspeicher sind für diesen Winter randvoll“, verwies Scholz auf Erfolge. „Das macht die Herausforderungen unserer Zeit nicht kleiner. Aber das gibt Mut, dass wir ihnen gewachsen sind“, sagte er in seiner Rede.
„Zu lange auf Verschleiß gefahren“
Zwar gebe es Probleme, etwa bei der Bahn oder durch marode Brücken, weil das Land „zu lange auf Verschleiß gefahren“ worden sei. Jetzt aber werde investiert in eine saubere Energieversorgung, besseren Klimaschutz und in gute Arbeitsplätze. Dies sei durch das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts nicht einfacher geworden und nicht alles könne wie geplant umgesetzt werden - gleichwohl aber investiere Deutschland „auch im kommenden Jahr eine Rekordsumme in unsere Zukunft“.
Außerdem gebe es Entlastungen. Scholz verwies auf Steuersenkungen zum Jahreswechsel im Volumen von 15 Milliarden Euro, höheres Kinder- und Wohngeld sowie sinkende Beiträge zur Sozialversicherung „für all diejenigen, die wenig verdienen“.
Hochwasser: Mitgefühl mit den Betroffenen
Der Kanzler betonte, „stark macht uns auch unsere Demokratie“. Im Osten Deutschlands sei diese vor 35 Jahren durch mutige Frauen und Männer erkämpft worden, für alle sei sie nun „ein kostbares Gut“. Zu dieser Demokratie gehörten immer auch Diskussionen über den richtigen Weg. „Nichts wird besser, wenn wir nur übereinander reden, anstatt miteinander. Stark macht uns unsere Bereitschaft zum Kompromiss“, hob Scholz hervor, und auch „unser Einsatz füreinander“.
Mit Blick auf das aktuelle Hochwasser in Teilen Deutschlands dankte der Kanzler „all den Frauen und Männern von der Feuerwehr und Bundeswehr, vom THW, den Rettungsdiensten und den vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern, die mit ganzer Kraft gegen das Hochwasser kämpfen“. Er äußerte auch sein Mitgefühl für die Betroffenen, „die wir in diesen schweren Stunden nicht alleine lassen“.
Was macht die US-Wahl im Herbst mit uns?
Nachdrücklich bekannte sich Scholz zu einer starken Europäischen Union. Als Erfolg wertete er die Einigung auf das neue gemeinsame europäische Asylsystem. Bereits jetzt hätten stärkere Grenzkontrollen dazu geführt, dass „die Zahl derer, die über diese Grenzen kommen, spürbar gesunken“ sei.
Eine starke EU sei umso wichtiger vor dem Hintergrund von „Russlands Krieg im Osten unseres Kontinents“, der kriegerischen Auseinandersetzung im Nahen Osten und im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen im Herbst 2024 „möglicherweise mit weitreichenden Konsequenzen – auch für uns hier in Europa“. (fmg)
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