Berlin. Deutschland versagt bei der Fachkräfteintegration – wieder einmal. Die Wirtschaft muss sich fragen, ob sie das richtige Umfeld bietet.
Man wollte es richtig machen für die Menschen, die vor Putins Panzern fliehen und ihrer Heimat den Rücken kehren mussten, um in Deutschland ein neues Leben zu beginnen. Anders als andere Geflüchtete durften die deswegen hier sofort arbeiten und bekamen auch höhere Sozialleistungen: Pro Monat 502 Euro Bürgergeld als Alleinstehender, dazu Miete und Heizkosten. Alleinstehende Asylbewerber erhalten gut 90 Euro weniger.
Den Beschluss, wonach ukrainische Geflüchtete Bürgergeld anstelle von Asylbewerberleistungen erhalten, ließ die Bundesregierung zum 1. Juni des vergangenen Jahres in Kraft treten. Man gehe aber davon aus, dass viele Ukrainer eine hohe Bereitschaft hätten, arbeiten zu gehen, betonten die Koalitionäre damals. Nun, gut anderthalb Jahre später, hat in dieser Hinsicht Ernüchterung eingesetzt.
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Nur jeder fünfte Kriegsflüchtling aus der Ukraine arbeitet. Das ist weniger, als man sich erhofft hatte und Arbeitsauftrag für Politik und Wirtschaft. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte erst kürzlich öffentlich den Ton für die arbeitsfähigen Ukrainer verschärft. Sie sollen sich künftig öfter beim Amt melden. Ämter wiederum sollen ihnen aktiver als bislang Jobs vermitteln. Wirkt all das nicht, drohen Leistungsminderungen.
Ukrainer: „Jobturbo“ soll Geflüchtete in Arbeitsmarkt bringen
Den Umschwung mit Blick auf die Ukrainer hat die Bundesregierung in nette Worte verpackt. „Jobturbo“, heißt nun das, was die häufig unter traumatischen Begleitumständen nach Deutschland gelangten Menschen in den Arbeitsmarkt bringen soll. Das kommt gut an bei denjenigen, die schon länger der Auffassung sind, die Höhe des gezahlten Bürgergelds hätte Einfluss auf die Motivation, arbeiten zu gehen. Doch Untersuchungen zeigen auch: In Dänemark oder den Niederlanden ist die Erwerbsquote unter ukrainischen Geflüchteten höher als in Deutschland, obwohl die finanzielle Unterstützung ähnlich ausfällt.
Man muss sich hierzulande also fragen, warum es bislang nicht gelungen ist, mehr Stellen mit Ukrainern zu besetzen. Die Menschen aus dem Kriegsgebiet selbst taugen nicht als Sündenbock. Vielmehr offenbart die bislang äußerst schleppend vonstatten gegangene Integration in den Arbeitsmarkt das deutsche Versagen in dieser Hinsicht. Erkennbar wird das nicht nur an den Sprachkursen, auf die viele Ukrainer monatelang warten mussten.
Im Werben um Fachkräfte muss Deutschland Argumente liefern
Ein noch größerer Faktor sind fehlende Betreuungsmöglichkeiten: Weil die Männer an der Front kämpfen müssen, sind viele Ukrainerinnen alleine mit ihrem Nachwuchs unterwegs. Nun fällt es schon vielen Deutschen schwer, einen Kita-Platz für ihre Kinder zu finden. Gerade in Ballungsgebieten wie Berlin oder Hamburg. Unwahrscheinlich ist, dass das gerade Ukrainerinnen mit ohnehin wenigen Deutschkenntnissen besser gelingt. Hinzu kommen die noch immer offensichtlich viel zu bürokratischen Verfahren, wenn es um die Anerkennung ausländischer Abschlüsse geht.
Aber auch die Wirtschaft muss sich fragen lassen, warum sie es nicht geschafft hat, mehr Ukrainer einzustellen. Der Fachkräftemangel ist schließlich in allen Branchen groß. Die Unternehmen sind nun gefragt, Eintrittsbarrieren zu senken und familienfreundlicher zu werden. Deutschland will ein Einwanderungsland für Fachkräfte aus dem Ausland sein, steht dafür im Wettbewerb mit anderen Ländern. Im Umgang mit den Ukrainern allerdings hat man bisher keine Argumente dafür geliefert, sein Glück in der Bundesrepublik zu versuchen.
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