Berlin. Karlsruhe kassiert den Nachtragshaushalt der Ampel: Die Union reagiert mit Spott – Ökonomen zweifeln zusehends an der Schuldenbremse.

Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts zum zweiten Nachtragshaushalt 2021 fallen die politischen Reaktionen eindeutig aus. Unionsfraktionschef Friedrich Merz erklärte in einem auf X, vormals Twitter, verbreiteten Statement, Karlsruhe habe „die Selbstbedienungsmentalität der Ampel-Regierung gestoppt“. Damit breche die „Haushalts- und Finanzplanung der Bundesregierung in sich zusammen“.

Die Union forderte eine Verschiebung der für Donnerstag angesetzten Bereinigungssitzung für den Haushalt 2024 im Bundestag. Merz appellierte im Bundestag an die Ampel: Er wolle die Bundesregierung auffordern, die Haushaltsberatungen zu unterbrechen, „damit sie die Gelegenheit hat, für das Jahr 2024 einen verfassungskonformen Haushalt vorzulegen“. „Machen Sie bitte nicht den Versuch, das an anderer Stelle zu wiederholen, was Sie hier mit dem verfassungswidrigen und nichtigen Fonds gemacht haben“, sagte Merz.

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CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sprach im Hinblick auf das Urteil von einer „Klatsche mit Wumms, um nicht zu sagen mit Doppelwumms“ für den Bundeskanzler und die Ampel. Es sei unverständlich und auch fahrlässig, dass der Bundeskanzler angedeutet habe, dass die Ampel die bisherigen Haushaltsberatungen abgeschlossen würden, als gäbe es dieses Urteil nicht. Serap Güler, CDU-Abgeordnete im Bundestag, kommentierte auf X, ehemals Twitter: „Jetzt findet mal 60 Mrd. bis morgen. Viel Erfolg!“

DIW-Chef Fratzscher sieht Anlass zur Reform der Schuldenbremse

Auch Ökonomen analysierten, welche Folgen das Urteil haben könnte. Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sieht in der Entscheidung einen Anstoß zur Reform der Schuldenbremse. Diese sei „nicht zeitgemäß, weil sie der Politik notwendigen Spielraum nimmt, um Krisen zu bekämpfen und dringende Zukunftsinvestitionen zu tätigen“, sagte er.

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Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, verwies auf die schwierige Situation, in die das Urteil die Regierung gebracht hat. „Wenn die Regierung diese Ausgaben einfach aus dem Haushalt kürzt, droht sie die Rezession zu verschärfen“, sagte er. Wenn sie dagegen die Maßnahmen zum Klimaschutz eindampfe, um die Lücke zu schließen, verfehle Deutschland entweder die Klimaziele massiv oder es komme zu massiven Schäden an der Wirtschaftsstruktur, der Hilfen zur Transformation fehlen.

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Er empfahl, auch für 2023 und 2024 von der Ausnahmeregel der Schuldenbremse Gebrauch zu machen. „Deutschland kämpft erneut mit der Rezession, die wirtschaftliche Notlage ist noch nicht vorbei“, sagte er. Deutschland könnte erneut die Notlage erklären und einen Teil des Haushalts mit neuen Krediten finanzieren.