Berlin. Bundessozialminister Heil: Bezieherinnen und Bezieher des Bürgergeldes werden im kommenden Jahr höhere Sätze erhalten.
Die Empfänger von Bürgergeld werden im kommenden Jahr deutlich höhere Zahlungen erhalten. Die Regelsätze steigen zum Jahreswechsel um zwölf Prozent, wie Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Dienstag in Berlin mitteilte. Die Anpassung ist auch relevant für die geplante Einführung der Kindergrundsicherung Anfang 2025. Ein Überblick.
Wie stark steigen jetzt die Regelsätze beim Bürgergeld?
Im Einzelnen steigen die Regelsätze jetzt wie folgt: Für Erwachsene klettert der Satz von derzeit 502 auf 563 Euro pro Monat. Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren erhalten statt 420 Euro künftig 471 Euro und Kinder von 6 bis 13 statt bisher 348 Euro fortan 390 Euro. Für Kinder bis einschließlich fünf Jahre gibt es statt 318 Euro in Zukunft 357 Euro. „Gerade in der Krise, in Krisenzeiten und Umbrüchen, muss man sich auf den Sozialstaat verlassen können“, sagte Heil am Dienstag.
Was ist überhaupt das Bürgergeld?
Das Bürgergeld hat Anfang 2023 das bisherige System der Grundsicherung für Arbeitslose abgelöst. Die Bezieher erhielten bis dahin Arbeitslosengeld II, häufig auch als Hartz IV bezeichnet. Mit der Einführung des Bürgergelds stiegen bereits die Leistungen, alleinstehende Erwachsene etwa erhielten 53 Euro pro Monat mehr. Im Zentrum der Reform steht aber etwas Anderes: Wer seinen Job verliert, soll mit dem Bürgergeld nicht nur die Existenz sichern können. Sondern von der Arbeitsagentur auch deutlich mehr Hilfe bekommen, um wieder dauerhaft auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können.
Wie viele Menschen beziehen Bürgergeld?
Im ersten Halbjahr 2023 erhielten durchschnittlich 3,9 Millionen erwerbsfähige Personen Bürgergeld, hinzu kamen noch einmal rund 1,6 Millionen nicht erwerbsfähige Personen.
Warum steigt das Bürgergeld jetzt so stark?
Minister Heil betonte am Dienstag, dass es sich bei der Erhöhung nicht um einen politischen Schritt handele. Das Ausmaß ergebe sich vielmehr aus dem Bürgergeld-Gesetz. Dieses schreibt vor, dass die Bedarfe anders als in der Vergangenheit nicht rückwirkend, sondern vorausschauend an die allgemeine Teuerung angepasst werden. Auch die Lohnentwicklung spielt eine Rolle.
Die Preissteigerung in Deutschland ist nach wie vor enorm: Die Bundesregierung rechnet für 2023 mit einer Inflationsrate von sechs Prozent. Im vergangenen Jahr war die Rate infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine auf fast sieben Prozent geklettert. Haushalte mit geringen Einkommen sind besonders von der Teuerung betroffen, da sie fast ihr gesamtes Budget für Waren des täglichen Bedarfs wie Nahrungsmittel und Energie ausgeben.
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Wie teuer ist die Bürgergeld-Erhöhung für den Staat?
Die zusätzlichen Kosten der Bürgergeld-Erhöhung für den Staat bezifferte Heil auf 4,3 Milliarden Euro. Bereits mit der Einführung des Bürgergelds Anfang 2023 waren die Regelsätze gestiegen – für alleinstehende Erwachsene beispielsweise um 53 Euro. Anders als bei der alten Grundsicherung soll beim Bürgergeld verstärkt die dauerhafte Integration der Bezieher in den Arbeitsmarkt im Zentrum stehen, unter anderem durch Qualifikation und Ausbildung.
Mit der Erhöhung des Bürgergeld-Regelsätze setzt die Ampelkoalition zum Beginn ihrer zweitägigen Klausurtagung auf Schloss Meseberg einen weiteren sozialpolitischen Akzent. Am Montag hatte bereits sie ihren langen Streit über die Einführung der Kindergrundsicherung beigelegt.
Beide Themen sind miteinander verknüpft: Im Zuge der Einführung der Kindergrundsicherung soll auch das Existenzminimum für Kinder und Jugendliche neu berechnet werden. Bei der Kabinettsklausur am Dienstag und Mittwoch in Meseberg wollen sich die Minister von SPD, Grünen und FDP vorrangig mit der Wirtschaftspolitik befassen
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Was hat das Bürgergeld mit der Kindergrundsicherung zu tun?
Die Ampel-Koalition will die Kindergrundsicherung 2025 einführen und dabei verschiedene familienpolitische Leistungen bündeln, darunter auch das bisherige Kindergeld. Über die Finanzierung stritten SPD, Grüne und FDP viele Monate lang. Am Montag gab es aber eine Einigung.
Sie sieht unter anderem vor, dass im Zuge der Einführung das Existenzminimum für Kinder und Jugendliche neu berechnet werden soll. Die Bürgergeld-Regelsätze müssen das abbilden. Unter die nun festgelegte Höhe werden sie nicht sinken.
Wie fallen die Reaktionen aus?
Die Sozialverbände zeigten sich am Dienstag enttäuscht. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider, sagte: „Diese Regelsätze sind und bleiben Armutssätze und gehen an der Lebensrealität der Menschen vorbei. Ausgeglichen wird gerade einmal knapp der aktuelle Kaufkraftverlust.“ Von einer Leistungsverbesserung könne keine Rede sein. „Es bleibt bei willkürlicher Kleinrechnerei und im Ergebnis bei Leistungen, die vorne und hinten nicht reichen.“
Ähnlich äußerte sich VdK-Präsidentin Verena Bentele. Sie sagte: „Die Erhöhung der Regelsätze kommt angesichts der anhaltenden Inflation viel zu spät. Besonders die hohen Preise für Strom und Grundnahrungsmittel fressen das Geld von Menschen in der Grundsicherung und im Bürgergeld derzeit komplett auf und haben diese Menschen teils in existenzielle Not gebracht.“