Berlin/Erfurt. Die AfD hat die größte Einzelspende aller Parteien erhalten. Wer ist der Mann, der der Partei 265.050 Euro überwiesen hat?

Der Mann, der die AfD reich macht, weiß sehr genau, was er will. „Ich wünsche nicht die Umvolkung des deutschen Volkes, ich will diese unbedingt verhindern“, sagt er ins Telefon.

Hartmut Issmer, 71, Bauunternehmer aus Hessen, hat nach eigener Auskunft als Leutnant in der Bundeswehr gedient und ist „mehrfacher Millionär“. Und er ist bislang in diesem Jahr der größte Einzelspender für eine Partei. Laut Bundestagsverwaltung überwies er der in Teilen rechtsextremistischen AfD bereits im Januar die Summe von 265.050 Euro.

AfD: Hessischer Bauunternehmer spendete 265.050 Euro

Die Gründe für sein spendables Verhalten nennt Issmer auf Nachfrage gerne. „Ich fühle mich am meisten durch die AfD vertreten“, sagt er. „Sie steht für die Interessen des deutschen Volkes und die Ablehnung der Migrationspolitik.“ Er lehne zudem die Maßnahmen für Klimaschutz oder gegen das Coronavirus von „A bis Z“ ab. Dasselbe gelte für „diese Kriegshetze gegen Russland“. Denn es sei in Wahrheit doch so: „Die Hochfinanz der USA hat den Ukraine-Krieg angezettelt.“

Der untersetzte Mann mit Schnurrbart, der zumeist mit Hut auftritt, hat diese Ansichten schon an vielen Orten der Republik ventiliert. Auf Veranstaltungen von Pegida oder deren Ablegern attackierte er die Medien als „Lügenpresse“, sprach von „schwarz-rot-grünen Volksverrätern“ und beklagte die „öffentliche Hetze gegen Ungeimpfte“. Zuweilen vertrat er den Verein „Volksbewegung Patrioten für Deutschland“, auf deren stillgelegter Internet-Seite er im Impressum stand. Dort wurde erklärt, dass die Bundesregierung „das eigene Volk und die eigene Kultur abschaffen“ wolle.

Hartmut Issmer ist nach eigener Aussage „mehrfacher Millionär“. 265.000 Euro überwies er zuletzt der AfD – die größte Einzelspende überhaupt an eine Partei in Deutschland.
Hartmut Issmer ist nach eigener Aussage „mehrfacher Millionär“. 265.000 Euro überwies er zuletzt der AfD – die größte Einzelspende überhaupt an eine Partei in Deutschland. © picture alliance/dpa | Markus Scholz

Issmer hat Immobilien in Thüringen

Die Anklänge an die NS-Zeit sind ein Muster. Während einer Kundgebung in Berlin erklärte er, dass der „Sieg der Bolschewisten in Russland“ nur möglich gewesen sei, weil ihnen „die Rothschild-Bank in New York einen Kredit“ gewährt habe. Überhaupt habe die „internationale Hochfinanz bestens mit den Kommunisten kooperiert“. Der Begriff „Hochfinanz“ wurde im Nationalsozialismus genutzt, um jüdische Bankiers zu diffamieren und gilt heute als antisemitische Chiffre.

Inzwischen, sagt Issmer, sei er auch in die Partei eingetreten, daheim, im Main-Kinzig-Kreis. Aber er ist auch oft in Weimar, hier besitzt er gleich vier größere Immobilien. In einem Haus gab es eine Kneipe, wo er 2017 für die AfD einen Stammtisch ausrichten wollte. Doch es gab in dem eher linken Viertel lautstarke Proteste, Issmer berichtete auch über Anschläge mit Buttersäure. Es blieb beim einmaligen Versuch, zu dem aber immerhin eigens Björn Höcke anreiste.

AfD- Das sind die wichtigsten Politikerinnen und Politiker

Seit 2019 ist Tino Chrupalla Bundesvorsitzender – in seiner Partei Bundessprecher – der AfD.
Seit 2019 ist Tino Chrupalla Bundesvorsitzender – in seiner Partei Bundessprecher – der AfD. © Funke Foto Services | Sascha Fromm
Sie ist eines der wohl bekanntesten Gesichter der AfD: Bundessprecherin Alice Weidel.
Sie ist eines der wohl bekanntesten Gesichter der AfD: Bundessprecherin Alice Weidel. © FUNKE Foto Services | Reto Klar
Alexander Gauland ist heute Ehrenvorsitzender der AfD. Er ist Gründungsmitglied der Partei und war vorher in der CDU aktiv.
Alexander Gauland ist heute Ehrenvorsitzender der AfD. Er ist Gründungsmitglied der Partei und war vorher in der CDU aktiv. © Tobias SCHWARZ/AFP | Unbekannt
Björn Höcke ist Fraktionsvorsitzender der AfD im Landtag von Thüringen. Er gilt als rechtsextrem und wird vom Verfassungsschutz überwacht.
Björn Höcke ist Fraktionsvorsitzender der AfD im Landtag von Thüringen. Er gilt als rechtsextrem und wird vom Verfassungsschutz überwacht. © Thueringer Allgemeine | Sascha Fromm
Genau wie Höcke gilt auch Stephan Brandner, stellvertretender Bundessprecher der AfD, als Teil des völkisch-nationalistischen Flügels seiner Partei.
Genau wie Höcke gilt auch Stephan Brandner, stellvertretender Bundessprecher der AfD, als Teil des völkisch-nationalistischen Flügels seiner Partei. © FUNKE Foto Services | Zoltan Leskovar
Er führt die AfD als Spitzenkandidat in den Europawahlkampf: Maximilian Krah.
Er führt die AfD als Spitzenkandidat in den Europawahlkampf: Maximilian Krah. © Jens Schlueter/Getty Images | Unbekannt
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AfD-Großspender Issmer: „Engste Kontaktperson“ ist AfD-Vize Stephan Brandner

Issmer ist offenkundig stolz auf seine Verbindung zum Thüringer Landesparteichef. „Herr Höcke war in meinem Lokal in Weimar, ich kenne ihn persönlich gut“, sagt er. „Ich war schon vor meinem Eintritt in die AfD Besucher bei den ‚Flügel‘-Veranstaltungen.“ Seine „engste Kontaktperson“ sei aber Stephan Brandner, der stellvertretende Bundesvorsitzende.

Der Thüringer Bundestagsabgeordnete bestätigt, dass er Issmer schon vor Jahren in Weimar getroffen habe. Mit der Rhetorik des Unternehmers hat Brandner keine Probleme. „Wenn er von Umvolkung spricht, ist das nicht meine Wortwahl“, sagt er. „Aber ich verteile da keine Noten.“ Und ja, er habe sich darum gekümmert, dass Issmers Geld bei der Partei landete. „Er hatte mir gesagt, dass er eine größere Spende plant und ich habe den Kontakt zum Bundesschatzmeister hergestellt.“

Stephan Brandner, stellvertretender Bundesvorsitzender der AfD, hat sich nach eigener Aussage darum gekümmert, dass Issmers Geld bei der AfD landete.
Stephan Brandner, stellvertretender Bundesvorsitzender der AfD, hat sich nach eigener Aussage darum gekümmert, dass Issmers Geld bei der AfD landete. © Getty Images | Jens Schlueter

Die AfD hatte sich zuletzt immer wieder in Spendenaffären verstrickt

Die AfD hat in den zehn Jahren ihrer Existenz eine beachtliche Anzahl an Spendenaffären produziert. Im vergangenen Herbst wurde die Bundesparteizentrale durchsucht. Die Berliner Staatsanwaltschaft teilte danach mit, dass es in den Rechenschaftsberichten der Jahre 2016, 2017 und 2018 „mutmaßlich fehlerhafte Angaben hinsichtlich Parteispenden“ gegeben habe.

Im März dieses Jahres bestätigte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, dass die Partei 396.000 Euro Bußgeld zahlen muss, weil sie verbotenerweise anonyme Spenden aus der Schweiz angenommen habe. Im Zentrum des peinlichen Vorgangs stand AfD-Bundeschefin Alice Weidel.

Bei Issmer scheint alles seine rechtliche Ordnung zu haben. Er habe zuvor schon kleinere Summen an die AfD gespendet, sagt der Unternehmer. Und: „Ich beabsichtige, jetzt weiterhin mit größeren Beträgen dabei zu sein.“

Der Mann hat offenkundig Geld übrig. Bereits 2020 wollte er in Thüringen und Hessen eigene Radiostationen aufbauen, um gegen den „Mainstream“ anzusenden. Allerdings wurde ihm die nötigen Lizenzen verweigert, mit beiden Landesmedienanstalten befindet er sich deshalb im Rechtsstreit.

Kommentar: Totengräber der EU – Die AfD hält ihren rechtsextremen Kurs

EU-Listenwahl wird fortgesetzt

Ansonsten setzt Issmers AfD ihren Bundesparteitag in Magdeburg fort. Nachdem am vergangenen Wochenende unter einigen Turbulenzen die ersten 15 Plätze für die Europawahl im Juni 2024 gewählt wurden, stehen nun die Liste bis Platz 30 zur Abstimmung. Nach der jüngsten Insa-Umfrage für die EU kann die AfD mit 23 Prozent rechnen, das entspräche mehr als 20 Mandaten.

Nach der Listenwahl steht noch die Debatte über das Wahlprogramm an. Am stärksten wurde bislang über die darin enthaltene Forderung nach der „geordneten Auflösung der EU“ diskutiert. Die Parteiführung spricht von einem redaktionellen Versehen der Programmkommission und will den Satz streichen. Stattdessen sollten, wie Alice Weidel formulierte, „die Nationalstaaten innerhalb der EU gestärkt werden“.

Björn Höcke sieht dies deutlich anders. „Diese EU muss sterben, damit Europa leben kann“, sagte er, in Abwandlung einer nationalsozialistischen Durchhalteparole aus der Zeit nach der deutschen Niederlage in Stalingrad. Und Großspender Issmer stimmt ihm zu. Die EU sei „eine Katastrophe“, sagt er – und „sofort aufzulösen“.