Gewalttätige Übergriffe gegen Flüchtlinge halten an. Gauck: “Unsere Aufnahmefähigkeit ist begrenzt“. Alle Informationen im News-Ticker.
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60 Flüchtlinge gehen mit Stöcken aufeinander los
20.16 Uhr: In einer Notunterkunft im nordhessischen Calden im Landkreis Kassel ist es zu einer schweren Auseinandersetzung zwischen Flüchtlingen gekommen. Wie die Polizei mitteilte, gingen dort zwei Gruppen von Bewohnern aufeinander los. Offenbar handelte es sich dabei vorrangig um Albaner und Pakistani. Die 60 bis 70 Bewohner seien mit Stöcken aufeinander losgegangen. Es wurden mehrere Menschen verletzt. Der Grund für die Prügelei ist noch unklar, heißt es von der Polizei.
Gauck: "Unsere Aufnahmekapazität ist begrenzt"
19.30 Uhr: Zusammen mit Geistlichen aller Konfessionen hat Bundespräsident Joachim Gauck am Sonntag die Interkulturelle Woche eröffnet und dabei von Grenzen bei der Aufnahme von Flüchtlingen gesprochen. Bei einem Festakt in Mainz erklärte das Staatsoberhaupt, das Asylrecht sei zwar nicht nach Zahlen bemessen - aber "unsere Aufnahmekapazität ist begrenzt, auch wenn noch nicht ausgehandelt ist, wo diese Grenzen liegen." Nötig seien deshalb Analysen und eine breite gesellschaftliche Debatte darüber, wie eine humane Aufnahmepolitik auch in Zukunft gesichert werden könne.
Als eine der Herausforderungen nannte Gauck den Wohnungsbau. Es würden wohl weniger Neubauten fertig, als Menschen ankämen. "Wettbewerb um Wohnraum, besonders preiswerten Wohnraum, dürfte unvermeidlich sein." Aber Deutschland habe in seiner Geschichte auch wiederholt bewiesen, dass es Engpässe überwinden und materielle Herausforderungen meistern könne.
Der Bundespräsident warnte davor, dass unter den geflüchteten Menschen auch Fundamentalisten sein könnten, die Konflikte in ihrem eigenen Land in Deutschland weiterführen wollten. "Denen sage ich: Wir wollen in diesem Land keinen religiösen Fanatismus. Gotteskrieger müssen wissen: Der Rechtsstaat duldet keine Gewalt." Dies gelte auch für "rechtsradikale Brandstifter und Hetzer", die sich gegen die Aufnahme der Schutz suchenden Menschen stellten.
"Nun darf es nicht wieder dazu kommen dass in Europa neue Mauern und Grenzen errichtet werden", sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Der Drang, ein Land zu verlassen und ein anderes zu erreichen, könne so nicht aufgehalten werden.
Die Kirchen riefen zu persönlichen Begegnungen mit geflüchteten Menschen auf. Mitten im Flüchtlingsdrama zeige sich, wie wichtig das Anliegen der vor 40 Jahren gegründeten Interkulturellen Woche sei, sagte der Mainzer Kardinal Karl Lehmann. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, würdigte in einem ökumenischen Gottesdienst das Engagement der vielen Freiwilligen, aber auch der Polizei. Dies habe entscheidend dazu beigetragen, "dass wir bisher mit den großen Flüchtlingszahlen doch zurecht gekommen sind".
Berichte über Missbrauch in Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge
17.40 Uhr: In der hessischen Erstaufnahmeeinrichtung (HEAE) für Flüchtlinge in Gießen soll es sexuelle Übergriffe auf Frauen und Kinder gegeben haben. Das berichtet die Bild-Zeitung in ihrer Onlineausgabe vom Sonntag. Demnach sollen seit Januar diesen Jahres 15 Frauen und Kinder missbraucht worden sein. In einer Stellungnahme sprach das Innenministerium am Sonntag von vier Delikten in Gießen. Tatverdächtig sei ein Asylbewerber.
Landesweit liege die Zahl sexuell motivierter Delikter, "In denen Täter oder Opfer Asylbewerber waren, im untersten zweistelligen Bereich." Das Ministerium bezog sich dabei auf Informationen von Minister Peter Beuth (CDU) in einer öffentlichen Sitzung des Innenausschusses des Landtags. In der HEAE in Gießen leben mehrere tausend Menschen.
Länder sehen Beschlagnahme leerstehender Gebäude als letztes Mittel
16.50 Uhr: Die Unterkünfte für Flüchtlinge werden knapp, Kommunen suchen dringend nach Wohnungen. Auch Forderungen nach der Beschlagnahmung von Gebäuden werden laut. Allerdings ist die Maßnahme in vielen Bundesländern bislang kein Thema, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Als Drohkulisse wirkt das Thema aber durchaus. Und rechte Kreise versuchen, es für ihre Zwecke zu missbrauchen.
Dabei sind die Hürden für eine Beschlagnahmung hoch. Wenn es gar keine andere Möglichkeit gibt, dürfen die Behörden auf Basis des jeweiligen Landesordnungs- oder Sicherheitsgesetzes vorübergehend Gebäude beschlagnahmen. Fehle eine Unterkunft für die Schutzsuchenden, so liege darin eine Gefahr für Leib, Leben und Gesundheit der Betroffenen, erklärte der Jurist Winfried Kluth unlängst in einem Kommentar für das auf Deutsch erscheinende juristische Onlinemagazin „Legal Tribune Online“. Zwar seien die Eigentümer der leerstehenden Wohnungen oder Hotelzimmer nicht für die Entstehung der Gefahr verantwortlich. Sie könnten jedoch auf der Grundlage der Regelungen zum polizeilichen Notstand in Anspruch genommen werden. Das sei aber eine „Ultima Ratio“.
Im nordrhein-westfälischen Olpe wurde für die Unterbringung von Flüchtlingen bereits im vergangenen Februar eine Familienferienstätte beschlagnahmt. Allerdings ging es dabei vor allem darum, die Unterbringung zu beschleunigen. Denn es hatte zuvor bereits Verhandlungen über einen Verkauf gegeben.
Im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg läuft derzeit eine Debatte über die Beschlagnahmung von Wohnungen, von denen angenommen wird, dass sie aus Spekulationsgründen nicht vermietet werden. Die Grünen, die in dem Bezirk die Bürgermeisterin stellen, berufen sich bei den Plänen auf das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) in Berlin. Es sehe vor, dass zur Abwehr von Obdachlosigkeit auch Privatwohnungen sichergestellt werden könnten. In Hamburg will der rot-grüne Senat Gewerbeimmobilien beschlagnahmen, um eine Unterbringung von Flüchtlingen in Zelten möglichst zu vermeiden. Dazu ist eine Gesetzesänderung geplant - um gegen den Willen der Eigentümer einen direkten Zugriff auf leerstehende Gebäude zu bekommen.
In anderen Bundesländern wird ein solcher Schritt kritisch gesehen - auch von sozialdemokratischer Seite. Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) etwa lehnt es ab. „Das ist Enteignung“, meint er. Sachsen, Sachsen-Anhalt, Hessen und Bayern planen ebenfalls nichts in der Hinsicht.Auch Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) hatte solchen Überlegungen eine Absage erteilt. Er sehe noch eine Menge andere Möglichkeiten, die vorher ergriffen werden könnten, erklärte er kürzlich. Eine Beschlagnahmung dürfe nur als letztes Mittel angesehen werden. Die Gerichte hätten für ein solches Vorgehen hohe Hürden angesetzt. Zunächst müssten Container aufgestellt oder Plätze in Pensionen und Hotels angemietet werden.
In Niedersachsen teilte ein Sprecher des Innenministeriums mit, man habe zwar die Voraussetzungen für solche Schritte geprüft. Es gebe aber keine konkrete Planungen. In Thüringen wurden solche Zwangsmaßnahmen noch nicht erörtert. In Sachsen wurden Forderungen der Linken nach Beschlagnahmungen laut. Nach Angaben eines Sprechers der Landesdirektion gibt es dazu aber keine Überlegungen.
Allerdings versuchen rechte Gruppen dort offensichtlich, Profit aus dem sensiblen Thema zu schlagen: In Dresden tauchte in dieser Woche ein gefälschtes Flugblatt auf. Darauf werden Einwohner gebeten, dem Sozialamt Angaben zu ihrer Wohnungsgröße zu machen, damit die Stadt dort Flüchtlinge einquartieren kann. Das Schreiben trug das Logo der sächsischen Landeshauptstadt und die gefälschte Unterschrift einer Mitarbeiterin. Die rechte Gesinnung wurde schon an der Wortwahl deutlich: In dem Schreiben ist von zugewiesenen „Aussiedlern und jüdischen Emigranten“ die Rede. Die Stadt distanzierte sich.
In Brandenburg gab es einen ähnlichen Fall: Dort landete ein gefälschter Brief des Landratsamtes Oberhavel in Briefkästen, der Einwohner über eine Zwangsaufnahme von Flüchtlingen in ihren Wohnungen informieren sollte. Wer mehr als 12 Quadratmeter Wohnraum zur Verfügung habe, solle dies melden. Landrat Ludger Weskamp rief die Bürger dazu auf, sich von den Fehlinformationen nicht verunsichern zu lassen.
Heidenau: Jugendliche schlagen auf Asylsuchende ein
16.20 Uhr: Im sächsischen Heidenau ist es am Samstagabend zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen deutschen Jugendlichen und Asylsuchenden gekommen. Dabei wurden vier Asylsuchende aus Pakistan von mehreren Jugendlichen mit Bierfalschen geschlagen, wie die Polizei am Sonntag mitteilte. Zunächst hatte die Polizei die fremdenfeindliche Attacke mehrfach dementiert. Am Sonntagnachmittag bestätigte sie den Vorfall.
Erst Ende August hatte das sächsische Heidenau bundesweit Schlagzeilen gemacht: Zahlreiche Rechtsextreme hatten gegen die Einrichtung einer Erstaufnahmeeinrichtung in dem Ort bei Dresden protestiert. Bei den gewalttätigen Protesten wurden rund 30 Polizisten verletzt. Vertreter der Bundesregierung hatten die Angriffe auf die Beamten scharf verurteilt.
Bei der Attacke am Samstag wurden zwei der vier pakistanischen Staatsangehörigen im Alter von 24 und 33 Jahren verletzt. Sie erlitten Kopfplatz- und Schürfwunden, die ambulant behandelt werden mussten. Die Jugendlichen flüchteten unerkannt, die Fahndung nach den Schlägern verlief bislang ohne Erfolg, teilte die Polizei weiter mit.
Willkommens-Picknick für Geflüchtete auf dem Tempelhofer Feld
15.23 Uhr: Hunderte Flüchtlinge und Berliner Einwohner haben sich in Neukölln zu einem gemeinsamen Picknick getroffen. Etwa 800 Menschen seien zum Tempelhofer Feld gekommen, überwiegend Geflüchtete, sagte eine Organisatorin am Sonntagnachmittag. Freiwillige Helfer hätten im Vorfeld in den Unterkünften der Geflüchteten Werbung für das Picknick gemacht und die Menschen am Sonntag auch abgeholt.
Es habe Chilli, gespendete Backwaren und Kuchen zu essen gegeben. Live-Musik kam unter anderem von einer Rap-Gruppe geflüchteter Menschen. Das Aktionsbündnis „Schön, dass ihr da seid!“ hatte die Veranstaltung mit mehreren Dutzend Helfern organisiert. Man wolle längerfristig helfen, hieß es.
Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte nehmen kein Ende
13.33 Uhr: Am Wochenende kam es erneut an verschiedenen Orten zu Randale und teils gewalttätigen Protesten gegen Asylbewerber. Nach Angaben von Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat es in diesem Jahr bislang 22 Brandanschläge auf Asylbewerberheime gegeben.
In der Nacht zum Sonnabend versuchten im sächsischen Niederau vor einer noch leeren Flüchtlingsunterkunft laut Polizei rund 20 teils angetrunkene Demonstranten, einen Bauzaun um das Gelände umzustoßen. Das sei ihnen aber nicht gelungen. Schon am Abend hatten sich etwa 200 Gegner des Heims, darunter auch offenkundig Rechtsradikale, eingefunden. Helfer, die Feldbetten aufbauten, wurden beschimpft, eine Zufahrt zu dem Gelände zwischenzeitlich mit Autos blockiert.
Fähren bringen Tausende Flüchtlinge nach Piräus
13.24 Uhr: Knapp 4000 Flüchtlinge haben am Sonntag das griechische Festland erreicht. Fähren brachten die Menschen von der Ägäis-Insel Lesbos nach Piräus, wie das staatliche Fernsehen (ERT) berichtete. Befragt von Reportern wohin sie wollen, nannten die Flüchtlinge fast einstimmig Westeuropa als ihr Ziel.
Dutzende Busse fahren täglich von Athen sowie der Hafenstadt Thessaloniki an die griechisch-mazedonische Grenze nach Idomeni. Dort lässt die Polizei die Menschen mittlerweile in kleineren Gruppen in 20-Minuten-Intervallen ins Land. In den vergangenen Wochen waren Polizisten noch brutal gegen Flüchtlinge vorgegangen. Von der mazedonischen Kleinstadt Gevgelija aus fahren täglich Züge weiter nach Serbien.
17 Flüchtlinge ertrinken vor der türkischen Küste
12.19 Uhr: Vor der türkischen Küste sind nach Informationen der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu am Sonntag 17 Flüchtlinge ertrunken. Deren Boot sei bei der Überfahrt zur griechischen Insel Kos gesunken, meldete Anadolu unter Berufung auf den zuständigen Gouverneur Amir Cicek. 20 Insassen hätten gerettet werden können. Auf dem Weg nach Kos war kürzlich auch der Flüchtlingsjunge Aylan ums Leben gekommen. Die Bilder des toten Dreijährigen hatten weltweit Entsetzen ausgelöst.
Nach Informationen der Internationalen Organisation für Migration sind in Griechenland bisher rund 300.000 Flüchtlinge, darunter viele Syrer, angekommen. Die meisten von ihnen starteten ihre gefährliche Überfahrt an der türkischen Ägäisküste. Laut dem türkischen Vize-Ministerpräsidenten Numan Kurtulmus hat die Küstenwache mehr als 53.000 Flüchtlinge retten können. Allerdings starben in türkischen Gewässern auch schon 274 Menschen.
Erste Flüchtlinge treffen in Schloss Salzau ein
11.00 Uhr: Das Schloss Salzau (Kreis Plön) dient nun als Flüchtlingsunterkunft. 170 Menschen seien dort am Samstagabend eingezogen, teilte das Landespolizeiamt Schleswig-Holstein mit. Das seit Jahren leerstehende Schloss biete Platz für 300 Menschen. Den geplanten Verkauf der Immobilie hatte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) zuvor gestoppt, um das Schloss als Flüchtlingsunterkunft zu nutzen. Auch in Wentorf bei Hamburg wurde eine neue Flüchtlingsunterkunft in Betrieb genommen. Dort bezogen am Sonnabend demnach mehr als 200 Menschen Quartier.
Versuchter Brandanschlag auf geplante Flüchtlingsunterkunft
10.50 Uhr: Die Polizei in Bremen ermittelt nach einem versuchten Brandanschlag auf ein Zelt, in dem von Oktober an Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Menschen wurden dabei nicht verletzt. Auch der Sachschaden sei eher als gering einzustufen, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag.
Unbekannte hatten versucht, die Seitenwand eines Zeltes im Stadtteil Blumenthal von außen mit Brandbeschleunigern zu entzünden. Das Feuer sei aber wohl von alleine wieder ausgegangen, sagte ein Polizeisprecher. Wer es gelegt hatte, konnte zunächst nicht ermittelt werden.
Mitte Oktober sollen Flüchtlinge die Zeltunterkunft beziehen. An diesem Plan werde festgehalten, hieß es. Die Gegend werde nach dem am Samstag entdeckten Vorfall nun aber stärker kontrolliert. Für den Bereich Bremen-Nord habe die Polizei neue Schutzstreifen angeordnet, sagte Polizeisprecher Dirk Siemering.
Regierung: Keine Steuererhöhungen wegen Flüchtlingen
8.20 Uhr: Trotz der starken Belastung des Haushalts durch den starken Zustrom an Migranten schließt die Bundesregierung eine Erhöhung von Steuern und Abgaben aus. „Wir haben den Wählern versprochen, dass es keine Steuererhöhungen oder andere Abgabenerhöhungen geben wird“, sagte Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) sagte dem „Tagesspiegel am Sonntag“. Dieses Versprechen werde eingehalten.
Hunderte Menschen zu „Refugees welcome - wie weiter?“ erwartet
8.15 Uhr: Mehrere Hundert Menschen wollen am Sonntag (15.00 Uhr) in Hamburg zusammenkommen und überlegen, wie Flüchtlingshilfe besser umgesetzt werden kann. Zu dem Treffen im Ballsaal Süd des Millerntor-Stadions des Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli haben verschiedene Initiativen unter dem Motto „Refugees welcome - wie weiter?“ aufgerufen. Bei Facebook hatten bis Freitagnachmittag mehr als 900 Menschen ihr Kommen angekündigt. Zu einer ähnlichen Veranstaltung waren bereits Ende August mehr als 1000 Menschen im Millentor-Stadion erschienen.
Fehlende Flüchtlingsunterkünfte: Beschlagnahmungen kein Thema
6.20 Uhr: Die Unterkünfte für Flüchtlinge werden knapp, Kommunen suchen händeringend nach Wohnungen. Auch Forderungen nach der Beschlagnahmung von Gebäuden werden laut. Allerdings ist die Maßnahme in vielen Bundesländern bislang kein Thema, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.
Wenn es gar keine andere Möglichkeit gibt, dürfen die Behörden auf Basis des jeweiligen Landesordnungs- oder Sicherheitsgesetzes vorübergehend Gebäude beschlagnahmen. In Hamburg will der rot-grüne Senat Gewerbeimmobilien beschlagnahmen, um eine Unterbringung von Flüchtlingen in Zelten möglichst zu vermeiden. Dazu ist eine Gesetzesänderung geplant - um gegen den Willen der Eigentümer einen direkten Zugriff auf leerstehende Gebäude zu bekommen.
In anderen Bundesländern wird ein solcher Schritt kritisch gesehen. Der Innenminister von Rheinland-Pfalz, Roger Lewentz (SPD), etwa lehnt es ab. Sachsen, Sachsen-Anhalt, Hessen, Niedersachsen, Thüringen und Bayern planen derzeit ebenfalls keine derartigen Zwangsmaßnahmen.
Bericht: Zehntausende Afghanen auf dem Weg nach Europa
6.00 Uhr: Experten erwarten einem Bericht der „Welt am Sonntag“ zufolge in Deutschland weiter steigende Asylbewerberzahlen aus Afghanistan. Derzeit verließen monatlich bis zu 100.000 Afghanen ihr Heimatland, berichtet die Zeitung unter Berufung auf Sicherheitskreise. Der Chef der Afghanistan-Mission der Internationalen Organisation für Migration (IOM), Richard Danziger, sagte der Zeitung, dass in diesem Jahr bisher rund 70.000 Afghanen in Europa angekommen seien. Während es Arbeitsmigranten vor allem in den Iran, nach Pakistan oder in die Arabischen Emirate ziehe, flöhen Zehntausende weiter nach Europa und dort oftmals nach Deutschland.
Deutsche Sicherheitsbeamte führten die steigende Flüchtlingszahl aus Afghanistan insbesondere auf eine Entscheidung der Regierung in Kabul zurück, berichtet die Zeitung. Diese habe Anfang des Jahres begonnen, elektronisch lesbare Pässe auszugeben, mit denen eine Ausreise in den Iran möglich sei. Die Nachfrage sei enorm. „Wir haben nicht genug Beamte und technische Möglichkeiten, um rechtzeitig zu liefern“, sagte der Leiter der afghanischen Passbehörde, Sayed Omar Saboor.
Nach Angaben aus deutschen Sicherheitskreisen habe sich die Zahl der Flüchtlinge aus Afghanistan zudem erhöht, nachdem die Bundesregierung im August ihre Asylbewerberprognose für 2015 auf insgesamt 800.000 erhöht hatte. Vor Ort in Afghanistan sollen Schleuser daraufhin das Gerücht gestreut haben, dass die Bundesrepublik über diese Zahl hinaus keine Flüchtlinge mehr aufnehmen werde. Die Folge sei eine massenhafte plötzliche Ausreise gewesen. In Deutschland kamen zuletzt etwa elf Prozent der neu eingetroffenen Flüchtlinge aus Afghanistan.