Der Bundespräsident geleitete die Witwe seines verstorbenen Amtsvorgängers Richard von Weizsäcker zur Trauerfeier in den Berliner Dom. Auch die Alt-Bundespräsidenten Wulff, Köhler und Herzog trauern.
Berlin. Sie verneigen sich alle vor ihm, vor seinem Sarg und symbolisch in ihren Trauerreden. Beim Staatsakt für das frühere Staatsoberhaupt Richard von Weizsäcker am Mittwoch wird in jeder Würdigung spürbar, dass dies weit mehr als die erwartbare Geste ist: Die deutsche Staats- und Regierungsspitze verbeugt sich in tiefem Respekt vor einem ihrer ganz Großen.
Bundespräsident Joachim Gauck nennt von Weizsäcker einen „großen Bundespräsidenten“. Drei weitere seiner Amtsnachfolger erweisen ihm die letzte Ehre: Die ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog, Horst Köhler und Christian Wulff sind in den Berliner Dom gekommen. Von Weizsäcker war am 31. Januar im Alter von 94 Jahren gestorben.
Das Protokoll ist gewaltig – die Anordnung eines Staatsaktes auf Geheiß des Bundespräsidenten wird nur wenigen hochrangigen Politikern zuteil. Zum festlichen Rahmen gehören Wappen- und Fahnen-Dekor, ein militärisches Abschiedszeremoniell, geladene Gäste und die Rede des Staatsoberhauptes.
So wurde am 7. Februar 2006 auch der ehemalige Bundespräsident Johannes Rau mit einem Staatsakt im Berliner Dom verabschiedet. Auch die frühere Präsidentin des Deutschen Bundestags, Annemarie Renger, wurde im März 2008 mit einem Staatsakt gewürdigt.
Gauck geleitet Weizsäcker-Witwe
Es ist still im großen Berliner Dom, als Gauck die Witwe Marianne von Weizsäcker (82) in die Kirche geleitet. Er nimmt in der ersten Reihe neben ihr und den drei Kindern Robert, Beatrice und Fritz Platz. Vor dem Altar steht der Sarg unter einer Fahne mit dem Bundesadler auf einem Katafalk, davor liegt nur der große Kranz der Familie mit roten, orangen und weißen Rosen. Ansonsten schmücken nur vier weitere große Blumensträuße aus weißen Rosen, Lilien und Chrysanthemen den Altarraum.
Richard von Weizsäcker habe für all das gestanden, was die Deutschen sich von ihrem Staatsoberhaupt gewünscht hätten – Souveränität, einen unabhängigen Geist, Mut zur Wahrhaftigkeit, Gelassenheit und Aussöhnung mit den Nachbarn, sagt Gauck. „Wie nur wenige hat er für unser Land weltweit Achtung und Sympathie erworben.“ Die Grünen-Vizepräsidentin des Bundestags, Antje Vollmer, nennt Weizsäcker „einen Glücksfall der Geschichte“.
Auch Prinzessin Beatrix und Schröder trauern
Rund 1400 Gäste aus dem In- und Ausland verfolgen die Trauerfeier. Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundestagspräsident Norbert Lammert, fast das gesamte Bundeskabinett, viele Ministerpräsidenten der Länder und Abgeordnete nehmen auf den Kirchenbänken Platz. Aus dem Ausland sind Prinzessin Beatrix der Niederlande, der österreichische Präsident Heinz Fischer, der Herzog von Kent und der frühere polnische Staatspräsident Lech Walesa angereist. Auch Altkanzler Gerhard Schröder ist unter den Gästen.
Auf Wunsch der Familie wurde der Staatsakt durch einen Tauergottesdienst eingeleitet, um die große Verbundenheit von Weizsäckers mit der Evangelischen Kirche zu unterstreichen. Er war 16 Jahre Mitglied des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. Der Berliner Altbischof Martin Kruse erinnert an dessen tiefe Verwurzelung in seinem Glauben, der ihm Kraft gegeben habe.
Nach zwei Stunden berührenden Abschieds senkt sich wieder Stille im Dom. Soldaten aller Waffengattungen der Bundeswehr heben den Sarg vom Katafalk und tragen ihn nach draußen. Bundespräsident Gauck führt die Witwe Marianne dahinter die Freitreppe hinab. Vor dem Dom spielt das Stabsmusikkorps den Trauerchoral „Jesu meine Zuversicht“ und dann die Nationalhymne. Gemessenen Schrittes wird der Sarg an einer Ehrenformation der Bundeswehr vorbei zum Wagen getragen. Die Staats- und Regierungsspitze gibt Richard von Weizsäcker das letzte Geleit. Im engsten Familienkreis wird er auf dem Waldfriedhof in Dahlem beigesetzt.