Es sollen inzwischen mehrere zehntausend Islamisten sein, die in Syrien und im Irak für die Errichtung eines Gottesstaats kämpfen. Am Wochenende ging die IS-Terrormiliz in die Offensive.
Bagdad/Damaskus. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) setzt ihren Angriffskrieg im Irak und in Syrien unbeirrt fort – trotz inzwischen fast 100 US-Luftangriffen. Nach heftigen Gefechten mit Hunderten Toten eroberten die Extremisten am Sonntag im Osten Syriens den strategisch wichtigen Militärflughafen Al-Tabka, die letzte Bastion der Truppen von Präsident Baschar al-Assad in der Provinz Al-Rakka, wie die Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete. Im Irak versuchten die Dschihadisten, die Erdölraffinerie Baidschi nördlich von Bagdad einzunehmen. Die Regierungsarmee konnte den Großangriff nach eigenen Angaben aber abwehren.
Nach Angaben der Menschenrechtsbeobachter starben bei den Gefechten um den Flughafen in Syrien mindestens 500 Menschen, darunter mindestens 346 Extremisten. Hunderte weitere seien verletzt worden. Zudem seien mehr als 170 Soldaten der syrischen Armee getötet worden. Die Terrorgruppe habe zudem mindestens 150 Soldaten in der Nähe des Flughafen eingekesselt, sie seien wahrscheinlich in Gefangenschaft geraten.
Sollte die IS-Miliz den Militärflughafen unter ihrer Kontrolle behalten, könnte sie die Region unbehelligt beherrschen – ein herber Rückschlag für die Regierung in Damaskus. Die Extremisten dominieren ohnehin im Osten und Norden Syriens bereits ein Drittel des Landes, und ebenso große Teile im Norden und Westen des Iraks.
Seit Wochen versuchen die Dschihadisten – deren Stärke Beobachter inzwischen auf mehrere zehntausend Kämpfer schätzen – die Raffinerie Baidschi einzunehmen. Bei heftigen Kämpfen um die Anlage seien 30 Extremisten umgekommen, berichteten Sicherheitskräfte am Sonntag. Die Extremisten hätten die Anlage aus allen Richtungen attackiert, meldete die Nachrichtenseite Al-Mada. Sieben Selbstmordattentäter hätten sich dabei in die Luft gesprengt. Die irakische Armee erhielt demnach Unterstützung von Kampfflugzeugen.
Deutsche Geisel von IS-Terrormiliz freigelassen
Britische Geheimdienste identifizierten laut „Sunday Times“ den Mörder des enthaupteten US-Journalisten James Foley. Es soll sich um einen 23-Jährigen aus London handeln, berichtete das Blatt aus Regierungskreisen. Foley war im November 2012 in Syrien verschwunden, der IS enthauptete ihn als Rache für die US-Luftangriffe im Nordirak.
Ein 27-jähriger Deutscher kam hingegen laut „Welt am Sonntag“ nach rund einem Jahr aus der Geiselhaft der IS-Terrormiliz in Syrien frei. Der Mann aus Brandenburg soll im Juni für eine „substanzielle Gegenleistung“ freigelassen worden sein, meldete das Blatt unter Berufung auf Sicherheitskreise. Das Auswärtige Amt wollte dies weder bestätigen noch dementieren. Der Mann war laut „WamS“ naiv in das Bürgerkriegsland gereist, um als humanitärer Helfer aktiv zu werden.
Auch ein amerikanischer Journalist wurde am Sonntag nach fast zwei Jahren Geiselhaft in Syrien freigelassen. Peter Theo Curtis war nach Angaben von US-Außenminister John Kerry Gefangener der mit der Terrororganisation Al Kaida verbundenen Al-Nusra-Front. Laut „New York Times“ wurde der freiberufliche Reporter aus Boston im Oktober 2012 nahe der syrisch-türkischen Grenze entführt. Er war demnach zunächst längere Zeit zusammen mit dem US-Fotojournalisten Matthew Schrier eingesperrt. Schrier gelang im Juli 2013 die Flucht.
Dem Blatt zufolge sind vermutlich mindestens drei weitere US-Bürger Geiseln der IS-Miliz – zwei Männer und eine Frau. IS und die Al-Nusra-Front nutzen systematisch westliche Geiseln, um hohe Lösegeldzahlungen zu erpressen.
Nach dem verheerenden Angriff auf eine sunnitische Moschee mit Dutzenden Toten am Freitag durchlitt der Irak ein blutiges Wochenende: Bei mehreren Bombenanschlägen starben mehr als 30 Menschen.
Selbstmordattentäter in Kirkuk aus Deutschland?
Allein bei drei Attentaten in der nordirakischen Stadt Kirkuk kamen am Samstag mindestens 23 Menschen um, 127 wurden verletzt, wie Augenzeugen berichteten. Unter den Toten waren demnach auch Kämpfer der kurdischen Peschmerga-Einheiten, die im Kampf gegen die IS-Dschihadisten stehen. Zwei der Selbstmordattentäter in Kirkuk stammen angeblich aus Deutschland. Die beiden hätten sich mit Autobomben in die Luft gesprengt, heißt in einer Erklärung des IS, die am Sonntag im Internet verbreitet wurde. Demnach trugen sie die Kampfnamen Abu Jassir al-Almani und Abu Ibrahim al-Almani. Es ließ sich zunächst nicht überprüfen, ob die Erklärung authentisch ist.
Die kurdischen Peschmerga hatten Mitte Juni die Kontrolle in Kirkuk übernommen, nachdem die irakische Armee vor dem IS geflohen war. Die ölreiche Stadt gehört zwar nicht zu den kurdischen Autonomiegebieten, wird aber von den Kurden beansprucht.
Die neue Welle der Gewalt kam nur einen Tag nach der blutigen Attacke auf eine sunnitische Moschee in dem Dorf Imam Wais nordöstlich von Bagdad. Bewaffnete hatten dort am Freitag eine Moschee gestürmt und mindestens 73 Gläubige erschossen. Laut dem Nachrichtensender Al-Arabija waren die Täter schiitische Milizionäre. Das Staatsfernsehen berichtete hingegen, IS stecke dahinter.
Die Vereinten Nationen warnten vor einem Massaker an der überwiegend schiitischen Bevölkerung in der nordirakischen Kleinstadt Amerli. Die IS-Dschihadisten belagerten den Ort seit fast zwei Monaten, die Lieferwege für Wasser und Lebensmittel seien versperrt, sagte der UN-Sondergesandte für den Irak, Nikolai Mladenow. Die Lage erfordere ein sofortiges Eingreifen.