Eigentlich halten die höchsten Richter den unbegrenzten Ankauf von Staatsanleihen für verfassungswidrig. Aber den Streit um die Europäische Zentralbank (EZB9 haben sie weitergeleitet.
Karlsruhe. Die höchsten deutschen Richter halten die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) bei den Anleihekäufen offenbar für fragwürdig. Aber so richtig urteilswillig sind sie nicht. Denn das Bundesverfassungsgericht hat den Streit um den Ankauf maroder Staatsanleihen durch die EZB dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung vorgelegt. Es sprächen „gewichtige Gründe“ dafür, dass das sogenannte OMT-Programm zum unbegrenzten Ankauf solcher Anleihen die souveränen Rechte der EU-Mitgliedstaaten verletzt, erklärte das Gericht am Freitag in Karlsruhe.
Das Gericht ist wegen dieser Einschätzung verpflichtet, den Fall dem EuGH vorzulegen, da die EZB als EU-Organ nur der Rechtsprechung des Luxemburger Gerichts unterliegt. Damit geben die Richter einen Teil ihrer Kompetenzen nach Luxemburg ab.
Die Karlsruher Richter haben den Dax vor dem Wochenende nur kurz von seinem Erholungskurs abgebracht. Der Dax drehte am Freitag nur kurz ins Minus. Gegen Mittag stand der Index wieder 0,33 Prozent höher bei 9286 Punkten. Für den MDax ging es um 0,22 Prozent auf 16.365 Punkte nach oben und der TecDax rückte um 0,43 Prozent auf 1226 Punkte vor. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 stieg um 0,11 Prozent.
Von Händlerseite wird es für unwahrscheinlich gehalten, dass wichtige Teile der EZB-Strategie gegen die Schuldenkrise gekippt werden. Dass das EuGH angerufen werde, komme etwas überraschend, müsse aber nicht unbedingt nachteilig sein.
Die Richter sind mehrheitlich der Auffassung, dass das Programm durchaus mit Einschränkungen aufrecht erhalten werden. Im OMT-Ankaufprogramm der EZB ist bislang zwar noch kein Cent geflossen. Aber allein dessen Ankündigung durch EZB-Präsident Mario Draghi im September 2012 hatte zur Beruhigung der Finanzmärkte und zu sinkenden Zinsen für spanische und italienische Staatsanleihen geführt.
Das Programm könnte bei einem großen Ankauf maroder Staatsanleihen nach Ansicht der Verfassungshüter „zu einer erheblichen Umverteilung von Geldern zwischen den Mitgliedstaaten führen und damit Züge eines Finanzausgleichs annehmen“.
Dies sei aber in den europäischen Verträgen „nicht vorgesehen“. Den Verträgen zufolge sei die EZB „nicht zu einer eigenständigen Wirtschaftspolitik ermächtigt, sondern darauf beschränkt, die Wirtschaftspolitik der Union zu unterstützen“.