Angesichts massiver Kritik lässt Limburger Bischof den Papst über sein Schicksal entscheiden. In den nächsten Tagen will Tebartz-van Elst nach Rom reisen. Kämpft er – oder bietet er Amtsverzicht an?
Limburg/Berlin. Der heftig umstrittene Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst legt seine Zukunft im Bistum Limburg in die Hände von Papst Franziskus. „Der Bischof ist betroffen über die Eskalation der aktuellen Diskussion. Er sieht und bedauert, dass viele Gläubige im Bistum und darüber hinaus unter der gegenwärtigen Situation leiden“, hieß es in einem Schreiben des Bistums vom Samstag. Es sei für den Bischof selbstverständlich, „dass die Entscheidung über seinen bischöflichen Dienst in Limburg in den Händen des Heiligen Vaters liegt, von dem er in die Diözese gesandt wurde“.
Ein Bistumssprecher betonte am Abend, dies sei kein Angebot zum Rücktritt des Bischofs, sondern eine „neutrale Aussage“. Der Bischof wolle im Vatikan die Situation darstellen. „Daraus wird eine Entscheidung entstehen“, betonte der Sprecher. Ein Bischof der römisch-katholischen Kirche kann nicht selbst zurücktreten, laut Kirchenrecht kann er dem Papst aber seinen Amtsverzicht anbieten. Tebartz-van Elst wird Verschwendung vorgeworfen, zudem hat die Hamburger Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl wegen falscher Versicherung an Eides Statt beantragt.
Angesichts des massiven öffentlichen Drucks wegen seiner Amtsführung reise Tebartz-van Elst „im Laufe der Woche“ nach Rom, sagte sein Sprecher. Wann genau dies geschehe, sei ihm nicht bekannt. Zuvor hatte es ein Verwirrspiel um die erwartete Vatikan-Reise gegeben. Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (FAS) berichtete vorab, der Bischof fliege bereits am Samstag nach Rom. Dies dementierte sein Sprecher nicht. Am Flughafen warteten Journalisten zund Kamerateams dann aber vergeblich.
Mit der Rom-Reise am Samstag wolle der Limburger Bischof dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, zuvorkommen, hieß es in dem Zeitungsbericht. Zollitsch reist an diesem Montag nach Rom, wo er im Vatikan zunächst Gespräche mit der Kurie führen will. Voraussichtlich am Donnerstag möchte er dann mit Papst Franziskus über die Situation im Bistum Limburg sprechen.
Unterdessen berichtet die „Welt am Sonntag“, die Umbauten am Limburger Bischofssitz würden noch einmal deutlich teurer – die Gesamtkosten könnten auf bis zu 40 Millionen Euro steigen. Die Limburger Stadtverwaltung rechne zusätzlich zu den veranschlagten 31 Millionen Euro für den Bischofssitz mit Folgekosten in Millionenhöhe, wegen Schäden in der direkten Umgebung der Residenz, die durch die Baumaßnahmen entstanden sind. Bistumssprecher Martin Wind bestätigte, dass solche Kosten auf den Bischöflichen Stuhl zukommen. „Diese Rechnungen werden dann selbstverständlich beglichen.“
Irritationen gab es am Samstag um die Haltung des Kölner Kardinals Joachim Meisner zu Tebartz-van Elst: Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ schrieb, Meisner habe dem Limburger Bischof seine Unterstützung entzogen. Meisners Sprechers Christoph Heckeley indes sagte am Samstag der Nachrichtenagentur dpa: „Der Kardinal beobachtet weiterhin die Vorgänge sehr aufmerksam, und das lässt ihn auch nicht unberührt.“ Meisner sehe, dass durch den von der Staatsanwaltschaft beantragten Strafbefehl „eine neue Lage“ eingetreten sei. „Ich weiß aber nicht, wie die FAS zu ihrem Schluss kommt, dass sich der Kardinal vom Bischof distanziert habe“, betonte Heckeley. Vielmehr gelte es nun, die Ergebnisse der geplanten Rom-Reise abzuwarten.
Der Präfekt der Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, sprang Tebartz-van Elst zur Seite. Es handele sich bei den Vorwürfen um eine „Erfindung von Journalisten“ und eine „Medienkampagne“, sagte Müller dem Bericht zufolge bei einer Messe am Freitagabend in Rom. Zollitsch indes hält die Lage für untragbar. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz hat sich öffentlich vom Gebaren des Limburger Bischofs distanziert.
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, hält einen Verbleib von Tebartz-van Elst im Amt inzwischen für unwahrscheinlich. „Viele in der Kirche, auch viele seiner bischöflichen Amtsbrüder, erwarten einen Rückzug“, sagte Glück der Zeitung „Die Welt“ (Samstag). Aber sehr viele befürchteten, dass der Bischof nicht zu dieser Einsicht kommen werde: „Am Ende wird wohl Rom die Entscheidung treffen.“ Die katholische Kirche in Deutschland müsse „von der Last dieser schon so lang schwelenden Affäre möglichst rasch befreit werden“, sagte Glück.
Der Kirchenkritiker und Theologe Eugen Drewermann nahm Tebartz-van Elst in Schutz und warf Kritikern Scheinheiligkeit vor. „Ich finde es nicht richtig, dass ein Mann, der mit dem Rücken zur Wand steht, skandalisiert wird für ein Problem, das nicht personell, sondern strukturell ist“, sagte Drewermann der „Neuen Westfälischen“. Die katholische Kirche habe enorme Rücklagen und sei der größte Großgrundbesitzer in Deutschland. „Das ist der eigentliche Skandal, nicht der Limburger Bischof.“ In Köln und München lebten die Bischöfe auf größerem Fuß als in Limburg.
Viele Gläubige wenden sich ab: Das Limburger Amtsgericht registrierte vergangene Woche einen sprunghaften Anstieg der Kirchenaustritte im Bistum. An diesem Sonntag wollen sich enttäuschte Katholiken auf dem Limburger Domplatz versammeln, um über einen Neuanfang im Bistum zu sprechen. „Es muss einfach mal ein Forum gegeben werden für die Gläubigen“, sagte Pastoralreferent Joachim Schaefer von der katholischen Domkirchengemeinde Wetzlar.