Auch für 120.000 Muslime in Hamburg beginnt der Fastenmonat. In Ägypten soll der Ramadan die Muslimbrüder beruhigen, in Syrien ignoriert das Militär den Fastenmonat.
Kairo/Hamburg. Etwa 120.000 Muslime gibt es in Hamburg, in Berlin sind es mehr als doppelt so viele, in Deutschland zwischen zwei und vier Millionen. Wie viele es genau sind, lässt sich nach Auskünften von Statistikämtern und islamischen Organisationen nur schätzen. Denn Muslime sind zu keiner offiziellen Registrierung verpflichtet. Doch für sie und für 1,3 Milliarden Muslime weltweit beginnt bereits an diesem Dienstag der Ramadan, der Fastenmonat. Er dauert bis zum 8. August.
Wie Medien in Kairo und Riad meldeten, haben Religionsgelehrte in Ägypten und Saudi-Arabien am Montagabend den Neumond gesichtet. Damit werde das Fasten am Mittwochmorgen beginnen. In den arabischen Ländern richtet sich das Datum des ersten und letzten Fastentages nach dem Neumond. In einigen anderen Ländern bestimmt man diese Daten vorab nach astronomischen Berechnungen.
Fromme Muslime verzichten im Ramadan von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf Speisen und Getränke. Auch Rauchen und Sex sind in dieser Zeit verboten. Bei Sonnenuntergang versammelt sich meist die ganze Familie zum Mahl des Fastenbrechens (Iftar). Der Beginn des Ramadans verschiebt sich jedes Jahr um etwa zwei Wochen.
In diesem Jahr ist es besonders für Muslime auf der Arabischen Halbinsel und in Afrika schwierig, das Fastengebot einzuhalten, weil die Tage im Sommer lang und heiß sind. In den arabischen Golfstaaten gelten im Ramadan verkürzte Arbeitszeiten.
Und in diesem Jahr gibt es einen dramatischen Appell des Uno-Generalsekretärs Ban Ki-moon, doch zumindest während des Ramadans im syrischen Bürgerkrieg das Morden auszusetzen. „Ich bitte jede Militäreinheit der regulären Armee sowie der Freien Syrischen Armee und jeden, der eine Waffe trägt, den Kampf einzustellen und seinem Volk diesen Monat des Friedens als gemeinsames Geschenk zu machen“, sagte Ban. Zugleich forderte er die Kriegsparteien auf, ihre Gefangenen freizulassen. Deren Zahl gehe möglicherweise in die Tausende.
Die militärisch in die Defensive geratenen Rebellen haben erklärt, sie seien zu einer Feuerpause während des Ramadan bereit. Assad hat eine Waffenruhe mit den Rebellen während des Ramadan abgelehnt. „Wir brauchen ein vollständiges Ende der Gewalt, kein teilweises“, sagte der syrische Uno-Botschafter Baschar Dschaafari in New York. Die Rebellen müssten sich erst zu Friedensgesprächen bekennen.
Seit Beginn des Aufstandes gegen Präsident Baschar al-Assad im März 2011 wurden mindestens 90.000 Menschen getötet. Seit Mai bemühen sich die USA und Russland um eine Friedenskonferenz. Uneinigkeit herrscht jedoch darüber, wer an einer solchen Konferenz teilnehmen darf und wer nicht.
Nach der jüngsten Eskalation der Gewalt mit mehr als 50 Toten in Ägypten hat Übergangspräsident Adli Mansur den Fahrplan für Neuwahlen vorgelegt. Am späten Montagabend stellte er ein Dekret vor, nach dem innerhalb von etwa einem halben Jahr ein neues Parlament gewählt werden soll. Auch die umstrittene, islamistisch geprägte Verfassung wird überarbeitet. Über den neuen Text soll in einem Referendum abgestimmt werden. Nach dem Zusammentreten des Parlaments sind Neuwahlen für das Präsidentenamt vorgesehen. Zu Beginn des Fastenmonats Ramadan hoffen viele Ägypter auf eine Beruhigung der Lage.
Die bisher regierenden Muslimbrüder lehnten den Vorstoß Mansurs ab. Sie planten für Dienstag weitere Großkundgebungen in Kairo und anderen ägyptischen Städten. Der islamistische Präsident Mohammed Mursi war vergangene Woche nach Massenprotesten von den Streitkräften abgesetzt worden.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hat zu Beginn des Ramadan an die gemeinsame Tradition des Fastens erinnert. Solche besonderen Zeiten des religiösen Lebens „erinnern an die kostbare Überzeugung, die Christen und Muslime im Glauben miteinander verbindet: Gott fordert von uns Fürsorge für unsere Mitmenschen“, teilte Zollitsch in einem Grußwort mit. „Wir alle sind aufgerufen, angesichts der vielen Leiden, bedingt durch Krankheit, Hunger, Kriege und Katastrophen, stets wachsam zu sein für die Bedrängnisse unserer Mitmenschen, die der tätigen Hilfe und des Gebetes bedürfen“, so Zollitsch.
Aktuell bräuchten besonders die Menschen im Nahen und Mittleren Osten Unterstützung. „Viele, die in den vergangenen Jahren einen großen Aufbruch in der arabischen Welt erhofft hatten, sind inzwischen bitter enttäuscht. Wir müssen dazu beitragen, dass nicht die schiere Hoffnungslosigkeit die Oberhand gewinnt“, sagte Zollitsch. Christen und Muslime seien in gleicher Weise aufgerufen, den Leidenden – vor allem in Syrien – zu Hilfe zu kommen.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Nikolaus Schneider, hat Christen und Muslime zum gemeinsamen Einsatz für die Religionsfreiheit aufgerufen. Er denke dabei vor allem an jene Länder, in „denen Menschen ihre Religion nicht frei und ungestört ausüben können, in denen Gewalt und Angst den Alltag bestimmen“, heißt es in einem Schreiben der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an die hier lebenden muslimischen Gemeinden.
Schneider betonte darin auch seine Sorge um die Menschen in den Krisen- und Kriegsgebieten: „Seien Sie versichert, dass auch unserer evangelischen Kirche das Wohl dieser Ihrer Glaubensgeschwister – wie das Wohl aller Menschen – am Herzen liegt.“