ElBaradei sagt, er wolle nicht die Hand zum Betrug reichen. Präsident Mursi zeigt sich beim Wahltermin offen.
Kairo. In Ägypten hat der liberale Oppositionelle Mohamed ElBaradei zum Boykott der für Ende April angesetzte Parlamentswahl aufgerufen. Er wolle den herrschenden Islamisten nicht die Hand zum Betrug reichen, erklärte der frühere Chef der UN-Atomaufsicht IAEA am Sonnabend. Bei anderen Oppositionsgruppen stieß sein Vorstoß auf Zurückhaltung. Es handele sich um eine persönliche Initiative ElBaradeis, sagte ein Sprecher der Nationalen Heilsfront. Die Front werde kommende Woche entscheiden. Der islamistische Präsident Mohamed Mursi, der die Wahl für die Zeit von April bis Juni angesetzt, zeigte sich nach Protesten der koptischen Christen beim Termin konzessionsbereit.
ElBaradei erinnerte daran, dass er bereits 2010 zur Nichtteilnahme einer vom damaligen Staatschef Husni Mubarak anberaumten Abstimmung aufgefordert habe. „Heute wiederholte ich meinen Aufruf, weil ich mich nicht an einem Betrug beteiligen will.“
Präsident Mursi will mit der Wahl den Schlussstein für die Umwandlungen nach dem Sturz Mubaraks setzen. Die Muslimbruderschaft, die den gewählten Staatschef unterstützt, hat seither alle Urnengänge gewonnen. Mursis Entscheidung ist auf Kritik bei den Kopten gestoßen, weil der Wahltermin mit ihrem Osterfest zusammenfällt. Mursi wolle der christlichen Minderheit, die zehn Prozent der Bevölkerung stellt, entgegenkommen, erklärte ein Mitarbeiter laut amtlicher Nachrichtenagentur Mena.