Bundespräsident Joachim Gauck ist beim ersten offiziellen Besuch im Vatikan. Mit Benedikt XVI. bespricht er die schwierige Lage Europas.
Rom. Bundespräsident Joachim Gauck hat im Vatikan mit Papst Benedikt XVI. über Europa in der Krise und über die Zukunft des Glaubens gesprochen. In dem „sehr offenen Gespräch“ während der etwa 40-minütigen Privataudienz habe es „herzliches Einverständnis“ über die Bedeutung der europäischen Idee gegeben, sagte Gauck am Donnerstag nach seiner ersten offiziellen Begegnung mit dem deutschen Papst. Deutschland sei dem Europagedanken treu geblieben, versicherte Gauck. Mit dem Papst sei er sich einig gewesen, „Europa gerade in der Krise nicht aufzugeben“.
„Herzlich willkommen, Herr Bundespräsident“, sagte der Papst zur Begrüßung im apostolischen Palast. „Heiliger Vater, es ist mir eine große Freude“, erwiderte Gauck. „Ich komme als Bundespräsident, der seinen Landsmann grüßt, vor allem als Mensch und Christ.“ Später berichtete Gauck vor der Presse, er sei sich mit Benedikt einig darüber gewesen, „dass die Welt etwas verliert, wenn sie Gott verliert.“
Kontroverse Diskussionen habe es nicht gegeben. „Ich wollte mit ihm nicht über Differenzen sprechen, sondern über das, was uns verbindet“, erklärte der Bundespräsident. Er machte Benedikt gegenüber aber deutlich, wie wertvoll er die Laienbewegungen in der katholischen Kirche findet: „Für mich als Protestant ist dieses Prinzip der Mitwirkung der vielen so wichtig gewesen, dass ich es in diesem Gespräch unterbringen wollte.“ „Von Grenzen habe ich eigentlich nichts gemerkt“, sagte Gauck zur Haltung des Papstes den Protestanten gegenüber. Joseph Ratzinger habe sich „nicht triumphalistisch“ gegeben.
„Ich habe einen hellwachen Heiligen Vater erlebt“, sagte Gauck vor Journalisten. Er hatte dem Pontifex einen Wanderstab aus Holz für Spaziergänge in der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo, Nürnberger Lebkuchen und seine Biografie mitgebracht. Der Papst schenkte Gauck sein jüngstes Jesus-Buch, eine historische Zeichnung von der Baustelle des Petersdoms sowie eine Keramikfliese mit Widmung.
Zum Auftakt seines Tages im Vatikan hatte Gauck, der ohne seine Lebensgefährtin Daniela Schadt gereist war, das Grab des polnischen Papstes Johannes Paul II. im Petersdom besucht und dessen wichtige Rolle beim Sturz des Kommunismus hervorgehoben. Nach der Audienz bei Papst Benedikt kam der Bundespräsident mit Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, dem Regierungschef des Vatikans, zu einem gemeinsamen Mittagessen zusammen. Vor dem Abflug nach Zagreb wollte Gauck noch den „deutschen Friedhof“ Campo Santa Teutonico auf dem Gelände des Vatikans besichtigen.
Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth warf dem Papst unterdessen „Intoleranz und Rückständigkeit“ vor. Sie kritisierte in der „Passauer Neuen Presse“ das Protokoll des Besuchs Gaucks. „Es ist schon arg befremdlich und wirklich erstaunlich, wenn wir im Jahr 2012 immer noch darüber reden müssen, ob Unverheiratete, Geschiedene oder Homosexuelle im Vatikan empfangen werden oder nicht.“ Nach Angaben des Präsidialamtes hat es keine Einflussnahme des Vatikans bei der Entscheidung gegeben, ob Gauck von seiner Lebensgefährtin begleitet wird oder nicht.