Regelungen zum Anschluss von Offshore-Windanlagen an Stromnetze beschlossen. Lob aus der Wirtschaft. Opposition kritisiert Flickschusterei.
Berlin. Netzbetreiber müssen künftig haften, wenn Windanlagen auf hoher See nicht rechtzeitig an das Stromnetz angeschlossen werden können. Am Donnerstag beschloss der Bundestag Neuregelungen zum Ausbau von Offshore-Windanlagen. Das Vorhaben der schwarz-gelben Koalition führe „genau in die richtige Richtung“, warb Wirtschaftsminister Philipp Rösler im Bundestag für das Gesetz. Zugleich machte er deutlich, dass weitere Schritte folgen müssten, und plädierte erneut für eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG).
Für betriebsbereite Anlagen auf hoher See sollen deren Betreiber künftig einen Entschädigungsanspruch gegenüber den Netzbetreibern haben. Die Entschädigungspflicht ist auf jeweils 17,5 Millionen Euro je Schadenereignis begrenzt. Bei Überschreiten dieser Grenze und bei Schäden, die nicht von den Netzbetreibern verschuldet sind, sollen die Kosten über eine „Entschädigungsumlage“ auf die Stromverbraucher abgewälzt werden. Diese neue Umlage wird auf eine Höchstgrenze von 0,25 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt.
Teil des Gesetzes sind auch Regelungen für Kraftwerke, wonach die Netzbetreiber und die Bundesnetzagentur die Möglichkeit erhalten sollen, die Stilllegung „systemrelevanter“ Kraftwerke zu verhindern. Unternehmen sollen dann eine Entschädigungszahlung erhalten.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer (CDU), räumte „zeitliche Verzögerungen“ beim Anschluss der Windparks auf hoher See ein, warb aber dafür, den Blick nach vorne zu richten. Offshore-Windenergieerzeugung habe ein großes Potenzial. „Wir haben die Chance, bis 2020 acht bis zehn Prozent der Stromproduktion und bis 2050 25 bis 30 Prozent der gesamten Stromproduktion aus Offshore zu produzieren.“ Auch leiste Offshore-Energie einen Beitrag zur Systemstabilität.
Die Opposition kritisierte das Vorhaben der Regierung scharf. SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil warf der Regierung „Flickschusterei“ vor. Das Gesetz schaffe neue Ungerechtigkeiten. „Das gefährdet Beschäftigung, Arbeitsplätze und eine sichere Energieversorgung in diesem Land“, fügte er hinzu. Auch Planungssicherheit werde mit dem Gesetz nicht gewährleistet. Rösler habe es nicht geschafft, die Chancen zu nutzen, die in den erneuerbaren Energien lägen. „Sie verspielen die Chance für das Industrieland Deutschland“, hielt er dem FDP-Minister entgegen.
Die Linken-Abgeordnete Barbara Höll warf der Regierung vor, den Energieversorgern einen Blankoscheck auszustellen, da nicht klar sei, wie hoch die geplante „Stilllegungsprämie“ sei, sondern diese per Verordnung beschlossen werden solle. Der Grünen-Abgeordnete Oliver Krischer bezeichnete die Vorlage der Regierung als „Bankrotterklärung“. Die Regierung sei dabei, nach der Solarbranche nun auch die Offshore-Windenergie kaputt zu machen.
Lob für das Gesetz kam dagegen vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Mit der Novelle werde „ein grundlegender Systemwechsel bei der Netzanbindung für Offshore-Windparks beschlossen. Das ist ein richtiger Schritt, der lange überfällig war“, sagte die Vorsitzende des Verbands, Hildegard Müller. Zugleich warnte sie vor Debatten über die finanziellen Konsequenzen. „An dieser Stelle nur über die Kostenbelastungen zu streiten, ist falsch, weil ohne Offshore-Windparks die Energiewende nicht gelingen wird“, sagte Müller.
Auch der Übertragungsnetzbetreiber Tennet lobte die Gesetzesnovelle. Der Offshore-Plan und die Maßnahmen zur Schadensminimierung durch die Netzbetreiber würden die Gefahr von Verzögerungen reduzieren und so dazu beitragen, Kosten zu reduzieren. Besonders die Senkung der Haftungsgrenze bei leichter Fahrlässigkeit auf 17,5 Millionen Euro mache das Risiko bei Offshore-Anbindungen etwas überschaubarer, erklärte Lex Hartman, Mitglied der Geschäftsführung von Tennet. Die neuen Regelungen würden die Hürde für den Einstieg von Kapitalgebern bei Offshore-Anbindungen hoffentlich senken. „Wir werden uns bemühen, auf Basis der neuen Regelungen Kapitalgeber für die Offshore-Anbindungen zu gewinnen“, versicherte er.