Zum zweiten Mal in kurzer Zeit wurde am Sonntag das türkische Grenzdorf Akcakale von Syrien aus beschossen. Das Militär erwiderte das Feuer.
Güvecci/Istanbul. Das türkisch-syrische Grenzgebiet kommt nicht zur Ruhe. Zum zweiten Mal binnen weniger Tage wurde am Sonntag das türkische Grenzdorf Akcakale von Syrien aus beschossen. Das Militär erwiderte das Feuer. Berichte über Opfer lagen nicht vor. Auch in Syrien hielt die Gewalt an: In Damaskus explodierte eine Autobombe nahe eines Polizeireviers, wie staatliche Medien und Oppositionelle berichteten. Die regierungskritische Beobachterstelle für Menschenrechte erklärte, Menschen seien ums Leben gekommen, nannte aber keine Details.
Am Mittwoch waren im türkischen Akcakale fünf Menschen durch Feuer aus Syrien ums Leben gekommen. Seitdem kam es entlang der Grenze täglich zu Scharmützeln, die Sorgen vor einer Ausweitung des Bürgerkrieges schüren. Beide Seiten zeigten sich am Wochenende bemüht, die Lage nicht eskalieren zu lassen. Der türkische Regierungschef Tayyip Erdogan hatte allerdings am Freitag gewarnt, die beiden Nachbarn seien „nicht weit von einem Krieg entfernt“.
In der Grenzregion halten sich syrische Rebellen auf, weshalb es auf syrischer Seite immer wieder zu Gefechten zwischen Aufständischen und Soldaten kommt. Bei dem Beschuss am Sonntag wurden dem Rundfunksender NTV zufolge Getreidespeicher mehrere Hundert Meter vom Zentrum Akcakales entfernt beschädigt. Die türkische Armee feuerte daraufhin auf die syrische Ortschaft Tel Abjad, wie die oppositionelle syrische Beobachterstelle für Menschenrechte mitteilte.
Syriens Präsident Baschar al-Assad versucht seit mehr als eineinhalb Jahren, einen Volksaufstand niederzuschlagen. Zehntausende Menschen sind getötet worden, Hunderttausende sind auf der Flucht. Am Samstag nahmen Rebellen nach Angaben von Augenzeugen einen strategisch wichtigen syrischen Grenz-Vorposten ein. Auch am Sonntag waren demnach noch Schüsse in dem Gebiet zu hören. Bei den Schießereien kamen laut Syrischer Beobachtungsstelle für Menschenrechte etwa 50 Menschen ums Leben. Unter ihnen seien 40 Regierungssoldaten, berichtete die in London ansässige oppositionelle Gruppe. Seit vier Tagen hätten in der Region schwere Kämpfe getobt, sagte ein Bewohner des türkischen Grenzortes Güvecci.
Der UN-Sicherheitsrat hatte den tödlichen Angriff auf das Grenzdorf Akcakale scharf verurteilt. Russland erhielt nach eigenen Angaben die Zusicherung Syriens, bei dem Beschuss habe es sich um einem tragischen Unfall gehandelt. Der Sender NTV berichtete, die syrische Artillerie sei seitdem angewiesen worden, im Kampf mit Rebellen nicht mehr nahe der Grenze zu feuern. Kampflugzeuge und Hubschrauber wurden angehalten, einen Abstand von mindestens zehn Kilometern zur Grenze einzuhalten. Von syrischer Seite wurde dies nicht bestätigt.
Die Türkei verfügt über ein wesentlich stärkeres Militär als Syrien. Beide Länder unterhielten einst enge Beziehungen. Das änderte sich jedoch, als die Regierung in Damaskus immer härter gegen ihre Gegner vorging. Erdogan ist inzwischen einer der schärfsten Kritiker von Präsident Baschar al-Assad. Die Türkei bietet ranghohen Rebellen Unterschlupf und hat fast 100.000 Flüchtlinge aufgenommen.