Ilse Aigner will wie die gesamte Regierung die Vorführung des Anti-Islam-Films in Berlin verhindern. Opposition will zunächst prüfen.
Berlin. Die Debatte über ein mögliches Aufführungsverbot für den Anti-Islam-Film „Die Unschuld der Muslime“ schlägt weiter hohe Wellen. Während die Regierung ein solches Verbot in Deutschland prüfen lässt, lehnen Teile der Opposition dies unter Verweis auf die Meinungsfreiheit ab. Auch unter den Muslimen in Deutschland ist ein Vorführverbot umstritten.
Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) forderte ein Verbot. „Wenn Propagandisten dieses Schmähvideo öffentlich zeigen, riskieren wir in Deutschland eine ernsthafte Konfrontation“, sagte Aigner im Abendblatt-Interview. Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit seien hoch einzuschätzen, aber die gezielte Verunglimpfung von Religionen könne nicht akzeptiert werden, sagte Aigner. Auch die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, forderte ein Verbot der Aufführung. Es dürfe kein öffentliches Forum für Volksverhetzung geben.
„Es handelt sich hier um eine politische Demonstration. Deshalb halte ich es für angemessen, dass wir alle rechtlichen Möglichkeiten des Versammlungsrechts, des Ordnungsrechts prüfen“, sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) am Dienstag im Nachrichtensender „Phoenix“. Die öffentliche Sicherheit und Ordnung dürfe nicht gestört werden. Die Meinungsfreiheit sieht Friedrich nicht eingeschränkt. Anlass ist die Ankündigung der rechtspopulistischen Bewegung „Pro Deutschland“, das Schmähvideo im November in Berlin zu zeigen.
Der in den USA produzierte Film, der in Ausschnitten im Internet veröffentlicht wurde, verunglimpft den Propheten Mohammed. Der Film hat in zahlreichen muslimischen Ländern zum Teil gewalttätige antiwestliche Massenproteste ausgelöst. Mehrere Politiker, unter ihnen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), sprachen sich dafür aus, eine öffentliche Aufführung des gesamten Films in Deutschland zu verhindern. Das Bundesinnenministerium prüft derzeit die rechtlichen Möglichkeiten.
Außenminister Guido Westerwelle und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (beide FDP) befürworteten eine gründliche rechtliche Prüfung. Die Meinungsfreiheit sei in Deutschland ein hohes Gut, aber nicht grenzenlos, sagte Westerwelle im Deutschlandfunk.
Leutheusser-Schnarrenberger verwies in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ darauf, dass eine Aufführung des Films „natürlich“ geprüft werden müsse – „etwa unter dem Blickwinkel des Versammlungsrechts, wenn dadurch Sicherheit und Ordnung gefährdet wird“. Allerdings beurteilte sie die Wirkung von nationalen Verboten skeptisch: „Rein nationale Entscheidungen können nur begrenzte Wirkung haben.“
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast lehnte ein Verbot unter Verweis auf die Meinungsfreiheit hingegen ab. Sie sagte im ZDF, sie sehe „keinen rechtlichen Anhaltspunkt für ein Verbot“ und verwies auf die Meinungsfreiheit.
Der Vorsitzendes des Zentralrat der Muslime, Aiman Mazyek, warnte in den ARD-„Tagesthemen“ am Montagabend vor Straßenschlachten infolge einer öffentlichen Aufführung des Films. Deutschland laufe Gefahr, „dass der öffentliche Frieden dadurch empfindlich gestört wird“. Es sei vorstellbar, dass Extremisten „hüben wie drüben“ Straßenschlachten anzettelten. Mazyek sprach sich für ein Verbot aus.
Der Liberal-Islamische Bund lehnte dies dagegen ab. „Je mehr man über ein Verbot redet und die Tabuisierung solcher Inhalte vorantreibt, desto mehr Schaden richtet man an“, sagte die Vorsitzende des Verbandes, Lamya Kaddor, der Berliner „tageszeitung“. Diskussionen über Verbote und Sonderregelungen für Muslime schürten die bestehende Islamfeindlichkeit in Deutschland, gab Kaddor zu bedenken.