Kurt Beck bleibt trotz der Nürburgring-Pleite im Amt. Er übersteht den Misstrauensantrag der CDU. Seine Koalition stützt ihn, sein Rückhalt in der Bevölkerung schwindet aber.
Mainz. Der rheinland-pfälzische Regierungschef Kurt Beck (SPD) hat ein Misstrauensvotum der CDU überstanden und kann trotz der Nürburgring-Pleite weiterregieren. Die Opposition scheiterte am Donnerstag im Mainzer Landtag mit dem Versuch, Deutschlands dienstältesten Ministerpräsidenten aus dem Amt zu kippen. Die rot-grüne Koalition stellte sich hinter Beck und lehnte den Antrag mit ihrer Mehrheit ab. CDU-Oppositionsführerin Julia Klöckner bezeichnete SPD und Grüne anschließend als „Vollzugsorgan“ der Staatskanzlei. Es war die erste Vertrauensfrage gegen einen Regierungschef seit 60 Jahren im Land.
59 Abgeordnete stimmten gegen den Misstrauensantrag, 41 dafür. SPD und Grüne haben 60 Abgeordnete, ein Grünen-Mitglied fehlte aber aus privaten Gründen. Die CDU hat 41 Parlamentarier. Rot-Grün wie auch CDU stimmten nach eigenen Angaben jeweils geschlossen. Beck hätte zurücktreten müssen, wenn mindestens 51 Parlamentarier ihm das Vertrauen entzogen hätten. Schon zuvor hatte sich keine Mehrheit dafür abgezeichnet, doch die CDU wollte mit dem schärfsten Schwert der Opposition das Stimmverhalten von Rot-Grün dokumentieren.
Die frühere SPD-Alleinregierung hatte rund 330 Millionen Euro in den Ausbau der weltbekannten Rennstrecke gesteckt, um mehr Besucher in die Eifel zu locken. Der Freizeitpark gilt als überdimensioniert. Die CDU wirft Beck Verschleierung vor – er habe schon vor der Landtagswahl 2011 von den wirtschaftlichen Problemen gewusst. Die fast komplett landeseigene Nürburgring GmbH musste vor mehreren Wochen Insolvenz anmelden. Zur Deckung eines 330-Millionen-Euro-Kredits musste Steuergeld fließen.
Beck bedankte sich bei seiner Koalition für das Vertrauen. „Diese Geschlossenheit ist Beleg dafür, dass wir auch bei schwierigen Herausforderungen zusammenstehen“, sagte der 63-Jährige. Er hatte sich Anfang August für Fehler entschuldigt, einen Rücktritt aber abgelehnt.
Klöckner attackierte SPD und Grüne. „Rot-Grün hat jetzt vor der Staatskanzlei kapituliert“, sagte sie. Den Grünen warf sie vor, sie hätten „kadermäßig“ für Beck gestimmt. Früher hätten sie den Ausbau des Nürburgrings kritisiert und dafür Stimmen bekommen, nun seien sie umgeschwenkt. Die Frage eines erneuten Untersuchungsausschusses zum Nürburgring ließ sie offen.
SPD-Fraktionschef Hendrik Hering warf Klöckner vor, die CDU habe bei aller berechtigten Kritik an der Insolvenz der Nürburgring GmbH mit ihrem Vorgehen den Pfad sachlicher Zusammenarbeit verlassen. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Daniel Köbler sagte der dpa: „Ich bin gespannt, wie lange sich die CDU noch dafür hergibt, Stimmvieh zu sein für die Personality-Show von Julia Klöckner.“
Unter dem Eindruck der Nürburgring-Krise schwindet der Rückhalt für Beck: 42 Prozent der Rheinland-Pfälzer sind für einen Rücktritt, sechs Punkte mehr als im Juli. Eine Mehrheit unterstützt ihn, auch wenn es mit 51 Prozent fünf Punkte weniger sind. Die CDU ist laut Umfrage weiter stärkste Kraft. Sie käme auf 39 Prozent, wenn am Sonntag Wahl wäre – zwei Punkte mehr als im Juli. Die SPD erholt sich leicht von 31 auf 32 Prozent. Rot-Grün hätte weiter eine Mehrheit. CDU-Landeschefin Klöckner liegt bei der Zufriedenheit mit der Arbeit jetzt vor Beck.
Im Oktober startet vor dem Landgericht Koblenz ein Untreue-Prozess gegen den ehemaligen Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) und mehrere Manager. Deubel war 2009 wegen eines spektakulär gescheiterten Deals mit Geldgebern zur Privatfinanzierung des Nürburgring-Projekts zurückgetreten. Die EU-Kommission prüft, ob Millionen-Beihilfen des Landes für den Ring illegal waren. Außerdem soll der Landesrechnungshof den Ausbau unter die Lupe nehmen.
(dpa)