Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, lag das Plus in den ersten sechs Monaten bei 8,3 Milliarden Euro. Die sogenannte Maastricht-Defizitquote betrug demnach +0,6 Prozent. Zuletzt war im ersten Halbjahr 2008 ein positives Ergebnis registriert worden, seitdem hatte Deutschland regelmäßig ein Haushaltsdefizit melden müssen.
Wiesbaden. Erstmals seit Jahren hat der deutsche Staat wieder einen Milliardenüberschuss verbuchen können. Wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte, lag das Plus in den ersten sechs Monaten bei 8,3 Milliarden Euro. Die sogenannte Maastricht-Defizitquote betrug demnach +0,6 Prozent. Zuletzt war im ersten Halbjahr 2008 ein positives Ergebnis registriert worden, seitdem hatte Deutschland regelmäßig ein Haushaltsdefizit melden müssen.
Ausschlaggebend für die Entwicklung ist nach Angaben der Statistiker die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt gewesen. Dies habe sich in einem Überschuss der Sozialversicherung von 11,6 Milliarden Euro niedergeschlagen. Dem gegenüber mussten die Haushalte von Bund, Länder und Gemeinden Einbußen in Höhe von 3,3 Milliarden Euro hinnehmen.
Bundeshaushalt weiter tief rot
Aufgeschlüsselt zeigte sich, dass vor allem der Bund mehr ausgibt als er einnimmt. Das Finanzierungsminus lag laut Statistischem Bundesamt im ersten Halbjahr bei 6,9 Milliarden Euro. Hier schlugen vor allem sinkende Einnahmen aus Vermögenseinkommen um 5,5 Prozent auf 13,5 Milliarden Euro zu Buche, da der von der Bundesbank an den Bundeshaushalt abgeführte Gewinn gegenüber dem Vorjahr erneut stark gesunken ist. Bei den Ländern klaffte noch eine Lücke von 0,8 Milliarden Euro. Dem gegenüber konnten sich die Gemeinden in den ersten sechs Monaten über ein Plus von 4,4 Milliarden Euro freuen.
Das Gesamtminus bei Bund, Länder und Kommunen konnten durch einen kräftigen Sozialhaushalt aufgefangen werden. Vor allem die guten Lohnabschlüsse und Einmalzahlungen bescherten einen deutlichen Anstieg der Einnahmen aus der Lohn- und Einkommensteuer um 6,3 Prozent auf 109,1 Milliarden Euro. Die Sozialbeiträgen kletterten um 2,8 Prozent auf 217,9 Milliarden Euro.
Ende des Konjunkturpakets II lässt Investitionen sinken
Um gut zehn Prozent gesunken sind den Angaben zufolge die staatlichen Ausgaben für Bruttoinvestitionen. Das habe aber mit dem Auslaufen der Effekte des Konjunkturpakets II zu tun, erläuterten die Statistiker. Nachdem die Bruttoinvestitionen in den vergangenen Jahren deutlich erhöht wurden, sei nun einer Normalisierung der Investitionstätigkeit des Staates eingetreten.
Zudem sei durch den Rückgang der Kurzarbeit die Erstattungen von Sozialversicherungsbeiträgen an Unternehmen durch die Bundesagentur für Arbeit deutlich zurückgegangen, wodurch sich die staatlichen Subventionsausgaben merklich reduzierten. Sie fielen um 6,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Zahlreiche Risken für den Haushalt
Ob es auch im Gesamtjahr 2012 erstmals seit 2007 wieder zu einem Plus reicht, ist aber keineswegs gewiss. Es gibt zahlreiche Risiken für die Haushalte von Bund, Ländern, Kommunen und der Sozialversicherungen: Deutschland käme etwa eine Zahlungsunfähigkeit Griechenlands teuer zu stehen. Eine Pleite mit anschließendem Euro-Austritt würde den Bund nach Berechnungen des Ifo-Instituts bis zu 82 Milliarden Euro kosten. Falls Griechenland nach einer Zahlungsunfähigkeit in der Währungsunion verbleibt, steigen die Kosten demnach auf bis zu 89 Milliarden Euro. In diesen Zahlen sind unter anderem die bereits ausgezahlten Beträge aus den Rettungspaketen und die Käufe von griechischen Staatsanleihen durch die Zentralbanken der Euro-Länder enthalten.
Die wichtigste Einnahmequelle des Staates sind die Steuern. Wie stark sie sprudeln, hängt von der Konjunktur ab. Und die dürfte sich im zweiten Halbjahr wesentlich schlechter entwickeln. „Die Konjunktur in Deutschland könnte nach der Jahresmitte 2012 stärker als bisher durch die Verunsicherung im Euro-Raum beeinträchtigt werden“, warnt etwa die Bundesbank. Viele Experten befürchten, dass das Bruttoinlandsprodukt im Sommer schrumpft. Schon in den ersten sechs Monaten stiegen die Steuereinnahmen mit 3,8 Prozent wesentlich langsamer als ein Jahr zuvor mit 9,6 Prozent.
Ein weiteres Problem sind die Zinskosten. Investoren reißen sich um Bundeswertpapiere, die als sichere Anlage in der Euro-Krise gelten. Mehrfach konnte der Bund sich teilweise zum Nulltarif verschulden oder kassierte sogar Prämien. Die Zinskosten sanken deshalb im ersten Halbjahr um 3,5 Prozent. Ob sich das so fortschreiben lässt, ist keineswegs gewiss. Am Markt sind die Zinsen in den vergangenen Wochen wieder gestiegen: Lagen sie im Juli zeitweise bei 1,1 Prozent, so sind es derzeit mehr als 1,4 Prozent. Wegen der hohen Kosten durch die Euro-Krise droht die Ratingagentur Moody’s mit dem Entzug der besten Bonitätsnote AAA, was die Zinsen weiter nach oben treiben könnte.
Mit Material von dapd und Reuters