Der abgesetzte Präsident wird vorgeführt, die Ägypter demonstrieren und starren auf die Live-Übertragung. Husni Mubarak droht sogar die Todesstrafe.
Kairo. 30 Jahre war er Präsident, bis die Ägypter ihn aus dem Amt jagten. Jetzt wirkt Husni Mubarak mit 83 Jahren alt und gebrechlich. Doch schützt ihn das vor einer Verfolgung durch die Justiz in seiner Heimat? Milliarden soll er ins Ausland gebracht haben, für den Tod vieler Demonstranten beim Volksaufstand zu Beginn dieses Jahres zumindest politisch verantwortlich sein. Doch er hat nun, im Krankenbett im Gerichtssaal liegend, eine Verstrickung in die Tötung von Demonstranten während des Aufstandes bestritten. „Ich weise alle diese Vorwürfe vollständig zurück“, sagte Mubarak zum Auftakt seines Prozesses in Kairo. Mubarak sprach von seinem Krankenlager aus, auf dem er in dem Käfig für die Angeklagten lag. Auch seine beiden Söhne Alaa und Gamal wiesen die gegen sie erhobenen Vorwürfe zurück.
Der Staatsanwalt beschuldigte Mubarak zu Prozessbeginn, er habe seinem damaligen Innenminister Habib al-Adli erlaubt, scharfe Munition gegen die Demonstranten einzusetzen. Adli muss sich deshalb ebenfalls vor Gericht verantworten. Mubarak „hatte die Absicht, eine ganze Reihe von Demonstranten in verschiedenen Gouvernements zu töten, die friedliche Kundgebungen gegen die Verschlechterung der Lebensbedingungen abgehalten haben“, sagte der Staatsanwalt. Die Tötungen seien während der 18 Tage dauernden Proteste angeordnet worden, die Mubarak aus dem Amt vertrieben.
Der Staatsanwalt warf dem früheren Präsidenten zudem Korruption und Verschwendung staatlicher Mittel vor. Mubarak soll seine Machtposition missbraucht haben, um sich selbst und seinen beiden Söhnen Reichtum und Privilegien zu sichern. Dem Ex-Präsidenten, der rund 30 Jahre lang an der Macht war, droht die Todesstrafe. Rund 850 Menschen wurden während des Volksaufstandes getötet und mehr als 6000 verletzt. Am 11. Februar beugte sich Mubarak dem Druck und trat zurück.
Millionen Ägypter, die der Live-Übertragung im staatlichen Fernsehen folgten, hielten den Atem an, als ihr fast 30 Jahre herrschender ehemaliger „Landesvater“ im Krankenbett in den Verhandlungssaal geschoben wurde. Er ist der erste Führer seines Landes, der sich wegen seiner Handlungen im Amt vor Gericht verantworten muss. Vor der Polizeiakademie hatten sich am frühen Morgen mehrere Hundert Gegner und Anhänger Mubaraks eingefunden. Gelegentlich kam es zu Rangeleien und Steinwürfen. Rund 3000 Polizisten sicherten das Areal.
Mubaraks Prozess ist ohne Beispiel: Der tunesische Ex-Präsident Zine al-Abidine Ben Ali, der erste arabische Herrscher, den das Volk im Frühjahr aus dem Amt verjagt hatte, wurde in Abwesenheit verurteilt. Ben Ali war nach Saudi-Arabien geflohen. Und schon 2006 wurde der irakische Diktator Saddam Hussein hingerichtet – gestürzt hatte Saddam nicht sein Volk sondern ein von den USA geführtes Militärbündnis.
Für Mubarak schließt sich in der Polizeiakademie der Kreis. Genau dort hatte er am 25. Januar die Polizei dafür gelobt, dass sie die Sicherheit im Land aufrechterhalte. Zwei Tage später brach der Proteststurm los, der Mubarak am 11. Februar aus dem Amt fegte. (rtr/dpa/abendblatt.de)