Außenminister Westerwelle und Entwicklungsminister Niebel (beide FDP) sind nach Libyen gereist, um den politischen Umbruch voranzutreiben.
Bengasi. Zwar beteiligt sich Deutschland nicht an dem Krieg gegen das Regime des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi, doch den politischen Umbruch will die Bundesregierung dennoch und versucht, diesen nach Kräften zu unterstützen. Außenminister Guido Westerwelle und Entwicklungsminister Dirk Niebel (beide FDP) haben mit einem Blitzbesuch in der Rebellen-Hochburg Bengasi ein klares Zeichen der Solidarität gesetzt.
Mit diesem Besuch haben die Minister den Gegnern von Gaddafi demonstrativ den Rücken gestärkt. Seit Kriegsbeginn vor drei Monaten sind Westerwelle und Niebel die ersten deutschen Regierungsvertreter, die nach Libyen reisen. Für wenige Stunden waren die beiden am Montag in die Hafenstadt an der nordafrikanischen Küste geflogen, um Gespräche mit Vertretern des Übergangsrats zu führen und ein deutsches Verbindungsbüro zu eröffnen. Anlässlich des Besuchs verdoppelten sie die Mittel für humanitäre Hilfe auf mehr als 15 Millionen Euro.
Westerwelle erklärte vor dem Abflug in Berlin: "Die Menschen in Libyen wollen eine friedliche und freiheitliche Zukunft ohne Gaddafi. Das ist auch unser Ziel. Der Diktator steht auf der falschen Seite der Geschichte.“ Westerwelle forderte weiter, dass Gaddafi seinen Krieg gegen das eigene Volk sofort beenden und abtreten müsse. "Unser Besuch in Bengasi zeigt: Deutschland ist ein Freund und Partner der demokratischen Kräfte im Land.“ Niebel sagte, Deutschland wolle seinen Beitrag zu einer möglichst raschen Stabilisierung Libyens leisten.
Die beiden Minister machten ihren überraschenden Abstecher nach Bengasi auf dem Weg nach Jerusalem. In Malta unterbrachen sie ihre Nahost-Reise, stiegen vom VIP-Airbus in einen Transall- Militärtransporter um und flogen in die libysche Hafenstadt, die außerhalb des Kampfgebiets liegt. Auf dem Programm stand dort neben den politischen Gesprächen die Eröffnung eines Verbindungsbüros, das die Kontakte zum Übergangsrat stärken soll. Die deutsche Botschaft in Gaddafis Hauptstadt Tripolis ist seit Anfang März aus Sicherheitsgründen geschlossen.
Zudem wollten Westerwelle und Niebel mit Vertretern der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit sprechen, die derzeit vor Ort erkunden, welche Hilfsleistungen nötig sind. Deutschland hat bereits 7,5 Millionen Euro an humanitärer Soforthilfe für Libyen geleistet. Westerwelle sagte anlässlich des Besuchs zusätzlich eine Million Euro für Medikamente, Infusionspumpen, die Betreuung von Flüchtlingen und den humanitären Flugdienst der Vereinten Nationen zu. Niebel stellte bis zu sieben Millionen Euro zusätzlich für die Not- und Übergangshilfe zur Verfügung.
Vor Westerwelle und Niebel sind bereits mehrere hochrangige westliche Politiker nach Bengasi gereist, darunter die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und der britische Außenminister William Hague.
Deutschland hatte sich im März gegen eine Beteiligung an dem Militäreinsatz gegen das Gaddafi-Regime entschieden und sich im Uno-Sicherheitsrat bei der Abstimmung darüber enthalten – anders als die wichtigsten Verbündeten USA, Frankreich und Großbritannien. An der politischen Begleitung des Umbruchs ist Deutschland dagegen in der Libyen-Kontaktgruppe beteiligt. Die Bundesregierung hat angeboten, sich nach dem Ende des Gaddafi-Regimes am Aufbau demokratischer Institutionen oder der Polizei zu beteiligen und auch die Beteiligung an einer Friedenstruppe nicht ausgeschlossen.
Noch am Abend wollten die beiden Minister nach Israel weiterfliegen. Am Dienstag will Westerwelle in Jerusalem und Ramallah Gespräche mit israelischen und palästinensischen Regierungsvertretern führen. Niebel will sich im Gaza-Streifen über Entwicklungsprojekte mit deutscher Beteiligung informieren und ein Klärwerk besuchen.
Von Michael Fischer