Grüne und SPD in Baden-Württemberg haben sich geeinigt. Deutschlands erste Landesregierung unter grüner Führung will vor allem sparen.
Stuttgart. Es ist ein historischer Moment in der deutschen Politikgeschichte. Grün regiert, mit den Roten als kleinem Partner. Vier Wochen nach dem Wahlsieg über Schwarz-Gelb haben Grüne und SPD in Baden-Württemberg ihren Koalitionsvertrag beschlossen. Dies gab der designierte Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) in Stuttgart bekannt. Am 12. Mai soll er zum ersten grünen Ministerpräsidenten Deutschlands gewählt werden.
Die künftigen Partner einigten sich auch auf den Zuschnitt der Ministerien. SPD-Landeschef Nils Schmid soll Superminister für Finanzen und Wirtschaft werden, wie die Nachrichtenagentur dpa aus Verhandlungskreisen erfuhr. Kretschmann kündigte einen „echten Bildungsaufbruch“ in Baden-Württemberg an. Künftig soll es mehr Ganztagsschulen und als Ergänzung zum bisherigen Angebot auch die Gemeinschaftsschule bis zur Klasse 10 geben. Die erste grün-rote Landesregierung soll nach dem Willen beider Parteien für umfassende Bildungsreformen und mehr Chancengleichheit sorgen.
Das Land soll von 2020 an keine neuen Kredite mehr aufnehmen
Grüne und SPD wollen zudem den Ausstieg aus der Atomkraft vorantreiben. „Wir wollen uns dafür einsetzen, dass die alten Meiler nicht mehr ans Netz gehen“, sagte Kretschmann. Die im Entwurf für die Koalitionsvereinbarung ursprünglich vorgesehene Senkung des Wahlalters von 18 Jahren auf 16 Jahre wurde in letzter Minute wieder gestrichen. Ein Grünen-Sprecher begründete dies in Stuttgart mit einem redaktionellen Versehen bei der Bearbeitung des Textes. Über die 88 Seiten starke Koalitionsvereinbarung stimmen am 7. Mai Sonderparteitage der Grünen in Stuttgart und der SPD in Sindelfingen ab.
In der Finanzpolitik strebt Grün-Rot an, den von der schwarz-gelben Regierung hinterlassenen Schuldenberg abzutragen. Das Land soll von 2020 an keine neuen Kredite mehr aufnehmen und damit die auf Bundesebene geltende Schuldenbremse einhalten. Baden-Württemberg soll nach dem Willen von Grün-Rot beim Einsatz von Elektrofahrzeugen vorangehen. Vorgesehen ist, dass sich das Land eine eigene elektrisch betriebene Fahrzeugflotte zulegt. Schmid sagte ferner: „Wir haben uns darauf geeinigt, dass Schiene und Straße gleichberechtigt ausgebaut werden.“ Baden-Württemberg solle „Heimat des Autos“ bleiben.
Die seit 58 Jahren im Südwesten regierende CDU war bei der Wahl auf 39,0 Prozent und damit auf ihr schlechtestes Ergebnis abgestürzt. Die seit 1996 mitregierende FDP erreichte 5,3 Prozent. Die Grünen holten 24,2 und die SPD 23,1 Prozent. Damit sind die Grünen mit 36 und die SPD mit 35 Abgeordneten im Landtag vertreten. Sie haben 4 Sitze mehr als Schwarz-Gelb. Die CDU kommt auf 60 und die FDP auf 7 Mandate. (dpa)