Medizinische Untersuchung des ägyptischen Präsidenten in Deutschland wird diskutiert. Zehntausende demonstrieren in Kairo.
Berlin. Mehrere deutsche Politiker haben für eine vorübergehende Aufnahme von Ägyptens Staatschef Husni Mubarak in Deutschland geworben. „Die Bundesregierung sollte Mubarak diskret signalisieren, dass er nach Deutschland kommen kann, wenn er das will“, sagte der Europa-Abgeordnete Elmar Brok (CDU) der „Frankfurter Rundschau“. „Wenn das ein Weg ist, den Übergang in Ägypten friedlich zu gestalten, dann sollte man das machen.“ Brok erinnerte daran, dass der gestürzte georgische Präsident, Eduard Schewardnadse, im Jahr 2003 ein ähnliches Angebot erhalten habe. Schewardnadse ging darauf aber nicht ein.
Ähnlich wie Brok äußerten sich dem Bericht zufolge auch andere Politiker der schwarz-gelben Koalition. Allerdings schlugen sie nur vor, Mubarak eine medizinische Untersuchung in Deutschland zu gewähren, auf die eine längere Reha-Phase folgen könne. Damit würde verhindert, dass Mubarak sich in offiziellem Exilstatus in Deutschland aufhielte. Der FDP-Außenpolitiker Rainer Stinner sagte der Zeitung, ein Aufenthalt aus medizinischen Gründen sei in Ordnung. Ein Exil in Deutschland hingegen „wäre sehr problematisch“. Für Mubarak gebe es andere mögliche Aufnahmeländer. „Wir müssen uns da nicht vordrängeln“, mahnte Stinner. Zudem müssten zunächst Vorwürfe geklärt werden, wonach Mubarak Milliardenwerte in Deutschland gebunkert haben soll.
Sollte Mubarak nach Deutschland kommen, drohen Menschenrechtsaktivisten bereits mit Klagen. Der Generalsekretär des European Center For Constitutional and Human Rights (ECCHR), Wolfgang Kaleck, sagte der „Frankfurter Rundschau": „Man muss davon ausgehen, dass in Ägypten in den letzten Jahren oder Jahrzehnten massiv gefoltert wurde und dass das unter Mubaraks rechtlicher Verantwortung geschah.“ Nach Inkrafttreten des deutschen Völkerstrafgesetzbuches seien die deutschen Behörden verpflichtet, eine Strafverfolgung aufzunehmen, wenn Verdächtige sich in Deutschland aufhielten. Kaleck hatte bereits mit seiner Strafanzeige gegen den früheren US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld für Furore gesorgt.
In Ägypten setzen Regierung und Oppposition derweil ihr Ringen um einen Ausweg aus der Krise fort. Der unter Druck geratene Staatspräsident Husni Mubarak machte weitere Zugeständnisse, mit denen ein friedlicher Machtwechsel bei den nächsten Wahlen im September ermöglicht werden soll. Dessen ungeachtet setzten Tausende von Demonstranten ihren Protest in Kairo und anderen Städten des Landes fort. Vizepräsident Omar Suleiman erklärte am Dienstag im Staatsfernsehen, Präsident Mubarak habe die Bildung eines Komitees angeordnet, das eine Verfassungsänderung vorbereiten soll. Bei der angestrebten Änderung geht es vor allem darum, die Bedingungen für eine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl zu lockern. Suleiman sagte weiter, derzeit werde ein Fahrplan für einen friedlichen Machtwechsel mit einem festen Zeitplan erarbeitet. Mubarak habe außerdem versprochen, dass es keine Strafverfolgung der Demonstranten geben werde.
Zehntausende Gegner des Regimes des ägyptischen Präsidenten Mubarak haben sich heute auf dem Tahrir-Platz in Kairo zu einer neuen Demonstration versammelt. Am Nachmittag strömten große Menschenmengen auf den Platz im Zentrum von Kairo, berichtete ein Korrespondent der Nachrichtenagentur dpa. Die ägyptische Armee kontrollierte den Zugang und ließ sich Ausweise zeigen. Zivile Ordner aus den Reihen der Demonstranten tasteten die Menschen nach Waffen ab. „Ich bin heute erstmals hier. Ich merke jetzt, dass man keine Angst haben muss“, sagte eine Lehrerin aus Kairo auf dem Platz. Oppositionsgruppen hatten dazu aufgerufen, einen neuen „Marsch der Million“ gegen Mubarak zu organisieren. Die Regimegegner demonstrieren im Zentrum von Kairo nun mehr als zwei Wochen. Sie verlangen einen Rücktritt Mubaraks.
Mubarak empfing am Dienstag den Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Scheich Abdullah bin Said al-Nahjan. Das meldete der Nachrichtensender Al-Arabija. Die Herrscher der Golfstaaten sind mehrheitlich gegen einen schnellen Rücktritt Mubaraks - wahrscheinlich weil sie befürchten, dies könnte auch Oppositionelle in ihren Ländern zu Protesten ermutigen.
Auch die Muslimbruderschaft, die am besten organisierte Oppositionskraft, verlangt den Rücktritt des seit fast 30 Jahren herrschenden Staatschefs. Andere Teile der Opposition sprechen sich dafür aus, dass Mubarak bis zur nächsten regulären Präsidentschaftswahl im September im Amt bleibt. Unabhängige Beobachter sehen allerdings das Risiko, dass dies einigen unter Mubarak reich gewordenen korrupten Geschäftsleuten erlauben würde, ihr teilweise unrechtmäßig erworbenes Vermögen in Ruhe außer Landes zu bringen. Vor einer Woche hatte der 82-jährige Staatschef angekündigt, bei der Wahl im September nicht mehr antreten zu wollen. (dpa/AFP)