Die Richter verbieten weitere Kredite. Für Ministerpräsidentin Hannelore Kraft weisen die Zeichen auf Neuwahlen hin.
Münster/Düsseldorf. Der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof hat den rot-grünen Nachtragshaushalt 2010 vorerst gestoppt. Wie das Gericht am Dienstag in Münster mitteilte, wurde der Landesregierung „durch einstweilige Anordnung der Vollzug des Nachtragshaushaltsgesetzes 2010 untersagt“. Die Anordnung könnte weitreichende Folgen haben. Denkbar sind auch Neuwahlen im bevölkerungsreichsten Bundesland . Das höchste Gericht des Landes folgte damit einem Antrag der Oppositionsfraktionen CDU und FDP. Der Landesregierung wird nach Angaben des Gerichts „im Wege einer einstweiligen Anordnung aufgegeben, bis zu einer Entscheidung im Normenkontrollverfahren von einem Abschluss der Bücher“ abzusehen und „bis dahin keine weiteren Kredite auf der Basis des Nachtragshaushaltsgesetzes 2010 aufzunehmen“. Die Entscheidung in der Hauptsache soll in spätestens drei Monaten fallen.
Für den Fall, dass die Landesregierung bis zu einer Entscheidung im Verfahren Zahlungen bezogen auf das Haushaltsjahr 2010 zu leisten habe, hierfür liquide Mittel aber nicht mehr zur Verfügung stünden, seien entsprechende Mittel ausschließlich durch Rückführung aus den auf der Basis des Nachtragshaushaltsgesetzes 2010 gebildeten Rücklagen und Sondervermögen zu beziehen. Der rot-grüne Nachtragsetat war im Dezember mit absoluter Mehrheit vom Düsseldorfer Landtag verabschiedet worden. Damit stieg die Nettoneuverschuldung von 6,6 auf 8,4 Milliarden Euro. Die Opposition klagt unter anderem wegen der Überschreitung der Kreditverfassungsgrenze. Diese besagt, dass die neuen Schulden die Investitionen im Haushalt nicht überschreiten dürfen. CDU und FDP beklagen auch die zusätzliche, 1,3 Milliarden Euro hohe Risikovorsorge für WestLB-Altlasten.
Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) hatte den Vorwurf der Verfassungswidrigkeit scharf zurückgewiesen. Die schwarz-gelbe Vorgängerregierung sei verantwortlich für die höheren Kredite. CDU und FDP hätten im ersten Entwurf des Etats zu wenig Mittel für Kommunen, Kitas und WestLB-Altlasten eingeplant.
Walter-Borjans hatte fristgemäß zum 5. Januar beim Gericht eine Stellungnahme abgegeben. In der vergangenen Woche hatte das Gericht den Minister gebeten, bis zur Entscheidung in der Hauptsache keine Kredite aufzunehmen. Das Land hatte mitgeteilt, der Haushalt sei ordnungsgemäß ausgeführt worden. Da nun offenbar bereits Kredite aufgenommen wurden, könnte die Anordnung aus Münster rechtlich und finanziell ohne große Folgen bleiben. Politisch aber ist unklar, wie die Regierung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) ohne gültigen Haushalt weiterregieren kann und will. Die Grünen hatten unlängst Neuwahlen für diesen Fall angekündigt. (dapd)