Der Außenminister wirbt bei Hamid Karsai für eine „politische Lösung“ am Hindukusch. In Pakistan hatte den FDP-Chef zuvor Nebel behindert.

Kabul. Erneuter Blitzbesuch von Gudio Westerwelle (FDP): Deutschlands Außenminister ist am Sonntag überraschend zu einem Besuch in Afghanistan eingetroffen. Westerwelle landete am Nachmittag (Ortszeit) mit einem Militärtransporter der Bundeswehr auf dem Flughafen in Kabul. Geplant sei unter anderem ein Treffen mit dem afghanischem Präsidenten Hamid Karsai, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Sonntag in der afghanischen Hauptstadt. Im Mittelpunkt der Gespräche sollten „der Prozess der Aussöhnung“ und die anstehenden politischen Reformen stehen. Aus Sicherheitsgründen war die Reise bis zuletzt geheim gehalten worden. Einen ähnlichen Überraschungsbesuch hatte Westerwelle am 4. Dezember dem Irak abgestattet. Neun Tage später brach eine Delegation um Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zu einem Blitzbesuch in Afghanistan auf.

Westerwelle war zuvor ins Nachbarland Pakistan gereist, wo er unter anderem mit dem pakistanischen Premierminister Yousuf Raza Gilani zusammengekommen war. Wie lange der Besuch Westerwelles in Afghanistan dauern sollte, blieb zunächst offen.

In Kabul warb der FDP-Chef für eine nationale Aussöhnung. „Wir setzen auf eine politische Lösung, weil wir wissen, dass eine militärische Lösung allein nicht funktionieren kann“, sagte Westerwelle. Thema der Gespräche war auch das neue Afghanistan-Mandat für die Bundeswehr, das noch in diesem Monat verabschiedet werden soll. Derzeit sind am Hindukusch etwa 4600 deutsche Soldaten im Einsatz.

In Pakistan machte Westerwelle das deutsche Interesse an stabilen Verhältnissen deutlich. Die Atommacht mit ihren 170 Millionen Einwohnern habe eine „absolute Schlüsselrolle“ für die gesamte Region, auch für die Befriedung des Konflikts in Afghanistan.

Westerwelle sprach sich für einen Dialog zwischen den verschiedenen politischen Kräften in Afghanistan aus. Ziel müssten jetzt „Reintegration“ und „Aussöhnung“ ein. Der Minister ging nicht näher darauf ein, in welcher Form die radikal-islamischen Taliban- Milizen einbezogen werden sollen. Deutschland unterstützt bereits seit längerer Zeit die Wiedereingliederung von ehemaligen Kämpfern. Für Westerwelle war dies die dritte Afghanistan-Reise seit der Ernennung zum Außenminister vor 15 Monaten.

Über das neue Mandat wird das schwarz-gelbe Kabinett an diesem Mittwoch beraten. Die Abstimmung im Bundestag ist dann für den 28. Januar geplant. Eine Mehrheit gilt als sicher. Der Einsatz dauert bereits seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001. Insgesamt kamen dabei bislang 45 Bundeswehr-Angehörige ums Leben. Das aktuelle Mandat erlaubt die Entsendung von bis zu 5350 Angehörigen der Bundeswehr.

Im neuen Mandat wird das Jahresende 2011 als Termin für den Beginn des Abzugs der ersten deutschen Soldaten genannt – allerdings mit der Einschränkung „soweit die Lage dies erlaubt“. Wörtlich heißt es darin: „Die Bundesregierung ist zuversichtlich, im Zuge der Übergabe der Sicherheitsverantwortung die Präsenz der Bundeswehr ab Ende 2011 reduzieren zu können.“ Die Ausstiegsformel geht auf einen Kompromiss zwischen Westerwelle und Verteidigungsminister zu Guttenberg zurück.

Insgesamt sind in Afghanistan noch 150.000 internationale Soldaten stationiert. Seit Beginn des neuen Jahres leitet Deutschland auch im UN-Sicherheitsrat die Koordination der Afghanistan-Beratungen. Zudem führt die Bundesrepublik als neues nicht-ständiges Mitglied den Vorsitz im Al-Kaida/Taliban-Sanktionsausschuss, der über Strafmaßnahmen gegen Extremisten entscheidet.

Die Entwicklung in Afghanistan war zuvor auch eines der wichtigsten Themen inIslamabad. Mit seinem pakistanischen Kollegen Shah Mahmood Qureshi stimmte er darin überein, dass es dort nur eine „politische Lösung“ geben könne. Qureshi sagte: „Man benötigt mehr als eine militärische Lösung, um Frieden zu bekommen.“ Das Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan gilt als wichtigstes Rückzugsgebiet von Taliban-Kämpfern und islamistischen Terroristen.

Das Programm von Westerwelles erstem Pakistan-Besuch musste kräftig zusammengestrichen werden, weil am Sonnabend dichter Nebel eine Landung in Islamabad verhinderte. Der Minister musste sich dann mehrere hundert Kilometer mit einem Bus durchschlagen, bis er mit sieben Stunden Verspätung in der Hauptstadt ankam. Am Sonntag gab es dann aber auch noch ein kurzes Treffen mit Premierminister Yousaf Raza Gilani.

Das zweitgrößte islamische Land der Welt leidet immer noch unter den Folgen der Flutkatastrophe vom vergangenen Sommer, bei der mehr als 1700 Menschen ums Leben kam. Westerwelle sprach sich für weitere internationale Unterstützung aus, auch durch Exporterleichterungen der Europäischen Union. „Was wir tun können, damit sich Pakistan stabilisiert, sollten wir tun. Auch in unserem eigenen Interesse.“ (dapd/dpa)