Mütter sollen Möglichkeit zum Widerspruch haben. Leutheusser-Schnarrenberger stellt Eckpunkte der Sorgerechtsreform vor.
Hamburg. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat erstmals Eckpunkte der geplanten Sorgerechtsreform vorgestellt, die ledigen Vätern zu mehr Rechten verhelfen soll. Dem Hamburger Abendblatt (Silvesterausgabe) sagte die FDP-Politikerin: „Ich kann mir eine Regelung vorstellen, die der Mutter bei der Geburt des Kindes zunächst das alleinige Sorgerecht gibt. Erklärt der Vater allerdings, dass er mit der Mutter gemeinsam die Sorge ausüben will, soll das gemeinsame Sorgerecht gelten – es sei denn, die Mutter legt innerhalb einer Frist von acht Wochen Widerspruch ein.“ Dann müsse ein Familiengericht entscheiden, ob das gemeinsame Sorgerecht dem Kindeswohl entspreche oder nicht.
Leutheusser-Schnarrenberger hob den Wert der geplanten Fristenlösung hervor. „Von der Mutter kann in einer für die ganze Familie so entscheidenden Frage erwartet werden, dass sie sich innerhalb von acht Wochen eine Meinung bildet“, sagte sie. „Lässt die Mutter die Frist verstreichen, halte ich es für gerechtfertigt, dass dann automatisch die gemeinsame elterliche Sorge entsteht.“ In dieser Frage gebe es allerdings „noch keine vollkommene Übereinstimmung mit der Union – obwohl wir dem Koalitionspartner bereits erhebliche Zugeständnisse gemacht haben“.
Die Justizministerin bezeichnete ihren Vorschlag als Kompromiss, der den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts Rechnung trage und die Rechte lediger Väter stärke. Sie hoffe, dass gemeinsamer Entwurf von Union und FDP zur Sorgerechtsreform in der ersten Jahreshälfte im Bundestag beraten werden könne, sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Es handele sich um ein „schwieriges und sensibles Thema“.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hatte im Dezember 2009 entschieden, es verstoße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, dass Väter bei Anwendung der deutschen Vorschriften bisher nicht die Möglichkeit haben, eine Zustimmungsverweigerung der Mutter gerichtlich überprüfen zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht erklärte daraufhin im Juli 2010 die bisherige Regelung für verfassungswidrig. Es verletze das verfassungsrechtlich geschützte Elternrecht des Vaters, dass ihm das gemeinsame Sorgerecht generell verwehrt bleibe, wenn die Mutter ihre Zustimmung verweigert, hieß es in der Urteilsbegründung.