“Der Ehrensold ist Gesetz. Wir sollten es aber Ändern. Künftig sollten ehemalige Bundespräsidenten, bevor sie 65 Jahre alt sind, einen Übergangsbetrag bekommen“, sagte Herzog.

Berlin. Altbundespräsident Roman Herzog hat sich für eine Verkürzung der möglichen Amtszeit des deutschen Staatsoberhaupts ausgesprochen. „Eine Begrenzung auf eine siebenjährige Amtszeit, also keine Möglichkeit der Wiederwahl, wäre besser“, sagte er der Tageszeitung „Die Welt“ (Sonnabend). Derzeit kann ein Bundespräsident nach fünf Jahren für eine zweite Amtszeit wiedergewählt werden. „Wenn die ersten fünf Jahre gut laufen, erwartet das Volk von den zweiten fünf Jahren Wunderdinge. Sie können aber keine Wunder produzieren“, sagte Herzog zur Begründung.

„Wenn Sie als Bundespräsident das erste Mal auf einem Ball Ihre Frau küssen, dann ist das eine Sensation“, erklärte er. Das trage aber nicht über Jahre. „Das wird Herr Gauck vielleicht auch bei seinen Reden zur Freiheit merken“, so Herzog weiter.

Nach der Debatte über den Ehrensold fordert Herzog auch für dieses Gesetz eine Änderung. "Der Ehrensold ist Gesetz. Wir sollten es aber Ändern. Künftig sollten ehemalige Bundespräsidenten, bevor sie 65 Jahre alt sind, einen Übergangsbetrag bekommen", sagte Herzog, der eine anhaltende Sehnsucht der Deutschen nach einer Monarchie beobachtet. „Die Deutschen leiden noch immer darunter, dass ihnen der Kaiser abhandengekommen ist“, sagte Herzog. Die Folge davon sei, dass man viel Gewicht auf die Worte von Älteren wie Richard von Weizsäcker und Helmut Schmidt lege. Die Deutschen hätten „gern einen 'Rat der Weisen', der dann ab und zu einen Donnerschlag veranstaltet“, sagte Herzog.

Der 77-Jährige äußerte sein Bedauern, dass Ostdeutsche in den 90er Jahren bei der Besetzung öffentlicher Ämter unterrepräsentiert waren. „Wir haben immer wieder für Ministerposten, Verfassungsrichter Leute aus dem Osten Deutschlands gesucht und nicht gefunden“, sagte er.

Auch wäre es „viel besser gewesen, man hätte gleich unmittelbar nach der Vereinigung Deutschlands 1990, also etwa bei der Bundespräsidentenwahl '94, zu dem katholischen, süddeutschen Helmut Kohl einen protestantischen Ostdeutschen zum Bundespräsidenten gewählt“. „Es wäre mir dadurch manches erspart geblieben“, fügte der aus Bayern stammende Protestant Herzog hinzu, der 1994 als Kandidat von CDU und CSU zum Präsidenten gewählt worden war, nachdem der ostdeutsche Bewerber Steffen Heitmann öffentliche Kritik auf sich gezogen hatte.

Am Sonntag wird die Bundesversammlung im Berliner Reichstag den Nachfolger für den zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff bestimmen. Die Wahl des 72 Jahre alten parteilosen Theologen Joachim Gauck gilt als sicher.

Deutschland bekommt am Sonntag ein neues Staatsoberhaupt

Zum dritten Mal innerhalb von drei Jahren wählt am Sonntag (12.00 Uhr) eine Bundesversammlung im Berliner Reichstagsgebäude ein neues Staatsoberhaupt.

Union, SPD, FDP und Grüne haben den 72-jährigen Joachim Gauck zum Nachfolger des am 17. Februar zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff nominiert. Die Wahl des früheren Leiters der Stasi-Unterlagenbehörde gilt damit als sicher. Für die Linke geht die als Nazi-Jägerin bekannt gewordene Beate Klarsfeld ins Rennen.

Der 15. Bundesversammlung gehören 1.240 Wahlleute an, die 620 Bundestagsabgeordneten und eine gleich große Anzahl von Abgesandten der Länder. Die einzige Aufgabe der größten parlamentarischen Versammlung Deutschlands ist es, das Staatsoberhaupt zu wählen. Die Wahl findet geheim und ohne Aussprache statt.

Am 23. Mai 2009 hatte die 13. Bundesversammlung Köhler für eine zweite Amtszeit gewählt. Nach dessen überraschenden Rücktritt musste die 14. Bundesversammlung am 30. Juni 2010 zusammentreten. Damals setzte sich der von Union und FDP nominierte Wulff im dritten Wahlgang gegen den damaligen rot-grünen Kandidaten Gauck durch.

Die Mehrheit der Deutschen (59 Prozent) traut dem parteilosen Bundespräsidentenkandidat Joachim Gauck zu, das Vertrauen der Bürger in die Politik zurückgewinnen zu können. Nur 33 Prozent sind der Ansicht, dass dem früheren DDR-Bürgerrechtler dies nicht gelingen wird, ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap im Auftrag des ARD-„Morgenmagazins“.

Kurz vor der Wahl wurde erneut Kritik an Gauck laut, der stets den Wert der Freiheit betont. Der SPD-Politiker Egon Bahr drängte den designierten Bundespräsidenten zu einer stärkeren Betonung des Themas Gerechtigkeit. Er gehe davon aus, dass Gauck seine Einstellung zu Freiheit und Gerechtigkeit sehr bald klären werde, sagte Bahr in der Sendung „Tacheles“ des Deutschland Radio Kultur.

Der Linke-Fraktionschef im Saarland, Oskar Lafontaine, warf Gauck vor, er habe „den falschen Freiheitsbegriff“. In einer Zeit starker sozialer Verwerfungen müsse „an der Spitze des Staates eine Leitfigur stehen, die weiß, dass Freiheit nur dann möglich ist, wenn das soziale Leben ausreichend gesichert ist“.

Zugleich verteidigte Lafontaine die frühere Zusammenarbeit der Linken-Kandidatin Klarsfeld mit der DDR-Führung. Sie sei von vielen Staaten unterstützt worden, als es darum ging, Nazi-Größen ausfindig zu machen„, sagte er der Tageszeitung “Die Welt" und betonte: “In der DDR gab es die entscheidenden Akten."

Mit Material von dpa und dapd