Die Zeit drängte, der politische Druck war groß. Kurz vor einem entscheidenden Treffen der EU-Außenminister vom Montag vereinbarten Serbien und das Kosovo einen Formelkompromiss. Er löst den Streit um die Kosovo-Unabhängigkeit nicht. Aber er soll den Weg zur EU öffnen.

Brüssel. Mit einer Einigung Serbiens und des Kosovos in ihren wichtigsten politischen Streitfragen kommen beide Staaten der Europäischen Union näher. Regierungsvertreter aus Belgrad und Pristina vereinbarten am Freitag in Brüssel, wie das Kosovo künftig bei internationalen Verhandlungen auftreten wird. Sie verständigten sich auch darüber, wie die Übergänge an der Grenze beider Staaten gemeinsam und unter EU-Aufsicht kontrolliert werden sollen.

Damit ist Serbien dem lange angestrebten Status eines EU- Beitrittskandidaten zum Greifen nahe gekommen. Die EU-Außenminister werden am Montag in Brüssel darüber beraten und am Dienstag entscheiden. Nur mit einem offiziellen Beitrittskandidaten kann auch der Beginn von Beitrittsverhandlungen vereinbart werden.

Auch das Kosovo kann hoffen, der EU näher zu rücken. Die EU- Kommission schlug vor, zu prüfen, ob mit dem Kosovo ein anderes Abkommen geschlossen werden kann. Dies wäre der erste Schritt zu einer späteren EU-Mitgliedschaft des Kosovos. EU-Diplomaten sagten aber am Freitag in Brüssel, es gebe im Kreis der EU-Regierungen noch erhebliche Bedenken gegen das vorgeschlagene „Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen“: Zwar hätten alle Balkan-Staaten eine „europäische Perspektive“, doch wolle man im Kosovo keine Erwartung eines raschen EU-Beitritts wecken.

„Dies ist ein wesentlicher Schritt voran“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton und des Erweiterungskommissars Stefan Füle. Die Vereinbarungen seien „weitere Schritte auf dem europäischen Weg“. Das Kosovo hatte sich im Februar 2008 für unabhängig erklärt, wird aber von Belgrad weiterhin als Teil Serbiens betrachtet.

Die Einigung vom Freitag sieht vor, dass das Kosovo künftig bei allen regionalen Konferenzen unter dem Namen „Kosovo“ auftreten kann. Es kann auch selbst Abkommen schließen – bisher war dafür die UN-Vertretung im Kosovo zuständig. Der Name Kosovo wird jedoch mit einem Sternchen versehen. Dieses verweist auf eine Fußnote, nach der der eigentliche Konflikt um den Status des Kosovos ungelöst bleibt.

In der Fußnote heißt es: „Dieser Name präjudiziert nicht den Status Kosovos und steht im Einklang mit der Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates und der Meinung des Internationalen Gerichtshofs über die Unabhängigkeitserklärung des Kosovos.“ Die Resolution, in der das Kosovo als Teil Serbiens festgehalten wird, stammt aus dem Jahr 1999. Hingegen hatte der Gerichtshof im Jahr 2010 entschieden, die Unabhängigkeitserklärung sei rechtens gewesen.

Die Außenminister Frankreichs, Italiens und Österreichs erklärten in einem jetzt veröffentlichten gemeinsamen Brief vom 22. Februar, Serbien habe alle Bedingungen für den Status eines Beitrittskandidaten erfüllt. Die Glaubwürdigkeit der EU-Erweiterungspolitik stehe auf dem Spiel: Serbien müsse den Kandidatenstatus bekommen. Eine Sprecherin der EU-Kommission wollte am Freitag nicht sagen, ob alle Bedingungen erfüllt seien: „Es ist Sache der Außenminister, das zu entscheiden.“

(dpa)