Am Ende standen die Menschen in Viererreihen: Aus der Kette vom Altmarkt bis zur Synagoge war ein geschlossener Ring geworden.
Dresden. Dresden im Ausnahmezustand: Nur ein massives Polizeiaufgebot hat ein weitgehend friedliches Gedenken an Dresdens Bombadierung im Zweiten Weltkrieg ermöglicht.
Die Elbestadt bllieb insgesamt von einem stillen Erinnern weit entfernt. Mehr als zehntausend Menschen stellten sich überall in der Stadt den Rechtsextremen entgegen.
Schon lange vor dem geplanten Neonazi-Aufmarsch der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland wurde klar, dass das Konzept der Rechtsextremen diesmal nicht aufgehen würde. Ursprünglich hatten sie einen kilometerlangen Zug durch die Stadt geplant.
Am Ende stand nur noch eine kürzere Ersatzroute zur Disposition. Bis zum Nachmittag war es noch bei einer Kundgebung geblieben. Tausende Demonstranten blockierten stundenlang die Zugänge zum Treffpunkt der 5000 Neonazis am Neustädter Bahnhof und ließen so viele von ihnen zunächst an diversen Punkten der Elbestadt stranden. „Keinen Zentimeter Platz für braunen Ungeist“, gab Linkspolitiker Bodo Ramelow als Losung aus. Er war als Vermittler zwischen Polizei und Demonstranten eingesetzt.
Gepanzerte Polizeifahrzeuge, Wasserwerfer und Hubschrauber in der Luft – Dresden glich bis zum Nachmittag einem Kampfgebiet. Für jene, die still um Angehörige oder die vielen namenlosen Opfer trauern wollten, ein Alptraum.
Vielleicht auch deshalb wächst das Gefühl, dass Dresden als Symbol benutzt wird. „Am 13. Februar in Dresden geht es nicht um Dresden. Ort und Zeit sind lediglich Anlass“, sagt der Historiker Matthias Neutzer. Mit Gleichgesinnten hat er jahrelang Dokumente von Zeitzeugen gesammelt – als Versöhnungsarbeit im Kontakt mit Überlebenden von Krieg und Gewalt in ganz Europa.
Während in der Neustadt die Polizei zwischen den Fronten stand, hielten sich auf der Altstädter Seite mehr als zehntausend Menschen an den Händen. Die Menschenkette war der Beitrag der Stadt zum Gedenktag. Minutenlang waren nur Glockengeläut und das Dröhnen der Polizeihubschrauber zu hören. Als die Glocken schließlich verstummen, brandeten Applaus und Jubel auf.
Zuvor war der geplante Verlauf der Menschenkette mehrfach verändert und erweitert worden. Die Organisatoren hatten mit weitaus weniger Teilnehmern gerechnet. Am Ende standen die Menschen trotzdem noch in Dreier- und Viererreihen hintereinander, aus der geplanten Kette vom Altmarkt bis zur Synagoge war ein geschlossener Ring geworden. „Wir machen die Stadt zu einer Festung gegen Intoleranz und Dummheit“, rief Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU). Denjenigen, die aus der Geschichte nichts gelernt hätten, habe man klar die Stirn geboten, sagte Sachsens CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich.
Am Abend sollten in Dresden noch einmal die Kirchenglocken den Ton des Gedenkens angeben. Vor 65 Jahren erreichten gegen 22.00 Uhr die ersten britischen Bomber Dresden und klinkten ihre tödliche Last über der historischen Altstadt aus. Hunderte Einwohner der Stadt kommen seitdem alljährlich zu diesem Zeitpunkt an die Frauenkirche – mit Kerzen in der Hand. Für viele Dresdner ist das der eigentliche Moment des Erinnerns.
Auseinandersetzungen bei Dresdner Gedenken
Am Rande der Gedenkfeiern ist es unterdessen zu Auseinandersetzungen zwischen rechtsextremen und linken Demonstranten gekommen. Außerdem wurden Polizisten angegriffen, wie ein Sprecher sagte. Die Polizisten setzten einen Wasserwerfer ein. Verletzt worden sei bisher niemand.
Beamte lösten eine Sitzblockade von Antifa-Anhängern auf, indem sie die linken Demonstranten von der Straße zerrten.
Ein Journalist wurde von einem Stein am Kopf getroffen und erlitt eine Platzwunde. Er befand sich nach eigenen Angaben in der Nähe von Rechtsextremisten, die von der Polizei in Richtung Bahnhof Neustadt geleitet wurden.