Die Führung in Teheran will nun erst in der nächsten Woche auf einen Kompromissvorschlag zur Urananreicherung antworten.
Wien. Der Iran spielt im Atomstreit mit den Weltmächten weiter auf Zeit. Die Führung in Teheran will nun erst in der nächsten Woche auf einen Kompromissvorschlag zur Urananreicherung antworten. Eine von der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA in Wien dazu gesetzte Frist ließ Teheran am Freitag verstreichen. Es geht dabei um einen Kompromissvorschlag zur höheren Anreicherung iranischen Urans in Russland, dass der Iran für einen medizinischen Reaktor braucht. Die Weltgemeinschaft befürchtet, dass der Iran heimlich den Bau der Atombombe anstrebt. Eine Einigung zur Urananreicherung im Ausland wäre daher ein wichtiger vertrauensbildender Schritt und könnte die seit Jahren verfahrenen Atomverhandlungen wieder in Gang bringen.
Der Iran habe am Freitag mitgeteilt, dass es den Vorschlag genau und in positivem Licht prüfe, aber mehr Zeit für eine Antwort brauche, teilte die IAEA am Abend mit. Russland, Frankreich und die USA hatten zuvor bereits ihre Zustimmung zu dem Atomdeal gegeben.
Teheran will nun nach Angaben der UN-Behörde bis Mitte nächster Woche reagieren. IAEA-Chef Mohammed el Baradei bekräftigte am Freitag seine Hoffnung auf eine positive Antwort, die eine neue Ära der Kooperation einläuten würde. Der staatliche iranische Sender Press TV zitierte den iranischen IAEA-Botschafter Ali Asghar Soltanieh in Teheran mit den Worten, das Land müsse die verschiedenen Dimensionen der Vereinbarung bewerten. Wenn er nächste Woche wieder in Wien sei, werde er die Antwort seines Landes el Baradei übergeben, sagte Soltanieh.
Das iranische Staatsfernsehen berichtete allerdings schon zurvor von einem Platzen des Deals:Statt eigenes Uran zur kontrollierten Anreicherung ins Ausland zu schaffen, wolle die islamische Republik einfach hoch angereicherten Brennstoff neu kaufen. Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner reagierte auf die Nachrichten aus Teheran mit den Worten: „Die Signale, die wir heute Morgen aus Wien bekommen haben, waren nicht sehr positiv.“
Mit der Unterzeichnung des IAEA-Entwurfs würde sich Teheran bereiterklären, den Großteil des schwach angereicherten Urans seiner Atomanlagen zur weiteren Anreicherung nach Russland zu bringen, statt dies selbst zu übernehmen. Das Land braucht den Brennstoff für einen Forschungsreaktor zu medizinischen Zwecken. Auf dieses Vorgehen hatte sich das Land mit den fünf ständigen UN- Sicherheitsratsmitgliedern plus Deutschland (5+1) Anfang des Monats in Genf grundsätzlich geeinigt. Bei Gesprächen zu technischen Details Anfang der Woche in Wien war ein IAEA-Entwurf zu einem Deal entstanden. Dieser sieht vor, dass der Iran 1200 Kilogramm an niedrig angereichertem Uran (3,5 Prozent) bis Jahresende nach Russland zur höheren Anreicherung auf 20 Prozent bringt. Der fertige Brennstoff soll dann Ende 2010 wieder in Teheran sein.
Die USA hätten der IAEA am Freitag ihr Ja zu dem Entwurf mitgeteilt, der auf der in Genf getroffenen Vereinbarung basiere, sagte der Sprecher des nationalen US-Sicherheitsrates, Mike Hammer. Der russische AußenministerSergej Lawrow sagte nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau:„Wir sind mit diesen Vorschlägen einverstanden und hoffen, dass nicht nur der Iran, sondern auch alle anderen Teilnehmer an den Verhandlungen ihre Bereitschaft zur Umsetzung des geplanten Vorgehens bestätigen.“ Am Donnerstag hatte die islamische Republik erneut ihre Position bekräftigt, wonach Frankreich dabei nicht direkt beteiligt sein soll. „Wir haben erklärt, dass wir (...) mit Russland zusammenarbeiten wollen. Frankreich und die USA können mitmachen, aber nur indirekt“, sagte Soltanieh.
Viele Länder der Welt verdächtigen den Iran seit Jahren, unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung der Atomenergie an einer Atombombe zu arbeiten. Der Iran bestreitet das und beharrt trotz Sanktionen auf der Urananreicherung. Das Bekanntwerden einer zweiten im Bau befindlichen Anlage zur Urananreicherung im Ort Fordo bei Ghom schürten Ende September Zweifel an den Absichten Teherans. IAEA- Inspektoren sollen am Wochenende die neue Anlage besichtigen, in der kommenden Woche sollen in Genf weitere 5+1-Gespräche zu diesem Thema mit dem Iran stattfinden.