Premier will alle Schuldigen zur Rechenschaft ziehen - Prozeß gegen drei britische Soldaten in Osnabrück
London/Osnabrück. Der britische Premierminister Tony Blair hat entsetzt auf die Fotos von der Mißhandlung irakischer Gefangener durch britische Soldaten reagiert. Die Bilder seien "schockierend und abstoßend", sagte Blair gestern. Das britische Massenblatt "Sun" zeigte die vom britischen Militärgericht freigegebenen Fotos auf fünf Seiten. Zu sehen ist unter anderem, wie Iraker zum Simulieren von Sex gezwungen oder auf einen Gabelstapler gefesselt wurden.
Blair betonte vor dem Parlament in London, die Schuldigen würden zur Rechenschaft gezogen. Er verwies zugleich jedoch darauf, daß die große Mehrheit der britischen Soldaten im Irak dem Land "große Ehre erwiesen" habe. Es dürfe nicht zugelassen werden, daß die Fotos "den guten Namen" der britischen Armee beschmutzten. Der konservative Oppositionsführer Michael Howard sprach von einer "Schande für unser Land".
Die "Sun" schrieb in einem Leitartikel mit dem Titel "Schande der Armee": "Das Land stellt sich heute nur eine Frage: Wie konnte die britische Armee derart schreckliche Dinge zulassen?" Die Zeitung erinnerte an den Folterskandal im US-Gefängnis von Abu Ghraib bei Bagdad. Damals habe sich in Großbritannien niemand vorstellen können, daß es auch in der britischen Armee zu solchen Übergriffen kommen könnte: "Wir lagen völlig falsch."
Vor einem britischen Militärgericht in Osnabrück wurde unterdessen der Prozeß gegen drei britische Soldaten wegen Mißhandlung irakischer Gefangener fortgesetzt. Ein Rechtsexperte der britischen Armee, Oberstleutnant Nicholas Mercer, sagte, die drei Angeklagten müßten für den Umgang mit Gefangenen ausgebildet worden sein. Sie hätten wissen müssen, daß ihre Handlungen illegal gewesen seien. "Irgendwann müssen sie mit solchen Problemen vertraut gemacht worden sein, und das seit Beginn ihrer Karriere", sagte Mercer. Der Anwalt eines der Angeklagten sagte dagegen, die Soldaten hätten geglaubt, in Übereinstimmung mit Befehlen zu handeln, da sie Plünderer stoppen sollten.
Die Beschuldigten vom Königlichen Füsilierregiment sollen im Mai 2003 in einem Lebensmittellager nahe der südirakischen Stadt Basra Iraker gequält und gedemütigt haben. Als Beweise dienen 22 Fotos, welche die Mißhandlungen zeigen. Die Bilder waren bekanntgeworden, weil sie einer Angestellten eines britischen Fotogeschäfts bei der Entwicklung auffielen und diese die Polizei alarmierte.