Entscheidung über Kongo-Einsatz - Franzosen erschießen zwei Stammeskämpfer in Bunia
Berlin/Bunia. Mit einer nur zweiminütigen Sondersitzung hat der Bundestag das parlamentarische Verfahren zur deutschen Unterstützung der EU-Friedenstruppe im Kongo eingeleitet. Heute wird das Parlament endgültig über den jetzt geplanten deutschen Beitrag für die erste EU-Friedensmission ohne NATO-Hilfe beschließen. Unmittelbar danach kann der Einsatz von 350 Bundeswehrsoldaten beginnen. Zugleich haben in der umkämpften kongolesischen Stadt Bunia französische Soldaten zum ersten Mal zwei Stammeskämpfer erschossen. Die deutsche Beteiligung wird von allen Fraktionen des Bundestages befürwortet. Aufgabe der unter französischem Kommando stehenden internationalen Eingreiftruppe ist es, die blutigen Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Volksgruppen der Hema und Lendu in Bunia zu unterbinden und den dortigen Flugplatz zu schützen. Die 350 Bundeswehrsoldaten sollen den bis 1. September befristeten Einsatz vom Nachbarland Uganda aus mit medizinischer und logistischer Hilfe unterstützen. Bundesverteidigungsminister Peter Struck betonte, dass deutsche Soldaten "außer im Not- und Evakuierungsfall" nicht im Kongo selbst eingesetzt werden. Er begründete diese Beschränkung damit, dass er Kämpfe von Bundeswehreinheiten mit den bis zu 50 000 kongolesischen Kindersoldaten auf jeden Fall vermeiden wolle. In der ARD sagte der SPD-Politiker: "Wir haben es hier mit von Drogen bestimmten Kindersoldaten zu tun, die keinen Respekt vor dem menschlichen Leben kennen . . . Und ich möchte nicht in eine Situation kommen, in der unsere Soldaten zur Selbstverteidigung auf kämpfende Kindersoldaten schießen müssen." Gleichzeitig schloss Struck eine Ausweitung des EU-Einsatzes im Bürgerkriegsland Kongo nicht aus: "Es kann durchaus sein, dass irgendwann auch der Generalsekretär der Vereinten Nationen Frankreich und andere Nationen, also Europa bittet, dieses Mandat auszuweiten", sagte Struck. Dann müsse sich auch Deutschland neu entscheiden. Zunächst sollen die geplanten 1400 Soldaten der Eingreiftruppe Bunia nicht verlassen. Mitarbeiter von Hilfsorganisationen beschreiben die Lage in der Stadt im Nordosten Kongos trotz der Ankunft der ersten rund 500 französischen Soldaten als äußerst angespannt. Rote-Kreuz-Helfer beerdigten gestern die beiden jungen Stammeskämpfer, die von französischen Truppen erschossen worden waren. Die Männer im Alter von Mitte 20 seien betrunken gewesen und hätten ihre Maschinengewehre auf die Soldaten gerichtet, sagte ein Militärsprecher und betonte: "Die Truppe reagiert scharf auf jeden, der das Leben von Zivilisten und Soldaten der Eingreiftruppe bedroht." Die Männer, die offenbar zum Stamm der Hema gehörten, hatten nicht das Feuer eröffnet. UNO-Mitarbeiter warnten vor einer Verschlechterung der Situation in der Region. In der vergangenen Woche seien 48 Menschen entführt und neun weitere getötet worden. Allein im vergangenen Monat kamen in der Provinz 500 Menschen bei Kämpfen und Massakern ums Leben. (ap/dpa/afp)