Hamburg. Rainer Wulff, die „Stimme des Millerntors“, erinnert sich an 31 Jahre beim Kiezclub und die Vorgeschichte beim Stadtrivalen.

Am Montagabend kommt bei Rainer Wulff wieder dieses Gefühl der Wehmut hoch, wenn er das Heimspiel des FC St. Pauli gegen den SC Paderborn vor dem Fernsehgerät verfolgt. 31 Jahre war der heute 78-Jährige als Stadionsprecher ein fester Bestandteil der Partien im Millerntor-Stadion. „Das war wirklich eine tolle Zeit, die ich nicht missen möchte“, erinnert sich Wulff, der 2017 seine Karriere als „Stimme des Millerntors“ beendete und in Rente ging.

Im Abendblatt-Podcast „Millerntalk“ blickt der gebürtige Hamburger auf seine emotionalsten Spiele, die schönsten Aufstiege und verrücktesten Kuriositäten beim Kiezclub zurück. Dabei schlug sein Herz nicht immer braun-weiß. Als der Journalist 1977 zum Norddeutschen Rundfunk (NDR) nach Hamburg zurückkehrte, war er HSV-Sympathisant. 1983 moderierte Wulff die Meisterfeier der „Rothosen“ auf der Moorweide.

„Da gab es in einer Ecke eine Gruppe von Hooligans, die sehr betrunken war. Vonseiten der Polizei gab es Bedenken, dass etwas passieren könnte“, erinnert sich Wulff, der aber spontan selbst eine Deeskalationsidee hatte. „Ich habe den Anführer dieser bedrohlich aussehenden Gruppe angesprochen und ihm gesagt, dass ich ihn mit auf die Bühne nehme und er auch das Mikrofon bekommt, wenn die Spieler kommen. Aber nur wenn er dafür sorgt, dass sich seine Jungs benehmen. Er war begeistert“, sagt der ehemalige Radioreporter.

Vom HSV ließ sich St. Paulis Kultsprecher Wulff bezahlen

1986 erhielt Wulff einen Anruf vom damaligen St.-Pauli-Präsidenten Dr. Otto Paulick, der ihn unbedingt als Stadionsprecher wollte. „Beim HSV habe ich Honorar verlangt, für St. Pauli habe ich immer ehrenamtlich gearbeitet“, blickt der Stadionsprecher zurück. Es wurde eine Herzensangelegenheit, die mehr als drei Jahrzehnte seines Lebens prägte.

„Mein erster Arbeitsplatz war auf der Haupttribüne inmitten des Kuchenblocks, ehe ich meine erste Ein-Quadratmeter-Kabine erhalten habe. Dort hatte ich ein Mikrofon und ein Kassettengerät für die Musik. Es waren besondere Arbeitsbedingungen, aber es hat immer Spaß gebracht“, sagt Wulff.

Im Podcast verrät er außerdem, wie er einst im Stadtderby gegen HSV-Keeper Richard Golz ein Tor erzielte, was ihn an der neuen Generation der Stadionsprecher nervt und warum Trainer Willi Reimann einmal richtig sauer auf ihn war.