Hamburg. Asklepios-Chefarzt Dr. Hans-Peter Köhler spricht im Podcast über starke Rückenschmerzen. Welche Methode erneute Vorfälle verhindert.
70 Prozent der Deutschen leiden im Laufe ihres Lebens mindestens einmal unter starken Rückenschmerzen, Tausende erleiden – meist im Alter zwischen 40 und 60 Jahren – einen Bandscheibenvorfall.
Muss dieser immer operiert werden? „Diese Frage und die damit verbundene Sorge haben fast alle Patienten, aber mehr als 90 Prozent der Bandscheibenvorfälle lassen sich sehr gut konservativ behandeln“, sagt Dr. Hans-Peter Köhler, Ärztlicher Direktor und Chefarzt für Wirbelsäulenchirurgie, Neurochirurgie und Schmerztherapie am Asklepios Westklinikum, in einer neuen Folge der „Digitalen Sprechstunde“, dem Podcast von Hamburger Abendblatt und Asklepios.
Oft gehen die Beschwerden von alleine wieder weg
Die meisten Patienten verspürten nach einer falschen Bewegung plötzlich einen stechenden Schmerz. „Wenn man sich dann schont, vielleicht ein Schmerzmittel nimmt, mit Wärme und Physiotherapie konsequent behandelt, dann spürt man in den meisten Fällen, dass die Beweglichkeit nach zwei bis drei Wochen zurückkehrt“, so der erfahrene Chefarzt. Dann sei „nichts wirklich Schlimmes passiert“, eine Operation nicht notwendig. „Dann gehen die Beschwerden von alleine wieder weg, also ohne chirurgischen Eingriff.“ Anders liege der Fall, wenn der Patient beispielsweise Lähmungserscheinungen zeige.
Doch was passiert eigentlich bei einem Bandscheibenvorfall? 23 Bandscheiben liegen als „Bewegungspuffer“ in der menschlichen Wirbelsäule vor, erklärt der Experte. „Sie ermöglichen uns den aufrechten, federnden Gang.“ Umschlossen ist die jeweilige Bandscheibe, die aus einem Gallertkern (90 Prozent Wasser) besteht, durch ein reißfestes Band. Doch mit den Jahren bilden sich vor allem rund um die Lendenwirbelsäule, die die Hauptlast des Körpers trägt, kleine Verletzungen und Risse innerhalb dieses Bandes.
Bandscheibenvorfall: Am Ende ist es eine falsche Bewegung
„Und eines Tag machen wir dann diese eine falsche Bewegung, die das Fass zum Überlaufen bringt“, so der Chefarzt. „Die Gallertmasse wölbt sich dann aus ihrem eigentlichen Platz heraus“, erklärt der gebürtige Pfälzer, der nach seiner Zeit bei der Marine in Kiel, Berlin und Hamburg Medizin studiert hat.
Vermeiden lasse sich ein Bandscheibenvorfall „nicht direkt“, aber sportliche Aktivität sei eine gute Präventionsmaßnahme. „Selbst wenn es zum Bandscheibenvorfall kommt, ist eine gut trainierte Muskulatur von Vorteil. Man kommt aus dem Tal einfach schneller raus“, sagt der Chefarzt, der sich selbst mit Fitnesstraining, Radfahren und Skilaufen fit hält.
Welche Methode einen erneuten Vorfall verhindert
Sollte eine Operation unumgänglich sein, sei ein mikrochirurgischer Eingriff der „Goldstandard“. Auch ein endoskopischer Eingriff werde oft empfohlen. Das Westklinikum Rissen war zudem vor zwölf Jahren das erste Krankenhaus in Hamburg, das ein innovatives „Bandscheiben-Verschluss-System“ anbot. „Der Riss in der Bandscheibe wird mit einem kleinen Implantat verschlossen“, erklärt der Mediziner, der schon als Schüler wusste, dass er gern Arzt werden würde („ich war Stammkunde beim Hausarzt, weil ich mich beim Klettern häufiger mal verletzte habe“).
Eine Studie zu dem Verfahren, die das Westklinikum mit der Charité und der Uniklinik Düsseldorf durchgeführt hat, kam zu dem Ergebnis, dass ein erneuter Bandscheibenvorfall nach einem erfolgreichen Verschlussverfahren deutlich reduziert ist. Tritt ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule auf, könne eine elastische Prothese eine Option sein. „Sie wird als Platzhalter anstelle der Bandscheibe eingesetzt und erhält die Kopf- und Halsdrehung.“ Alternative ist ein „Cage“, ein kleiner Ring aus Titan oder Kunststoff. „Hierbei kommt es aber zu einer Versteifung des Segments.“
Sich für die Wirbelsäulenchirurgie entschieden zu haben, hat Dr. Hans-Peter Köhler nie bereut: „Ich helfe jeden Tag Menschen und stelle sie wieder auf die Beine.“