Hamburg. Privatdozent Dr. Marc Schargus, Chefarzt der Augenheilkunde an der Asklepios Klinik Nord, erklärt die Tücken der Makuladegeneration.

Wenn die Buchstaben plötzlich vor den Augen verschwimmen und Linien verzerrt erscheinen, dann könnte eine altersbedingte Makuladegeneration, kurz AMD, schuld sein. Der Name der Erkrankung mag noch weniger bekannt sein, doch es handelt sich um die mit Abstand häufigste Augenerkrankung der westlichen Welt – und um eine sehr gefährliche: Im schlimmsten Fall erblindet der Patient.

„Die Makula ist einer der wichtigsten Bereiche unseres Auges, sie ist der Punkt des schärfsten Sehens“, erklärt Privatdozent Dr. Marc Schargus in einer neuen Folge der „Digitalen Sprechstunde“, dem Podcast von Hamburger Abendblatt und Asklepios. „Man kann sich also vorstellen, dass es sehr gefährlich ist, wenn dieser Teil kaputtgeht“, so der Chefarzt der Augenheilkunde an der Asklepios Klinik Nord-Heidberg.

Makuladegeneration: Fehlleistung eines Auges wird zunächst kompensiert

20 Prozent der Deutschen im Alter zwischen 65 und 75 Jahren sind davon betroffen, von den über 75-Jährigen ist es sogar ein Drittel. „Leider kommen die meisten Betroffenen damit aber erst zum Arzt, wenn ihr Sehvermögen schon stark eingeschränkt ist“, sagt der habilitierte Mediziner. „Denn da wir ja zwei Augen haben, wird anfangs gern die Fehlleistung eines Auges kompensiert und eben nicht so stark bemerkt.“

Viele suchten dann erst mal einen Optiker auf, um das Problem mit einer neuen Brille zu lösen. „Die hilft nur leider nicht“, sagt der gebürtige Würzburger. „Das ist ein bisschen wie bei einer Kamera: Wenn Sie ein Problem am Film haben, können Sie die teuersten Objektive vorne draufschrauben. Ein gutes Bild bekommen Sie trotzdem nicht.“

Rauchen, Ernährung und Sonneneinstrahlung sind Hauptrisikofaktoren

Was also tun? Für die sogenannte trockene Makuladegeneration, an der 85 Prozent der Betroffenen leiden und die durch Abbauprodukte, die sich auf der Netzhaut abgelagert haben und von dort aus nicht mehr abtransportiert werden können, verursacht wird, gebe es derzeit leider noch keine optimale Therapie, so der Augenspezialist. „Wir wissen, dass Rauchen, unausgewogene Ernährung und starke Sonneneinstrahlung die Hauptrisikofaktoren sind. Man kann also nur versuchen, sein Verhalten auf diesen Feldern zu verändern.“

Medikamente werden ins Auge gespritzt, doch sie wirken kurz

Für jene, die von der schneller und aggressiver verlaufenden feuchten Makuladegeneration betroffen seien, gebe es seit 2007 eine Behandlung mit Medikamenten. „Diese werden ins Auge gespritzt, wirken aber leider nur etwa einen guten Monat lang. Das heißt, es gibt nicht wenige Patienten, die im ersten Jahr acht oder neun dieser Spitzen benötigen.“

Die Therapie – 4000 dieser Spritzen werden am Klinikum Nord pro Jahr gesetzt – sei für den Patienten zwar sehr belastend, aber der bisher einzige Weg, der zu besserem Sehen führe.

Ab 40 Jahren alle zwei Jahre zur Augenkontrolle

Der Experte, der Menschen ab 40 Jahren dazu rät, spätestens alle zwei Jahre einen Kontrolltermin beim Augenarzt wahrzunehmen, spricht im Podcast auch über Hornhauttransplantationen. Ein solcher Eingriff kommt bei Patienten infrage, deren Hornhaut krankhaft verändert ist, also beispielsweise nach Verletzungen oder schweren Infektionen.

8000 Hornhäute wurden hierzulande allein im vergangenen Jahr transplantiert, doch nur 6500 davon kamen aus Deutschland. „Es mangelt auch hier an Spenden. Die Forschung arbeitet weltweit an künstlicher Hornhaut, aber da liegen eben noch keine Ergebnisse vor.“

Grundsätzlich sei die Hornhauttransplantation ein sehr erfolgversprechender Eingriff, Abstoßungsreaktionen eher selten. „Nicht umsonst war die Hornhaut das erste Gewebe überhaupt, das erfolgreich transplantiert wurde – nämlich schon 1905.“

"Flusen" im Auge sind meistens harmlos

Ein anderes, eher im Alltag verbreitetes Thema sind die sogenannten „Flusen“ im Auge. Was steckt dahinter? „In den meisten Fällen stecken harmlose Glaskörpertrübungen dahinter. Die sind störend, aber nicht weiter schlimm“, sagt der 44-Jährige, der neben seiner klinischen Tätigkeit in Hamburg an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf forscht und lehrt.

Allerdings müssten Seheinschränkungen immer abgeklärt werden. „Denn natürlich können auch mal Blutungen im Auge oder – und das wäre ein Notfall – Netzhautlöcher dahinterstecken. Die gehen aber meist noch mit Lichtblitzen einher.“ Dann sei bitte keine Zeit zu verlieren, bis der Facharzt aufgesucht werde.

Gesundheits-Podcast mit Asklepios

Die "Digitale Sprechstunde“ ist die Gesundheitsgesprächsreihe von Hamburger Abendblatt und Asklepios. Jede Woche beant­wortet ein Experte die Fragen von Vanessa Seifert.

Nächste Folge: Dr. Maren Kentgens, Arbeitspsychologin und Geschäftsführerin von Asklepios Connecting Health, über Burnout und Wege aus der Stressfalle. Was sind Warnsignale und wie lernt man, wieder auf seinen Körper zu hören?

Haben Sie Anregungen? Schreiben Sie uns eine E-Mail an sprechstunde@abendblatt.de